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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 2.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.9079#0016
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91 r. 15

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nnmmer 10 Pfennig

1885

Berlin. Im Reichstage ist anläßlich der Gemüsedebatte kon-
statirt, daß die Deutschen für den eigenen Bedarf genügend Kohl
produziren; trotzdem will man auf ausländischen Kohl nicht verzichten.
Herr Alex. Meyer, dem das geflügelte Wort zu verdanken ist, daß
das Bier, welches nicht getrunken lvird, seinen Beruf verfehlt, hat
nunmehr auch den Kohl, der nicht gegessen wird, auf seinem Ge-
wissen.

Angra Pequena. St. Lüderitzki. Hansemann und Bleich-
röder wollen ihr koscheres Gold in afrikanisches Kuvfer verwandeln.
Die Ausbeutung der Kupferberge soll demnächst beginnen. Die Ein-
gebornen, welche bisher einen Maximalarbeitstag von einer Stunde
hatten, haben sich aus Furcht vor deutschen Gewohnheiten einige
hundert Meilen ins Innere zurückgezogen. — Angra Pequena-Aktien
Brief 0.

China. Die Chinesen verweigern den Franzosen noch immer die
Kriegserklärung. Das gegenseitige Abmurkscn dauert fort.



Philisters Träumerei.


Zum rrsterr April.

Nun muh sie bald kommen, dir goldene Zeit,
Sie steht schon dich! vor den Pforten,

Ward sie doch so osi schon mirprophezeit
Mit vielen und schönen Worten;

Was mir auch der Böse flüstert ins Ohr
Von Hoffen und Täuschen und Narreil,

Ich must so fest, mie immer ;uvor,

Auf meiner Meinung beharren.

Ich wandle weiter aus dieser Spur,

Da kann es mir ja nicht fehlen;

Ich brauche mir ja aus Allem nur
Das Beste heraus;u wählen;

Besorgen auch Andre die Arbeit für mich,

Sie werden mich wohl nicht foppen;

Dafür kritisir' ich fürchterlich

Ihr Thun und Lasten beim Schoppen.

Das Raifonnirrn betreib' ich gern,

Doch will ich ;u sehr nicht rumoren,

Denn von der Pott;ei die Herrn,

Die haben gar seine Ohren;

Zuweilen tob' ich gern einmal
Und lieb' es, mich ;u brüsten:

Ha national und liberal!

Dann bin ich grost im „Entrüsten".

Auf Menschenrecht troht ein Jeder heut,

Will sein selbständig und mündig;

Zucht fehl! nur und Unterthänigkeit,

Drum sag' ich Kur; und bündig:

Das wird nicht besser in dieser Welt,

Bis wieder festere Zügel
Erscheinen und seinen Ein;ug hält
Der alte solide Prügel.

Herrn Richter lieb' ich sonst ;war nicht,
Er soll;u sehr nicht mucksen,

Doch lieb' ich von Allem, was er spricht,
Am meisten das Pfennigfuchser:;

Wie oft er mich auch ;um Aerger ;wingt,
Ver;eih' ich ihm all die Ovalen,

Wenn rr's nur einst noch dahin bringt,

Dass ich Nichts brauche;u;ahlen.

Herr Ackermann erfreut mich sehr
Trost aller Antipoden;

Er stellt für's Handwerk wieder her
Geschickt den goldenen Boden;

Und hat er ihn mit Freundlichkeit
Nach alten Regeln geschaffen,

Dann leben wir für alle Zeit
So lustig wie die Schlaraffen.

Ich lieb' auch die Opposition,

Doch nur die sanfte und feine;

Der brave Herr Hänel kennt mich schon,

Er weist schon, wie ich es meine.

Er redet so glatt, er redet so schön
Und wird sich nie verhaspeln;

Nie wieder wird es Einer versteh 'n,

Mit Süsthol; so lieblich ;u raspeln.

Wenn nicht so leicht mein Zorn verraucht,
Nachdem ich Hab' ärgern mich müssen,

Fühl' ich radikal mich angehaucht,

Doch darf'« meine Frau nicht wissen;

Drum sag' ich's nur mit stüsterndenr Ton
Und verschwinde gleich drauf im Nebel:
Hab' ich nur einen Vortheil davon,

Verehr' ich auch einmal den Bebel!

Ich hab's überlegt eine gan;e Weil',

Bin nach meiner Ueber;eugung

Vom deutschen Volke der edelste Theil —

Ja, macht nur eine Verbeugung!

Und wenn mir's Jemand nicht glauben will,
Der mag nur dir Zeit ermessen —

Herrje, heut ist der erste April,

Das halt' ich ja gan; vergessen.
 
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