Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Koch, Adolf; Winkelmann, Eduard [Editor]
Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214 - 1508 (Band 1): 1214 - 1400 — Innsbruck, 1894

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2356#0009
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Häussers Werk ebenso gut als eine Geschichte der Kurfürsten von der Pfalz bezeichnen, durch deren Regie-'
rungsjahre ja auch ausserlich Plan und Anlage de3 Buches bedingt ist. Eine Landesgeschiehte will die territoriale
Entwicklung aller der einzelnen Stücke erforschen, welche nach und nach in dem Staate aufgegangen sind, sie
muss die Entwicklung aller der vielfachen Rechtsverhältnisse verfolgen, welche auf die Bildung des Staates von ent-
scheidendem Einfluss waren, sie muss mit gewissem Masse Alles umfassen, was zur Kenntniss der territorialen Ent-
wicklung eines Landes im Ganzen und Einzelnen von Wichtigkeit ist. Das Muster einer Landesgeschiehte wird
Statines Wirtembergiscbe Geschichte bleiben. Hier ist mit der Geschichte des Wirtembergisehen Grafen- und
Herzogshauses eine Geschichte aller der Gebiete, der einstigen selbständigen Herrschaften, der kirchliehen
Stiftungen, der Städte und Geschlechter verbunden und doch stofflich so meisterhaft geschieden und in so mass-
vollem Verhältniss zum Ganzen bearbeitet, dass diese Territorialgeschichte für den fachmännischen Gelehrten eine
ebenso unerschöpfliche Fundgrube des Wissens, wie für den Gebildeten und jeden Freund der heimathlichen Ge-
schichte ein genussreiehes Werk bleiben wird.

Bei der Pfalz freilich bieten sich für eiue Territorialgeschichte ganz besondere Schwierigkeiten dar. In einem
noch bestehenden Staate sind dem Historiker bestimmte geographische Grenzen seiner Forschung gegeben,
obwohl er auch diese nicht immer einhalten kann. Bei der Rheinischen Pfalz wird man sieh einen Zeitpunkt fest-
setzen müssen, von welchem aus man, sozusagen, das Land reconstruiren will. Und wie wechselvoll war doch der
rechtliche, verfassungsgeschiehtliche und geographische Begriff der Pfalz! AlsRiehl sein geistreiches Buch über
die „Pfälzer* schrieb, das in dem raschen unaufhörlichen Strome des modernen Culturlebens nun schon selbst
wieder als ein werthvolles Stück Culturgeschichte zurückgeblieben ist, stand er vor der selbstbekanriten Gefahr,
dass er sein Bild zu eng oder zu weit zeichnen würde. Als Culturhistoriker konnte er sich am wenigstens durch
politische Grenzen binden lassen. Auch die historische Commission, als sie Regesten der Pfalzgrafen herauszu-
geben beschloss, stand vor einer gleichen Frage. Es wäre gewiss eine ebenso verlockende, wie dankenswerthe
Aufgabe, den Anfängen derPfalzgrafsehaft am Niederrhein nachzugehen, hier den Wechsel von Besitz, Lehen und
Rechten mancherlei Art zu erforschen, den Weg regestenartig zu verfolgen, welchen der an Territorien, Städten
und Dörfern, Burgen, Geschlechtern und an kirchlichen Stiftungen reiche Landstrich bis zu seinem Aufgehen
in das pfälzische Staatsgebiet genommen hat. Ueberall greifen die niederrheinischen Verhältnisse uns vielfach
noch unverständlich auch in unsere Regesten herein. So liegen ja auch die Anfänge aller der langjährigen durch
Jahrhunderte hindurch nachwirkenden territorialen Streitigkeiten mit dem mainzischen Erzbisthum weit hinter
der Zeit, mit welcher unserer Sammlung anzuheben vorgeschrieben war. Bei dem regen Eifer und den reichen
Mitteln, mit welchen heute die staatlichen historischen Commissionen, gelehrte Gesellschaften und Private, histo-
rische Forschungen zur Landesgeschiehte unterstützen und fördern, dürfen wir hoffen, dass auch nach dieser Seite
hin die pfälzischen Dinge weitere Aufklärung erfahren werden. Es sei besonders der neugegründeten Gesellschaft
für Rheinische Geschiehtskunde empfohlen, durch die Herausgabe der pfalzgräflichen Regesten der Aachener
Periode, sich an die vorliegenden Arbeiten der badischen Commission anzuschliessen.

Die historische Commission hat das Jahr 1214, in welchem ein Witteisbacher die Pfalzgrafschaft über-
nahm und eine ruhmreiche Dynastie eröffnete, zum Ausgangspunkt genommen. Für die Zeit bis zum Haus-
vertrag von Pavia aber, in welehera rheinpiakisehe und bairische Verhältnisse noch politisch verwachsen sind,
musste sie in der Behandlung des Stoffes Beschränkung üben. Eine Commission, welche zur Pflege der engern
Landesgeschiehte gegründet ist, konnte nicht berufen sein, die Geschichte heute femliegender Gebiete eingehend
zu berücksichtigen. Es wird der baierischen Akademie vorbehalten sein, diese Seite der pfalzgräfliehen Regesten
zu ergänzen und zu erweitern. *)

Zu einer pfälzischen Territorialgeschichte aber fehlte es uns bis dahin auch an einer gesicherten Grund-
lage. Auch hier war Baiern besser daran. Schon Böhmer stand eine Reihe bedeutender Urkundenwerke zu
Gebote. Die grossen Sammelwerke wie die Seriptores von Oefele, die Monumenta und Regesta ßoica haben schon

') Eine Neubearbeitung der Böhmer'sehen Wittelsbachischeu Kegesten hatte der leider so früh verstorbene
bait. Keichsarchivpraktikant Martin Mayr geplant, derselbe hat fleissige Vorarbeiten hinterlassen. Mayerhofer, Martin
Mayr (Separatabdruck aus dem 42. und 43. Jahresbericht des hisfc. Ver. v. Oberbaiern.)
 
Annotationen