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Geschichte und Naturwissenschaft.

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will, muß allemal den Mut haben, im Ganzen Stellung
zu nehmen, und er muß auch den schwerer zu bewahrenden
Mut haben, seine Zuhörer auf das hohe Meer allgemeinster
Überlegungen hinauszuführen, wo dem Auge wie dcm Fuß
das feste Land zu entschwinden droht.

Durch solche Bedenken könnte der Vertreter der Philo-
sophie sich wohl versucht finden, entweder nur ein histo-
risches Bild aus seiner Wissenschaft zu zeichnen oder seine
Zuflucht zu der besonderen Erfahrungswissenschaft zu
nehmen, die ihm nach den noch bestehenden akademischen
Einrichtungen und Gewöhnungen ebenfalls obzuliegen
pslegt, — der Pshchologie. Bietet doch auch sie eine Fülle
von Gegenständeu, die seden angehen und deren Behand-
lung um so sicherer Ausbeute verspricht, je mannigfaltiger
die methodischen und sachlichen Gesichtspunkte siud, welche
die lebhafte Bewegung dieser Disziplin in den letzten
Jahrzehnten hat zutage treten lassen. Jch verzichte auf
beide Auswege: ich möchte weder der Meinung Vorschub
leisten, daß es nicht mehr Philosophie, sondern nur deren
Geschichte gebe, — noch der anderen, als könne die Philo-
sophie, wie sie Kant neu begründet hat, jemals wieder
in den engen Rahmen derjenigen Spezialwissenschaft zn-
sammenschrumpfen, deren Erkenntniswert er selbst unter
den theoretischen Disziplinen am geringsten veranschlagte.
Vielmehr erscheint es mir bei einer Gelegenheit wie der
heutigen als Pflicht, dafür Zeugnis abzulegen, daß die
Philosophie auch in ihrer jetzigen Form, wo sie alle meta-
Physische Begehrlichkeit abgelegt hat, sich jenen großen
Fragen gewachsen fühlt, denen sie, wie den bedeutsamen
Jnhalt ihrer Geschichte, so auch ihren Wert in der Literatur
und ihre Stellung im akademischen Unterricht verdankt.
Und so reizt mich das Wagnis der Anfgabe, jene Triebkraft
der philosophischen Untersnchung, wodurch jedes Sonder-
problem sich in die letzten Rätsel menschlicher Welt- und
Lebensansicht ausweitet, Jhnen an einem Beispiel zu ver-
 
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