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Die Vrätyas
Bei dieser Verschiedenheit der Meinungen scheint es mir
nicht unangebracht, das Tatsächliche über den Vrätya einmal
zusammenzustellen und zu sehen, wie weit wir über die Tat-
sachen hinauskommen können.
Etymologisch kann vratya entweder von vrata „religiöse
Pflicht", „Brauch", oder von vrata „Schar, Bande", abgeleitet
werden. Bloomfield1) meint, der terminus vrätya sei wahr-
scheinlich von Kompositis wie anyavrata, apavrata, usw., „ver-
schiedene Bräuche habend", abzuleiten. Viel wahrscheinlicher
ist es aber, daß vrätya ebenso wie vräfina von vräta herzuleiten
ist. Die Bildung des Wortes vräfina wird von Pänini V, 2, 21
(vrätena jivati) gelehrt, und Patanjali bemerkt dazu: „Unter
vräta versteht man auf Anhöhen lebende Banden von ver-
schiedener Abstammung und von ungezügelter Lebensweise;
ihre Beschäftigung heißt vrätam; vräfina ist einer, der von
dieser vra/a-Beschäftigung lebt."2)
Lätyäyana (Srautasütra V, 8) beschreibt ein eintägiges
Somaopfer, Syena genannt, das in Wirklichkeit ein Beschwö-
rungszauber ist.3) Bei diesem Opfer wählt man die Söhne von
Kriegern (yaudha) der Vrätinas oder auch — nach der Mei-
nung des Sändilya — Arhats als Opferpriester. Diese tragen
, The Atharvaveda, p. 95. Haradatta (im Kommentar zu Äpastam-
biya-Dhs. II, 3, 7, 13): vrate sukrte sädhur vratyah sa eva vrätya iti pü-
jäbhidhänam.
, vrätena jivatlty ucyate, kim vrätam näma / nänäjätiyä aniyata-
vrttaya utsedhajivinah samghäh vrätäh / tesäm karma vrätam / vräta-
karmanä jivatiti vrätmah. Die Käsikä Vrtti hat dies abgeschrieben, er-
klärt aber utsedhajivinah: utsedhah sariram tadäyäsena ye jivanti te ut-
sedhajivinah. Die Bedeutung „Körper" für utsedha wird in den Kosas
gegeben. Belegt ist utsedha in der Bedeutung „Erhebung, Anhöhe". Aller-
dings würde meiner Übersetzung utsedhaväsinah besser entsprechen. Mög-
lich wäre auch, daß utsedha „gewalttätige Erhebung", „Kampf und Streit"
bedeutete, und utsedhajivinah durch „von Kampf und Streit lebend" zu
übersetzen wäre. Ich möchte aber nicht so weit gehen, wie R. C. Majum-
dar, Corporate Life in Ancient India, 2nd Ed., Poona 1922, p. 222 f., der
es durch „living by means of slaughter and killing" übersetzt und an Räuber-
banden nach Art der „Thuggies" denkt. Ich sehe nicht, wie man für ut-sidh
die Bedeutung „töten" herausbringen kann.
3) S. auch Sadvimsa-Brähmana III, 2; Weber, Ind. Stud. I. 51 f.;
Hillebrandt, Ritual-Literatur, S. 139.
Die Vrätyas
Bei dieser Verschiedenheit der Meinungen scheint es mir
nicht unangebracht, das Tatsächliche über den Vrätya einmal
zusammenzustellen und zu sehen, wie weit wir über die Tat-
sachen hinauskommen können.
Etymologisch kann vratya entweder von vrata „religiöse
Pflicht", „Brauch", oder von vrata „Schar, Bande", abgeleitet
werden. Bloomfield1) meint, der terminus vrätya sei wahr-
scheinlich von Kompositis wie anyavrata, apavrata, usw., „ver-
schiedene Bräuche habend", abzuleiten. Viel wahrscheinlicher
ist es aber, daß vrätya ebenso wie vräfina von vräta herzuleiten
ist. Die Bildung des Wortes vräfina wird von Pänini V, 2, 21
(vrätena jivati) gelehrt, und Patanjali bemerkt dazu: „Unter
vräta versteht man auf Anhöhen lebende Banden von ver-
schiedener Abstammung und von ungezügelter Lebensweise;
ihre Beschäftigung heißt vrätam; vräfina ist einer, der von
dieser vra/a-Beschäftigung lebt."2)
Lätyäyana (Srautasütra V, 8) beschreibt ein eintägiges
Somaopfer, Syena genannt, das in Wirklichkeit ein Beschwö-
rungszauber ist.3) Bei diesem Opfer wählt man die Söhne von
Kriegern (yaudha) der Vrätinas oder auch — nach der Mei-
nung des Sändilya — Arhats als Opferpriester. Diese tragen
, The Atharvaveda, p. 95. Haradatta (im Kommentar zu Äpastam-
biya-Dhs. II, 3, 7, 13): vrate sukrte sädhur vratyah sa eva vrätya iti pü-
jäbhidhänam.
, vrätena jivatlty ucyate, kim vrätam näma / nänäjätiyä aniyata-
vrttaya utsedhajivinah samghäh vrätäh / tesäm karma vrätam / vräta-
karmanä jivatiti vrätmah. Die Käsikä Vrtti hat dies abgeschrieben, er-
klärt aber utsedhajivinah: utsedhah sariram tadäyäsena ye jivanti te ut-
sedhajivinah. Die Bedeutung „Körper" für utsedha wird in den Kosas
gegeben. Belegt ist utsedha in der Bedeutung „Erhebung, Anhöhe". Aller-
dings würde meiner Übersetzung utsedhaväsinah besser entsprechen. Mög-
lich wäre auch, daß utsedha „gewalttätige Erhebung", „Kampf und Streit"
bedeutete, und utsedhajivinah durch „von Kampf und Streit lebend" zu
übersetzen wäre. Ich möchte aber nicht so weit gehen, wie R. C. Majum-
dar, Corporate Life in Ancient India, 2nd Ed., Poona 1922, p. 222 f., der
es durch „living by means of slaughter and killing" übersetzt und an Räuber-
banden nach Art der „Thuggies" denkt. Ich sehe nicht, wie man für ut-sidh
die Bedeutung „töten" herausbringen kann.
3) S. auch Sadvimsa-Brähmana III, 2; Weber, Ind. Stud. I. 51 f.;
Hillebrandt, Ritual-Literatur, S. 139.