Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 76.

Preis pro Nummer 1v Pfennig.

1886.

Erscheint monatlich zweimal.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Kolporteure.

Blitzdrakitmcldmiste».

^ Hamburg. Nur aus christlicher Nächstenliebe sind von einige»
Dampfschifssgesellschaften die deutschen Arbeiter auf de» Schissen entlasse»
und Chinesen dafür »»gestellt worden. Hammonia will, um die Sache
auch äußerlich kenntlich i» mache», alle Chinesenfreunde mit de» Ohren
am Bugspriet annagel» lassen.

Berlin. Den neuesten Nachrichten au» Frankreich infolge macht
nicht nur Carnet, sondern auch der russische Rubel eine Rundreise. Beide
haben eine gute Aufnahme gefunden.

der Kreuzberg

— Die Hitze ist groß, der Durst noch
! höher ivie der Eisfelthurm.

— Aus Ostafrika wird gemeldet, daß Wißmann die deutsche Kultur
j nachhaltig verbreitet. Eine neue Munitionssendung ist bereits unterwegs.

Petersburg. Das Kaiserreich ist der Friede; an der österreichi-
schen Grenze steht eine halbe Million Soldaten.

Belgien. Die Liberale» nennen sich nach der Spitzelaffaire „das
öffentliche Gewissen", — die Ultramontanen meinen, das sei „ein skanda-
löses Schauspiel". Wie mag das belgische Gewisse» wohl aussehen?

Rußlands einziger Freund.

Im Kreis der Seinen sitzt der Zar
Im gold'nen, reichgeschmückten Saale,
Man toastet aus ein junges Paar
Beim sefttichen Verlobungsmahle.

Cr knüpfte wohlgemuth das Band
Ter Politik, vielleicht auch Liebe:

Tie würd'gc Braut des Sohnes fand
Im Lande er der — Hammeldicbe.

9!och nicht genug! Sein Auge blitzt,
Als er erklärt voll bitt'ren Hohnes,
Tasr er nur einen freund besitzt:
Ten Schwiegervater seines Sohnes.
Cr sprach es ans, klar, voll und laut,
Tamit man's hinteres Thr sich schriebe,
Tah Ruhland Cincm nur vertrant
Tem Fürsten aller — Hammcldiebc.

Er sagte rund und klipp und klar,
Tie Hand am Glas mit edlem Weine,
Tasr es mit Ruhland treu und wahr
Nur Montenegros Herrscher meine.
Wie also jemals auch das« Bild
Ter Politik sich noch verschiebe,

Cr deckt mit Rußlands breitem Schild
Ten Fürsten aller — Hammeldiebe.

Ter Riese war von jeher hold
Jedwedem stammverwandten Zwerge:
Es flieht alljährlich schönes Gold
Bon Ruhland in die schwarzen Berge.
Wer aber hätte je gedacht,

Tasr er so weit die J-renndschast triebe,
Tem Sohn zu wählen mit Bedacht
Tie Brautim Land der - Hammeldiebe?

Tah er so „schneidig" und bestimmt
Belobigt die Montenegriner
Wahrscheinlich hat c& bah verstimmt
Tie Herren Römer wie die Wiener.
Auch in Paris traf wohl das Wort
Ans Zarenmnnd gleich einem Hieben
Cr zieht uns vor zu Hohn und Tort
Ten J-ürsten aller — Hammeldiebe!

Tie Herrn tut Tiplvmatcnsrark
Sie haben s wohl perplex gelesen;
Man schlägt bekanntlich ans den Sack
Und Langohr ist gemeint gewesen.
Waö Treue und was Bruderschwur!
Wer bürgt uns, dah er nicht zerstiebe?
Wir haben einen Bruder nur —

Ten J-ürsten aller — Hammeldiebe!

Tie Andern bieten nur den Schein
llnd sind beweglich wie die Wellen;

Sic suchen heimlich uns ein Bein
Im kritischen Moment zu stellen.

Sie sind voll Eifersucht und Hah,

Und wenn nur Krieg als Ausweg bliebe,
So wär' ans Einen nur Bcrlah —

Ten Fürsten aller — Hammeldiebe.

Wann hätte Ruhland je gefrommt
Des JranzniannS flüchtige Cxtasc?

Cr schnipst uns, wenn's zum Klappen kommt,
Den Kirschkern spöttisch an die Nase.

9kur eine Freundschaft ward zu Thcil
Dem Russenreich, die nichts zerriebe;

Und darum nochmals: „Glück und Heil
Tem J-ürsten aller — Hammeldiebe!"

'-m


Zu beziehen durch L. Langer, Buchhandlung in Chemnitz.
 
Annotationen