Mechtild von Magdeburg.
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Wi der engel fröde von der ewigen maget
Di unnatürlichen Milch sög.
Aber sie erwiedert:
Dc ist ein kindlich liebi,
Das man kint söge und wiege;
Ich bin ein vollerwachsen brüt,
Ich wil gan nach minem trüt.
Der visch mag in dem wasser nit ertrinken,
Der vogel in dem lüfte nit versinken,
Das gold mag in dem füre nit verderben,
Wan es enpfät da sin klarheit und sin lüthende varwe.
Gott hat allen creature das gegeben,
Das si ir nature pflegen;
Wie möhte ich den miner nature widerstan?
Ich müste von allen Dingen in got gan.
So gat die allerliebeste zu dem allerschonesten in die
verholnen kamern der vnschuldigen gotheit; da vindet
si der mine bette und mine gelas, und gotte und mensch-
liche bereit — — — Er gib et sich ir und si git sich
ime — — — Wo zwoi geliebe verholen zesamen
koment, sie müssent dikke ungescheiden von einander
gan“.
Auch bei Suso finden wir Kapitel „Wie minniglich
G-ott ist“ und „Von dem Minnekosen, das die Seele mit
Gott gehabt hat“. Im Jahre 1601 erscheint in München
eine ganze Anthologie unter dem Titel: lectulus floridus
sponsae Jesu Christi, Blühendes Bettchen der Braut Jesu
Christi.
Am liebenswürdigsten aber gestaltet sich diese
mystische Liebe in den Gedichten Friedrichs von Spee.
Hier ist sie so zu künstlerischer Hohe heraufgehoben,
daß Spee mit seinen Gedichten am Eingänge der indi-
viduellen Lyrik in Deutschland steht. Nicht die lodernde
mystische Sinnlichkeit mancher Italiener, nicht die eksta-
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Wi der engel fröde von der ewigen maget
Di unnatürlichen Milch sög.
Aber sie erwiedert:
Dc ist ein kindlich liebi,
Das man kint söge und wiege;
Ich bin ein vollerwachsen brüt,
Ich wil gan nach minem trüt.
Der visch mag in dem wasser nit ertrinken,
Der vogel in dem lüfte nit versinken,
Das gold mag in dem füre nit verderben,
Wan es enpfät da sin klarheit und sin lüthende varwe.
Gott hat allen creature das gegeben,
Das si ir nature pflegen;
Wie möhte ich den miner nature widerstan?
Ich müste von allen Dingen in got gan.
So gat die allerliebeste zu dem allerschonesten in die
verholnen kamern der vnschuldigen gotheit; da vindet
si der mine bette und mine gelas, und gotte und mensch-
liche bereit — — — Er gib et sich ir und si git sich
ime — — — Wo zwoi geliebe verholen zesamen
koment, sie müssent dikke ungescheiden von einander
gan“.
Auch bei Suso finden wir Kapitel „Wie minniglich
G-ott ist“ und „Von dem Minnekosen, das die Seele mit
Gott gehabt hat“. Im Jahre 1601 erscheint in München
eine ganze Anthologie unter dem Titel: lectulus floridus
sponsae Jesu Christi, Blühendes Bettchen der Braut Jesu
Christi.
Am liebenswürdigsten aber gestaltet sich diese
mystische Liebe in den Gedichten Friedrichs von Spee.
Hier ist sie so zu künstlerischer Hohe heraufgehoben,
daß Spee mit seinen Gedichten am Eingänge der indi-
viduellen Lyrik in Deutschland steht. Nicht die lodernde
mystische Sinnlichkeit mancher Italiener, nicht die eksta-
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