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Die Vrätyas
Rudra (Mahädeva, isäna) identisch erscheint. Die Verherr-
lichung des himmlischen Vrätya gibt Anlaß zu Reflexionen
über den irdischen Vrätya. Sowie in dem Hymnus Atharvaveda
XI, 5 der Brahmacärin als das Brahman verherrlicht wird,1)
so wird hier der himmlische Vrätya Rudra-Mahädeva als mit
dem höchsten Wesen identisch gepriesen, dieser aber in ver-
schwommener Weise mit dem irdischen Vrätya, „der dieses
(Mysterium) kennt", in Verbindung gebracht. Der letztere ist
aber kein anderer als der Vrätya, der durch das Vrätyastoma-
Opfer schon in die brahmanische Gemeinschaft aufgenommen
worden ist.2) Dieser Vrätya ist würdig, als Gast von jedem
König und jedem Agnihotrin mit höchsten Ehren empfangen
zu werden.3)
Das Hinauslaufen des himmlischen Vrätya nach allen
Weltgegenden (Ath. XV, 2. 5. 6. 14) hängt wahrscheinlich mit
dem Charakter des Rudra als eines allgegenwärtigen und
sich ins Unendliche vervielfältigenden Gottes zusammen.4)
Charpentier5) will beweisen, daß der Grhapati und die
Vrätyas, die sein Gefolge bilden, in einem Aufzug erscheinen,
der an Rudra-Siva erinnern soll, und daß der Grhapati den
Rudra selbst darstellt, „der durch das regelrechte Opfer in
den Kreis der vorausgegangenen Götter aufgenommen wird."
Aber nur wenige Einzelheiten der Ausstattung des Vrätya
stimmen mit der Erscheinung des Rudra überein. Es ist richtig,
daß Rudra usnisin „Turbanträger", genannt wird, daß er ein
Bogenschütze ist, er wird (was zum mindesten sehr wahr-
scheinlich ist) im Ait. Br. V, 14 krsnasaväsi purusah, „der Mann
im schwärzlichen Gewände", genannt und er hat (Rv. II, 33. 10)
auch einen Brustschmuck (niskam yajatam). Aber er hat
, Dieser Hymnus ist allerdings viel klarer und durchsichtiger, alsAth. XV.
2) Das beweist die zum Teil mit Brähmana und Srautasütra überein-
stimmende Schilderung der Tracht und des Aufzugs des Vrätya in Ath. XV,2.
8) Diese Stelle (Ath. XV, 10—13) wird im Äpastamblya-Dharmasütra
(II, 3, 7, 12—17) bei den Vorschriften über den feierlichen Gästeempfang
(ätithya) als ein „brähmanam" und mit den Worten „iti vijnäyate" in
gekürzter und freier Wiedergabe zitiert. Wenigstens müssen wir dies an-
nehmen, so lange kein ähnlicher Text aus dem Yajurveda bekannt ist.
, Vgl. E. Arbman, Rudra, Uppsala 1922, S. 222 ff.
9 WZKM 25, 370 f.
Die Vrätyas
Rudra (Mahädeva, isäna) identisch erscheint. Die Verherr-
lichung des himmlischen Vrätya gibt Anlaß zu Reflexionen
über den irdischen Vrätya. Sowie in dem Hymnus Atharvaveda
XI, 5 der Brahmacärin als das Brahman verherrlicht wird,1)
so wird hier der himmlische Vrätya Rudra-Mahädeva als mit
dem höchsten Wesen identisch gepriesen, dieser aber in ver-
schwommener Weise mit dem irdischen Vrätya, „der dieses
(Mysterium) kennt", in Verbindung gebracht. Der letztere ist
aber kein anderer als der Vrätya, der durch das Vrätyastoma-
Opfer schon in die brahmanische Gemeinschaft aufgenommen
worden ist.2) Dieser Vrätya ist würdig, als Gast von jedem
König und jedem Agnihotrin mit höchsten Ehren empfangen
zu werden.3)
Das Hinauslaufen des himmlischen Vrätya nach allen
Weltgegenden (Ath. XV, 2. 5. 6. 14) hängt wahrscheinlich mit
dem Charakter des Rudra als eines allgegenwärtigen und
sich ins Unendliche vervielfältigenden Gottes zusammen.4)
Charpentier5) will beweisen, daß der Grhapati und die
Vrätyas, die sein Gefolge bilden, in einem Aufzug erscheinen,
der an Rudra-Siva erinnern soll, und daß der Grhapati den
Rudra selbst darstellt, „der durch das regelrechte Opfer in
den Kreis der vorausgegangenen Götter aufgenommen wird."
Aber nur wenige Einzelheiten der Ausstattung des Vrätya
stimmen mit der Erscheinung des Rudra überein. Es ist richtig,
daß Rudra usnisin „Turbanträger", genannt wird, daß er ein
Bogenschütze ist, er wird (was zum mindesten sehr wahr-
scheinlich ist) im Ait. Br. V, 14 krsnasaväsi purusah, „der Mann
im schwärzlichen Gewände", genannt und er hat (Rv. II, 33. 10)
auch einen Brustschmuck (niskam yajatam). Aber er hat
, Dieser Hymnus ist allerdings viel klarer und durchsichtiger, alsAth. XV.
2) Das beweist die zum Teil mit Brähmana und Srautasütra überein-
stimmende Schilderung der Tracht und des Aufzugs des Vrätya in Ath. XV,2.
8) Diese Stelle (Ath. XV, 10—13) wird im Äpastamblya-Dharmasütra
(II, 3, 7, 12—17) bei den Vorschriften über den feierlichen Gästeempfang
(ätithya) als ein „brähmanam" und mit den Worten „iti vijnäyate" in
gekürzter und freier Wiedergabe zitiert. Wenigstens müssen wir dies an-
nehmen, so lange kein ähnlicher Text aus dem Yajurveda bekannt ist.
, Vgl. E. Arbman, Rudra, Uppsala 1922, S. 222 ff.
9 WZKM 25, 370 f.