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Institut für Österreichische Kunstforschung [Mitarb.]
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte — 3.1924-25

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Frey, Dagobert: Beiträge zur Geschichte der römischen Barockarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.56706#0016
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Dagobert Frey Beiträge zur Geschichte der römischen Barockarchitektur

der künstlerischen Komposition geworden war. Diese Anspielungen dürfen weder so dunkel
sein, daß sie ohne Kommentierung überhaupt nicht verstanden und ausgekostet werden
können, noch auch so klar, daß jeder Unwissende und Tölpel sie durchschauen könne12 13 *). Es
wirkt fast rührend naiv, wenn der biedere Bischof von Arezzo, Bernadetto Minerbetti, seinen
Freund Vasari bittet, Michelangelo um dessen Rat über die ikonographische Darstellung
seiner Imprese, der Prudentia, anzugeben, welchen Wunsch der buon vecchio auch erfüllt18).
Und doch ist dieser Symbolismus, der die ganze hohe Kunst durchsetzt, ein so wesentlicher
geschichtlicher Zug der Zeit, daß er nicht außer acht gelassen werden darf. Diese geheimnis-
vollen Beziehungen, diese hieroglyphische Bildersprache muß im Kunstwerk ebenso als etwa
Wesentliches verstanden und mitempfunden werden, wie der dreifache Sinn der Symbolik
Dantes oder die literarischen Subtilitäten in der romantischen Literatur eines Jean Pau] oder
E. Th. Hoffmann. In den weitverbreiteten allegorischen Stichfolgen, in den ikonographischen
Rezeptbüchern, wie Ripas Iconologia, die in mehrfachen Überarbeitungen und Auflagen
bis ins XVIII. Jahrhundert hinein erschien, bis zu Winkelmanns „Versuch einer Allegorie“
ist der Niederschlag dieses gesellschaftlichen Konventionalismus zu beobachten.
Als fein gebildeter Humanist verfaßte auch Spada diesem Geschmacke der Zeit ent-
sprechend Programme für große malerische Kompositionen, voll gesuchter gekünstelter
Beziehungen und liebedienerischer Anspielungen. Ein solcher Programmentwurf, nach der
Einstellung im Sammelbande offenbar für eine Deckenmalerei des Palazzo Pamfili in Piazza
Navona bestimmt, ist uns erhalten11). Es handelt sich um eine Darstellung des Goldenen Zeit-
alters mit der Innocentia, im Hinblick auf den Namen des Papstes, und der Pax auf einem
Regenbogen. „Um eine scherzhafte Anspielung auf die Pamfilische Imprese zu machen,
wird man eine Taube darstellen können, die man vom Busen der Innocentia wegfliegen
sieht, um vom Olivenzweig der Pax ein Zweiglein abzubrechen, und um die Imprese noch
deutlicher darzustellen, wird man darauf zu achten haben, daß die Taube gerade auf jenem
Teil des Regenbogens erscheint, der von roter Farbe ist“15).
Was aber der Persönlichkeit Spadas seine besondere Bedeutung gibt, ist sein freund-
schaftliches Verhältnis zu Borromini. Es stammt schon aus der Zeit, da dieser das Kloster
der Kongregation der Oratorianer baute, der auch Spada angehörte. Dieser war als Bau-
sachverständiger vom Vorstand der Kongregation P. Angelo Saluzzi zur Begutachtung der
Pläne herangezogen worden16 *). Bei der Herausgabe des Stichwerkes für das Kloster redigiert
der gelehrte Freund die einleitenden Erläuterungen des Künstlers1’), der sich, wie er selbst

12) Vgl. Ragionamento di Mons. Paolo Giovio sopra i
motti, disegni d’arme e d’amore, ehe communamente chiamano
imprese, Venetia 1556. — Discorso di Girolamo Ruscelli
interno all’ inventioni dell’ imprese, dell’ insegne de’ motti
e delle liuree (dem ersten beigebunden). . . . eile [imprese,
liuree e motti] non sieno in se stesse ne tanto oscure di
pensiero, ehe senza interprete non sene cavi di pensiero ne
gusto alcuno, ne all’ incontro tanto chiaro, ehe subito da
ciascuno s’intendano, per ignorante e grossolano ehe egli sia.
13) Der literarische Nachlaß Giorgio Vasaris, hg. von
Karl Frey, S. 307, 313.
“) Vol. II, fol. 160.
15) Die Pamfili führten eine weiße Taube mit einem
Olivenzweige im Schnabel auf rotem Grunde in ihrem
Wappen. — Ein besonders seltsames Beispiel einer solchen
Bildersprache berichtet Bellori (Vite, p. 391). Kardinal Ber-

nardino Spada hatte Algardi den Auftrag gegeben, in der
Familienkapelle bei den Barnabiten in Bologna eine Gruppe
der Enthauptung des hl. Paulus darzustellen, wobei Paulus
und das Schwert (spada) in der Hand des Henkers aut
Paolo Spada, den Vater des Kardinals, der die Kapelle
gestiftet hatte, anspielen sollten. Vielleicht ist auch hier
Virgilio der Urheber des wunderlichen Concetto.
16) Borromini, Opere II, p. 9, . . . fatti molti disegni
censurati sempre dal P. Virgilio Spada sacerdote della
medesima Congregazione ... — Vgl. G. B. Passeri, Vite
de’ Pittori ecc. 1772, p. 386.
17) Eberhard Hempel, Francesco Borromini, Wien,
A. Schroll 1924, 62. -— Trotz der eindeutigen Erklärung
Spadas muß doch angenommen werden, daß Borromini ihm
das gedankliche Material dazu lieferte und so doch einen
wesentlichen Anteil an der Arbeit hat.
 
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