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Wieland: Zeitschrift für Kunst und Dichtung — 1.1915-1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.19577#0061
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Irühling 1915

von

Hermann Hesse

Am Waldrand tranen die Knospen,

Gelbe Blumen leuchten im fahlen Grün,
Liebesgezwitscher der Vögel
Taumelt trunken Lm lichten Gehölz,

Und die Kinder irren
llber die Wiesen den primeln nach,

Singen künftigen Lebens
Wirr geahnte Bedrängnis in lallenden §auten.

Aber wir Große

Horchen scharf über den Bergesrand,

Wo der fernen Geschühe Feuer
Schwach und dumpf wie sterbender pulsschlag zuckt

Einmal wird Friede sein!

Einmal werden wir mit den Kindern
Kränze tragen zum ernsten Fest,

Kränze auf unvergessene Gräber,

Kränze zur Heimkehr denen,

Deren gebräunte Stirnen der Tod verschont.

Kränze werden wir tragen
Und Friede wird sein
Im Geläute festlicher Glocken
Einmal — einmal! Und über die ftillen Tausende
Wird sich gütig und lächelnd
Mit den vertieften Augen
Die unfterbliche Mutter neigen.



rleoen lm ox r ; e

von E. von Schmidt-Pauli

Das Kind

onnerwetter — was für ein Höllenlärm! Nber mir Granaten,
vor mir ein Gewehrgeknatter, das sich gewaschen hat.

Es ist kurz vor Tagesanbruch und noch nichts zu sehen, weil
die Nebel hängen. Die Division weiß nur, daß das Dorf in der
Nacht von unsern Iägern genommen ist. 2ch will zum linken
Flügel nachsehen, wie es dort steht. Ritt aber bis zum Dors, wo
die seindlichen Kugeln summten wie ein Bienenstock, gebe mein
Hserd in einer Scheune ab, wo noch andere Hferde einigermaßen
in Deckung stehen, und pirsche mich nach links in einen Schühen-

graben vor, der gesterv noch den Franzosen gehörte und in eine
Wiese führt. Ein Nebel wie im Kanal. Aber gar nicht kalt. Ge-
schossen wird wie toll, weil man sich gegenseitig erzählen will:
„Haßt auf, wir sind da/ Denn an Zielen ist doch nicht zu denken.
Ich lege mich daher, von nächtlichen Ritten ermüdet, zu kurzer
Ruhe in einen Unterstand und bitte den nächsten Leutnant, mich zu
wecken, wenn blbersicht möglich ist.

plöhlich wache ich auf, durch eine unheimliche Stille — wie
der Schlaf eben durch jede Unterbrechung gestört wird, einerlei ob

(Fortsehung auf Seite -4)

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