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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 5.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.9076#0091
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Nr. «0.

Preis pro Nummer 10 Pfennig.

1888.




Erscheint monatlich zweimal.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Kolporteure.

0^,1?

Blitzdrahtmeldungcn.

Berlin. Es verlautet, daß um die Franzosen zu beschämen, bis
zum 1. April 1889 alle Ausweisungsgesetze im Deutschen Reich auf-
schoben werden sollen. Man nimmt an dem Termin ein wenig An-
stoß,

Reuß älterer Linie. Bon der Nachricht, daß die deutsche Flotte
und damit auch der Einfluß unseres Ländchens auf dem Meere ver-
größert werden soll, ist man hier ungemein erireut.

Stolp in Hinterpommeru. Um die Erhöhung der Korn- und

Brotpreise zu rechtfertigen, werden hier demnächst die Gebeine einiger
verhungerten Rittergutsbesitzer öffentlich ausgestellt werden,

Kamerun. Der erste Reichs-Gerichtsvollzieher ist hier ange-
kommen, Derselbe nahm gleich eine Pfändung vor, die aber resul-
tatlos ausfiel, da sie eiueu Mann belraf, der ganz nackt ging.

Paris, Prinz Plon-Plon Plant offenbar einen Staatsstreich.
Mgn hat ein Slück Speck an seinem Hute gesehen. Daran soll der
historische napoleontsche Adler fressen, wenn er auf Plon-PIon's
Schulter sitzt.


Die Witter.


war doch schön in der alten Zeit,
In jener ungleich bessern,

Cs saßen in ihrer Herrlichkeit
Die Ritter hoch auf den Schlössern;

Stolz stieß in's Horn auf Thurm und Wall
Gewappnet blank die Besatzung
In ihrer Waffen Schmuck und Schall;
Die Gauern brachten die Ätzung.

Die Hörigen lieferten Wein und Gorn
Mit knechtisch gesenkten Göpfen,

Es schien sich des Reberflusses Horn
Schier nimmermehr zu erschöpfen;

Cs ließ sich einst gar behaglich ruh'n
In solch einer Ritter-Glause,

Das Rind, das Schwein, die Gaus, das Huhn
Gracht' her der Gauer zum Schmause.

Am Söller sah manch schönes Gind
In Prachtgewandung man stehen,

Sie ließ zum Gruß im Abendwind
Ciu seiden Tüchlein wehen;

Dem Kaufmann, gefangen im Gurgverließ,
Dem hatte man's abgenommen,

Den man ein Lösegeld zahlen hieß,

GH' er davon mochte kommen.

Hinab ist gesunken die alte Zeit
Mit ihrem gleißenden Schimmer,

Don stolzen Gnrgen erblickst Du heut
Nur moosübersponnene Trümmer;

Wo man des Gurgfräuleins schlanke Gestalt
Auf ragender Zinne gesehen,

Ertönt herab durch den öden Wald
Der heisere Schrei der Grähen.

verrostet der Harnisch, zerbrochen das Schwert,
Verblichen der Ahnen Gilder,

Der Gauer vergaß, was ihm einst gelehrt,
Zu grüßen die Wappenschilder.

Ja, ja, das ist ein arger Verdruß,

Der Zeiten Roth ist gar bitter,

Manch Junker mit stattlichem Stammbaum muß
Sich backen jetzt arme Ritter.

Erschöpft ist des Reberflusses Horn,

Gein Höriger mehr zu schauen,

Gein Ganer bringt dem Junker sein Gorn,
Cr muß cs sich selber bauen.

Da hören wir von der großen Roth
Cin lautes Geschrei und Geflunker;

Zu billig sind heute das Gorn und das Grot
Dem landwirtschaftlichen Iuuker.

Cin weiser Mann, der sprach: Ich hab's!
Das Mittel für eure Clualeu!

Es kann das Volk das Grot und den Schnaps
Roch immer theurer bezahlen.

Dann sind die Junker mit ihrem Gorn
Gehaglicher wieder gebettet,

Dann strömt ihnen wieder ein goldener Gorn,
Dann sind die Edlen gerettet!
 
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