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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 12.1912/​1913

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Heft 22
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Redaktioneller Teil
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Rosenbaum, Julius: Brandschadenregulierung bei Kunstwerken
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Baukunst und Bildermarkt, II
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Eberlein, Gustav Heinrich: Aufruf!
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https://doi.org/10.11588/diglit.53854#0310

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298

Die Werkstatt der Kunst.

XII, Heft 22.

ob Liebhaberwerte bei Bildern subjektiv oder ob-
jektiv sind. Der letztere Begriff ist sehr strittig, da sich
in den Versicherungsbestimmungen folgende Satzungen
gegenüberstehen:
„Der Versicherungswert schließt einen besonderen wissen-
schaftlichen, Kunst- oder Liebhaberwert nur ein, soweit
dies besonders vereinbart ist."
Dagegen steht folgende Satzung:
„Die Versicherung soll nicht zu einer Bereicherung
führen. Der Versicherer ist, auch wenn die Versicherungs-
summe höher ist als der Versicherungswert zur Zeit des
Eintritts des Versicherungsfalls (Ueberversicherung), nicht
verpflichtet, dem Versicherungsnehmer mehr als den
Betrag des Schadens zu ersetzen, gegen welchen Ver-
sicherung gewährt ist, und zwar unter Zugrundelegung des
Werts der Sache zur Zeit des Eintritts des Versicherungs-
falls. Die Versicherung selbst begründet keinen
Beweis für das Vorhandensein und den Wert der
versicherten Sachen zur Zeit des Versicherungs-
falls. Die Versicherungssumme bildet lediglich die Grenze
der Lrsatzpflicht des Versicherers, und zwar ist die Ersatz-
pflicht für jede einzelne Position, unter der die versicherten
Sachen in dem Versicherungsschein aufgeführt sind, durch
die für die Position angegebene Versicherungssumme be-
grenzt."
Wenn auch die beiden Satzungen nicht maßgebend sein
sollten, so ist doch der tz 87 des Reichsgesetzes über
den Versicherungsvertrag ausschlaggebend. Der lautet:
„Line Vereinbarung, nach welcher die Taxe als der Wert
gelten soll, den das versicherte Interesse zur Zeit des Ein-
tritts des Versicherungsfalls hat, ist nichtig." Das heißt
ins Deutsche übersetzt: Man kann ruhig einen Gegenstand
mit der höchsten Summe versichern, es sogar mit der Ge-
sellschaft vereinbaren, aber trotzdem hat es gesetzlich
keine Gültigkeit. Man wird sagen: dann soll eine Gesell-
schaft eine Versicherung nicht annehmen, die sie im Schaden-
falle doch nicht so hoch bezahlt. Dazu ist zu bemerken:
Eine Versicherungsgesellschaft ist nicht verpflichtet, sich
bei Abschluß der Versicherung Gewißheit zu verschaffen,
ob die Versicherungssumme dem eigentlichen Werte des
Gegenstandes entspricht. Man denke sich einen praktischen
Fall: Ein großes Warenhaus wird versichert. Nun soll
die Gesellschaft nachprüfen, ob der Wert der waren genau
mit der angegebenen Versicherungssumme übereinstimmt.
Eine große Gesellschaft hat täglich Tausende von Ver-
sicherungsabschlüffen; da wären Regimenter Angestellter
und Sachverständiger nötig, um alles nachzuprüfen.
Diese Feststellung geschieht erst im Falle eines Brandes.
Für die Künstlerschaft und für Sammler ist der Aus-
gang des Prozesses sehr interessant. Denn ein junger
Künstler könnte seine Bilder oder Skulpturen mit großen
Summen versichern, weil er glaubt, sie hätten den Wert,
während die Versicherung im Falle eines Brandes oder
Vernichtung sagen würde, daß die Werke unbekannter
Künstler keinen hohen wert haben, denn Böcklin hat z. B.
anfangs für feine Bilder nur einige hundert Mark be-
kommen. Denn auch eine vorherige Abmachung über
die Höhe einer Summe ist durch den A 87 des Reichsgesetzes
über den Versicherungsvertrag hinfällig.
Ueber den Ausgang des Prozesses werde ich berichten.
Lullus Roseubuuru-Berlin.
Vaukunlt unct VUäsrmarkt. II
(vgl. den Artikel in Heft l8)
Man schreibt uns aus Königsberg:
„Es sei mir gestattet, meine Ansichten über ein paar
Punkte des Artikels .Baukunst und Bildermarkt' zu äußern,
ohne aber mit meiner Person hervortreten zu wollen,
weil das für die Sache selbst keine Bedeutung hat.
Junge Künstler werden oft aus dem Grunde höhere

