Friedrich von Spee.
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empfunden und formelhaft dargestellt. Nur das Bauern-
lied versucht da und dort zu charakterisieren und geht
— aber auch hier nur in wenigen, stets wiederholten
Bildern — vom Allgemeinen zum Besonderen weiter.
Die Gelehrten setzen ihre Naturschilderung ganz und
gar aus erstarrten Phrasen zusammen.
Spee übernimmt seine Naturbilder nicht mehr, er
lebt und sieht sie persönlich. So deutlich, so persön-
lich sieht er sie, wie sie keiner vor ihm gesehen hat,
sie lange nach ihm keiner zu sehen vermochte. Gewiß
vermag er sich noch nicht ganz aus dem Erstarrten
und Überkommenen zu befreien, vermag er auch die
Eigengefühle und Eigeng’esichte oft nur in schon vor-
handenen Formen auszudrücken. Aber in einzelnen
Versen und Strophen bricht immer wieder die Gewalt
des Eigenen, des persönlich Erlebten und Geschauten
siegreich durch. Nie noch ist es vor Spee in deutschen
Gedichten also Frühling geworden, mit solcher Gegen-
wart und Gegenständlichkeit, mit solcher lyrischen
Plötzlichkeit:
Jetzt wicklet sich der Himmel auf!
Und wie anschaulich und gedrängt leuchtet das Land-
schaftsbild weiter auf:
Die Vöglein zart in großer Meng
Busch, Heck und Feld durchstreifen,
Die Nester schon seind ihn zu eng,
Der Luft klingt voller Pfeifen.
Das Feld und Wiesen, feucht und feist,
Mit Bächlein, viel zerspalten,
Die Sonn, wann sie fürüber reist,
Mit ihrer Schön aufhalten.
Nun wundert sich der Himmel selb,
Wie zierlich unterstrahlet,
Mit Gras und Fruchten, grün und gelb
Das Erdreich sich gemalet.
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empfunden und formelhaft dargestellt. Nur das Bauern-
lied versucht da und dort zu charakterisieren und geht
— aber auch hier nur in wenigen, stets wiederholten
Bildern — vom Allgemeinen zum Besonderen weiter.
Die Gelehrten setzen ihre Naturschilderung ganz und
gar aus erstarrten Phrasen zusammen.
Spee übernimmt seine Naturbilder nicht mehr, er
lebt und sieht sie persönlich. So deutlich, so persön-
lich sieht er sie, wie sie keiner vor ihm gesehen hat,
sie lange nach ihm keiner zu sehen vermochte. Gewiß
vermag er sich noch nicht ganz aus dem Erstarrten
und Überkommenen zu befreien, vermag er auch die
Eigengefühle und Eigeng’esichte oft nur in schon vor-
handenen Formen auszudrücken. Aber in einzelnen
Versen und Strophen bricht immer wieder die Gewalt
des Eigenen, des persönlich Erlebten und Geschauten
siegreich durch. Nie noch ist es vor Spee in deutschen
Gedichten also Frühling geworden, mit solcher Gegen-
wart und Gegenständlichkeit, mit solcher lyrischen
Plötzlichkeit:
Jetzt wicklet sich der Himmel auf!
Und wie anschaulich und gedrängt leuchtet das Land-
schaftsbild weiter auf:
Die Vöglein zart in großer Meng
Busch, Heck und Feld durchstreifen,
Die Nester schon seind ihn zu eng,
Der Luft klingt voller Pfeifen.
Das Feld und Wiesen, feucht und feist,
Mit Bächlein, viel zerspalten,
Die Sonn, wann sie fürüber reist,
Mit ihrer Schön aufhalten.
Nun wundert sich der Himmel selb,
Wie zierlich unterstrahlet,
Mit Gras und Fruchten, grün und gelb
Das Erdreich sich gemalet.