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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 2.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.9079#0008
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Nr. 14.

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nummer 10 Pfennig

1885

Berlin. Die Zollwuth hat eine bedenkliche Höhe erreicht. Eine
aus Agrariern bestehende Commission will beim Reichstage be-
antragen. die Einfuhr von Rindvieh aller Art ganz zu verbieten.

Bremen. Unser alter Roland ist mit dem Anschluß Bremens au
den Zollverein nicht einverstanden. Er wackelt jede Nacht Punkt
12 Uhr mit seinem ehrwürdigen Haupt und ächzt: „Mos—le—mcy—er“.

Hamburg. Es sollen verschiedene Krachs bevorstehen, da die be-
reits schwimmenden Kornankäufe nur noch gegen drei Mark Entree

pro Doppelzentner in Deutschland eingelassen werden,
und Weh an der Getreidebörse.

London. Daß der Ausgang der Kampfes im Sudan ein so
mah big er werden würde, hat Gladstone nicht erwartet. Er will
sich rächen und selbst nach Afrika gehen. Der Mahdi hat dagegen ein
Gesetz, gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Engländer er-
lassen. DaS Gesetz hat nur einen Paragraphen, wonach jeder Eng-
länder, der in die Hände des Mahdis fällt, mit dem Tode bestraft
wird. An Gordon ist das Gesetz zuerst in Anwendung gebracht
worden.

Kolonial-Hymnus. e§^

Wrnu die Dampfer unsres Deiches,
Bunt bewimpelt Mast und Raa —
Wer sah jemals ekivas Gleiches? —
Rauschen floss nach Afrika;

Wenn dir neuen Hoffnungsblüthen
Türk'schen Bohnen gleich gedrih'n
Und wenn die Europamüden
Schiffen haufemveis sich ein,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, sde, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' mohl!

Wenn mir neue Freuden winken,
Möcht' ich hier nicht länger sein,

Und ich möchte mich betrinken
Dort im edlen Palmenwrin;

Wenn ich voller Drang nach Thaten
Segle fort nach jenem Grund,

Wo die Tauben mir gebraten
Fliegen fchaarweis in den Wund,
Dann sde, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' wohl!

Melodie: Wenn der Vater mit dem Sohne re.

Wenn ich nicht mehr mag verharren
In dem alten Vaterland,

Wo die bunten Modenarren
Nehmen täglich überhand;

Wenn mir Alles ist verleidet,

Wenn's mich ;irht nach jener Stakt,
Wo man so bequem sich Kleidet
Mit 'nem grünen Feigenblatt,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' wohl!

Wenn der König Wörmann handelt
Mit dem guten König Bell,

Der dort unter Palmen wandelt
Wik 'nem alten Schirmgestell,

And wenn König Bell vertauschet
Für 'ne Mundharmonika
All sein Palmöl, und wenn lauschet
Ihren Klängen sanft er da,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' wohl!

Wenn die braven Musketiere
Im Arquator-Mondenschein
Zärtlich ihre liebesschwüre
Fristen Negerinnen weih'n,
llnd wenn;u der Zukunft Heile,
Wie mein Geist es kommen sieht,

In dem schwarten Erdentheile
Eine neue Rasse blüht,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' wohl!

Wenn ich dort mich fühle physisch
Und moralisch wieder wohl,

Weil ich wandte paradiesisch
Ohne Rock und Kamisol;

Wenn der Jäger ohne Wolle
Doch dir Menschenseele spürt,

Und ich von dem alten Grolle
Sage los mich tiefgerührt,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann sde, mein Schah, leb' wohl!

Doch wenn jene neuen Staaten,
Kamerun und Groh-Popo,

Mil Kulturwerk wir begnaden,
Denk' ich nur bei mir: So! So!
Wenn wir manch Gefängnih ihnen
Bau'n für unser schweres Geld,

Weil mit schivrdifchen Gardinen
Die Kultur allein sich hält,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, mein Schah, leb' wohl!

Jacob.
 
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