Preise für ihre Werke fordern, weil das kaufende Publikum
der Meinung ist, daß ein billig angebotenes Werk kein
Kunstwerk sei. Der verkauf zu kleinen Preisen tut es
doch auch nicht, dadurch wird der Kitsch großgezogen.
Ferner muß der Preis doch auf einer gewissen Höhe
gehalten werden, und man kann ihn nicht so weit herunter-
drücken, daß die Unkosten nicht gedeckt werden.
Lin Kunstwerk als Spekulationsobjekt zu kaufen mit
der Absicht einer Verzinsung des aufgewendeten Kapitals
von 20 und mehr Prozent, ist ein ganz .ungesunder Stand-
punkt', der zwar sehr verbreitet, aber deshalb auch bekämpft
werden sollte.
Das Publikum wird natürlich durch Preise, die einige
Werke namhafter Künstler erreichen und die Höhe von
kleinen vermögen (bis zu so ooo Mk. und mehr) betragen,
über den wirklichen wert oder Unwert in Unklarheit sein,
und so lange diese Mißverhältnisse nicht gemildert werden,
kann auch das Publikum keine Abschätzung eines Kunst-
werkes vornehmen." tt. Q.

KukrukI
Krieg und Frieden! Beide haben ihre begeisterten
Freunde und unversöhnlichen Gegner. Heraklit sieht im
Krieg den Vater aller echten Kultur; Moltke sagt: die Lehre
vom ewigen Frieden sei ein Traum, aber kein schönerl
Kant und andere wiederum predigen begeistert den ewigen
Frieden als Voraussetzung jedes wahren Kulturfortschritts.
Ls wird wohl nie entschieden werden, ob der Krieg oder
der Friede das Bessere ist. Zweifellos haben beide ihre
Vorzüge und Mängel. Der Krieg fördert leicht die Ver-
rohung, der Friede die Fäulnis. Streben echter Kultur-
freunde muß es bleiben, die Mängel nach Möglichkeit z»
beseitigen. Der Krieg selber wird schließlich immer ein
männliches, rauhes, Harles Handwerk sein; denn Milde ent-
spricht nicht feiner Natur. Er ist die Fortsetzung der feind-
liehen Politik mit anderen Mitteln. Blut und Tränen
werden in jedem Kriege, auch dem herrlichsten und edelsten,
fließen!
Aber es gibt Schäden in seinem Gefolge, die nicht un-
bedingt mit seiner Natur verbunden und daher vermeidbar
sind. Auch den begeisterten Freund des stolzen Krieges
wird Trauer ergreifen, wenn große, herrliche, schöpferische
Werke des Künstlers und des Gelehrten in Flammen auf-
gehen, wie die Alexandrinische Bibliothek oder das Heidel-
berger Schloß, wenn der parthenotemxel oder das Grab-
mal des Hadrian zerschmettert werden. Der Krieg atmet
Kraft und Gewalt, er ist männermordend, weil er es fein
muß. Aber die Werke des schöpferischen Geistes könnten
und müßten allezeit auch im Kriege, als heilig und der
ganzen Menschheit gehörig gelten, also unantastbar sein.
Hat doch die „Genfer Konvention" unnötige Grausamkeiten
und Kriegsgräuel bei allen Kulturvölkern wider alles Er-
warten bis zu einem gewissen Grade beseitigt! Warum
soll nicht eine neue „Konvention" die unersetzlichen Werke
von Kunst und Wissenschaft: Denkmäler, künstlerische Bau-
werke, Bildergalerien, Bibliotheken, Museen, wissenschaft-
liche Institute für den Kriegsfall in ihren mächtigen Schutz
nehmen, zum Segen der Welt! Fern von jeder Politik
lediglich als Sachwalterin der adligsten Kultur, foll eine
Vereinigung aller Freunde von Kunst und Wissenschaft in
allen Ländern, besonders in Deutschland und Frankreich,
als den voraussichtlichen Vorkämpfern eines etwaigen Zu-
kunftskrieges, in Wirksamkeit treten! wir rufen in diesem
Sinne jeden wahren Freund dieser hohen Kulturgüter auf,
sich unserem Bunde anzuschließen und nach Möglichkeit für
unseren Gedanken zu wirken! Dieser Bund soll durchaus
unpolitisch und übernational sein.
wer unseres Sinnes ist, der komme zu uns! Er ist
herzlich willkommen!
Professor Qustav Lbsrleiu,
Mitglied der Kgl. Akademie der Künste in Berlin.
 
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