Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 120.

Preis pro Nummer L« Pfennig.

1801.

Erscheint monatlich zweimal.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Kolporteure, sowie durch die Post (eingetragen unter Nr. 6491).

Blitzdrahtmeldungen.

Berlin. Die Nationalliberalen planen eine größere Annäherung
an die Regierung. Einig« besonders strebsame Parteimitglieder haben
sich an «inen bekannten «autschukmann gewendet und nehmen Unterricht
im Bauchrutschen.

Köln. DaS HermannS-Denkmal soll abgerissen und daf»r «in
StefanS-Denkmal errichtet werden, weil die Metzelei im Teutoburger
Walde ja doch nur zu Gunsten der Stesan'schen Posttarife vollzogen wurde.

Oesterreich. Infolge raschen Temperaturwechsels trat Glatteis
ein, welches mehrere Unfälle zur Folge hatte. Es fiel z. B. der Finanz-
minister Dunajewsky so gründlich, daß er nie mehr seinen Sitz ein-
nehmen kann. AuS dem benachbarten Italien wird ein ganz ähnlicher
Unfall gemeldet, der seltsamer Weise nirgends Bedauern erweckt.

Belgien. Die Armee ist wegen umstürzlerischer Umtriebe poli-
zeilich aufgelöst worden. Die Sozialdemokraten haben auf Ansuchen
der Regierung den öffentlichen Sicherheitsdienst übernommen.

> Das Banner, -essn-

PflOQFlAfWs

der

Sozialdemokrat;
Partei

Q0THA-f8<T,

In einem Volk, das
hart bedrängt
Von einem Nachbar-
stamme,

Trat auf ein kühner
Mann und schürt'
Der Freiheitsliebe
Flamme

Und sammelt' um sich
eine Schaar,

Die tapfer und ent-
schlossen war,

Zu Kämpfen sür die
Freiheit.

Zur selben Zeit, als
solches sich
Im Osten hat be-
geben,

Ermannte stch im Westen auch
Das Volk, stchzu erheben.

Zwei wack're Männer hatten dort
Mit ihrem Kraft- und Feurrwort
Zum Kampf entstammt die Massen.

Die beiden Schaaren zogen aus
Zum guten Freiheitskriege,

Bestanden manches Treffen Heist,
Erfochten manche Siege.

Doch jede stritt für stch allein.

Anstatt mitsammen im Verein;

Sie grollten auch einander.

Da rief einmal ein kluger Mann:
„Weshalb stnd wir geschieden?

Lgstt uns vergessen jeden Groll,
Vereinen uns in Frieden!

Vereinigt stnd wir mächtig. Für
Das gleiche Ziel ja kämpfen wir,
Für unsres Volks Befreiung!"

Und so geschah'«: Zu Einem Heer
Sich beide jetzt vereinten
Und stützten Furcht und Schrecken ein
Bald ihren mächt'gen Feinden.

Die wichen immer mehr und mehr
Zurück vor dem vereinten Heer,

Das stärker täglich anschwoll.

Ein grostes, xrächt'ges Banner auch
Verfertigen ste liesten,

Mit Gold- und Farbenstickerei,
Emblemen und Devisen.

Was einst auf beiden Fahnen stand,
Man hier so gut es ging verband,
Um beiden zu genügen.

Und eines Tags kam in das Heer
Ein hochberühmter Meister,

Als Künstler wie als Philosoph
Einer der gröstten Geister.

Als er das Banner angefchaut,

War er davon nicht sehr erbaut,
Begann die Stirn zu runzeln.

AnBild und Schrift und Wort und Sinn
Wustl' viel er auszusrtzen.

Und auch die Stickerei sei nicht
Gemäst den Kunstgrsetzen.

„Des hohen Ziels, dem wir uns weihn,
Must auch das Banner würdig fein.
Doch dieses ist's mit Nichten/' —

„Wir lassen", sprach ein Veteran,
„Den scharfen Tadel gelten.

Doch wollet, grostrr Meister, drum
Nicht unser Banner schelten.

Bedenkt, es war ein Komxromist
Der beiden Heere; was gewist
So manchen Fehl entschuldigt.

Bedenkt noch: wenn das Banner auch
Der Mängel hat gar viele,

Enthält es unzweideutig doch
Den Kernpunkt unsrer Ziele.

Denn Freiheit und Gerechtigkeit!
Sind ihm mit klarer Deutlichkeit
In Goldschrifi eingewoben.

Ein neues Banner schaffen wir.

Ihr sollt's mit Lust betrachten;

Wir schätzen Euch. Doch wollen wir
Das alte nicht verachten.

Dem Banner, das uns hat geführt
Von Sieg zu Siegen, ihm gebührt,
Dast wir's in Ehren halten."

J. st.
 
Annotationen