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Beilage zum „Mahren Wcob" Or. 168.

Dcrs golöene Kctlfc*

uf ßogem Zocket stand es einst, dicht vor des Kogepriesters Aktt,
Der selber es ats Götzenbild dem blinden Botte ausgestellt;
Es ftraßlte durch der Wüste Grau weit sein verfüHrerischer Glanz
And Mann und Weib bewegte sich in schamlos tollem Wirbeltanz.

Da stieg vom Serge der Prophet, im grauen Barte, ernst und

streng,

Er trat heran zum Götzenbild durch all' der Tanzenden Gedräng;
Zn heil'gem Zorn griff er das Sild und stürzt' cs von dem Piedestal
And von des gotdne» Kalbes Zturz scholl rings umher das

Fclsenthal.

Der Thoren Klasse floh entsetzt, aus einem bösen Traum erwacht,
So hat gewaltig der Prophet dem tolle» Zpuk ein End' gemacht;
Gebebt hat jedes Mal die Welt, wenn solch' ein falscher Götze fiel,
Doch fallen muß, was Trug und Schein, in der Geschicke Wechsel-

spiel.

And heute wieder ausgestellt auf seinem Sockel hoch und dreist,
Seht ihr ein mächtig Götzenbild, das durch die Länder glänzt und gleißt.
Es ist das alte goldne Kalb, ihr klugen Männer kennt es wohl;
Bon außen glänzt das blanke Gold, doch innen ist es falsch und hohl.

And wieder geht der Wirbeltanz rings um des Götzenbildes Schein —
Sieh Mt und Hung und Mann und Weib, wie Hüpfen sie im tollen

Reiß'n!

Der Menschen Würde ist dahin und zu den Kunden floh die Scham,
Knbetend wirft sich in den Staub, was Alles da zusammen kam.

Doch Mancher schaut, vom Aorn erfaßt, zum Berg empor und sinnt

und schweigt -

Ob denn nicht wieder ernst und stark dort ein Prophet herniedevsteigt?
O seid getrost und seid gewiß — ein Retter stellt auch hier sich ein;
Doch nehmt ihn immer, wie er kommt; es braucht auch kein Prophet

zu sein.

Zn Zugendkraft wächst er heran zur künftigen Sefreiungsthat,

Schon reckt er seiner Glieder Macht, der Riese Proletariat;

Es stürzt das Götzenbild herab vom Sockel, drauf man es gestellt —

Aus ihrem wüsten Lranm erwacht, vom goldnen Kalb befreit, die Welt.

Ambrosius Atrohkostf

im Arirhsksgr.

6b mit Militärdebatten

Sich der Reichstag zum £ matten
Kurilen muß, uns kümmert's nicht.

Denn für uns nur hat Gewicht,

Was die Innung fördert.

Unsre Wünsche legten wieder
Drum im hohen Haus wir nieder;
Ackermann, der geht voran.

Hat die größten Stiefeln an
Und die weiße Weste.

Kb vermehrt das Militär wird
Sb dem Volk die Last zu schwer wird.
Dies bewegt nicht unser Herz,

Gilt doch unser einz'ger Schmerz
Dem Befähigungsnachweis.

Außerdem uns kränkt das Line,

Daß vielleicht Uonsumvereine
Ihre Waaren reichen dar
Einem, der nie Mitglied war —

Dies muß man bestrafen.

ferner macht es uns viel Rümmer,

Und es stört uns oft den Schlummer,
Daß es noch Hausierer giebt.

Und daß mancher Räufer liebt
Abzahlungs-Bazare.

Steht dies Alles unter Strafe
Und darf scheeren seine Schafe
Rur das Jnnungsmeisterlein,

Dann kehrt wieder Freude ein
Bei den Zunftgenossen.

Drum — die Heereslast gebilligt,

Reue Steuern froh bewilligt,

Wenn zum Schutz der Zünstlerei
Eintritt nur die Polizei —

Dies ist unsre Losung!

Der

Jesuit kommt.

hl neuen Jahr wird's
Ernst mit dem Je-
suiten IDieSchwar-
zen iverdcn ihn dies-
inal nicht unter den
Tisch fallen lassen,
sondern die Regie-
rung selbst muß ihn
auf den Tisch des
Hauses niederlegen,
als Tausch-Objekt,
um dafür neunzigtausend
Soldaten einzuhandeln, wie
vr. Peters in Afrika seine
Glasperlen bietet, um Elephantenzähne zu erhalten.

Es ist Alles in der Welt wandelbar; der Jesuit,
welcher einst den Grundsatz proklamirte: „Der
Zweck heiligt das Mittel" — er ist selbst zum
profanen Mittel geworden, dessen Zulässigkeit
davon abhängt, ob der Zweck, die Militärver-
mehrung, erreicht wird. Die Schwarzen dürfen,
wenn sie siebzig Millionen bewilligt haben, nicht
mit leeren Händen vor ihre Wähler treten, sie
müssen für das viele Geld etwas mitbringen, und
da bringen sie die biedern „Vater Jesu" mit den
langen Gewändern und den schwarzen Hüten.

Wohl werden die Wähler über dieses Geschenk
verwundert sein — aber nichts wird der Ueber-
raschnng gleichen, mit welcher die Jesuiten selbst
das jetzige Deutschland anschauen werden.

Sie haben gedacht, wunder wie schlau sic
waren mit ihrer alten Jesuitenmoral, die sich
immer der Zweckmäßigkeit und dem Nutzen des
Ordens unterordnete. Wenn sie damit jetzt noch
imponiren wollen, wie müssen sie sich enttäuscht
fühlen! Die harmlosen Anfänge Ignaz Loyala's
haben sich in Abwesenheit der Jesuiten ein wenig
ausgewachsen und die ganze herrschende Gesell-
schaft huldigt einem Jesuisismus, den: gegenüber
die wegen ihrer „Gefährlichkeit" ausgewiesenen
Jesuiten unschuldige Waisenkinder sind.

Mögen die frommen Väter den Bismarck an-
schauen, der sie einst ausgewiesen! Gab es wohl
je einen Menschen, der diesen: Meister der Heuchelei
glich? Welcher Jesuit brächte es fertig, mittels
Fälschungen und Provokasionen die Nation in
einen Krieg zu treiben und diesen Krieg obendrein
den „heiligen Krieg" zu taufen? Und die kleinen
Staatsmänner, wie ahmen sie den: „großen" nach!
Sie malen Franzosen und Russen an die Wand,
um ein starkes Heer gegen den „innern Feind"
zu haben; die Schutzzöllncr reden von Hebung
des Nationalwohlstandes, wenn sie die Nation
ausrauben; die Freihändler reden von der freien
Konkurrenz, bei der die Arbeiter verhungern; die
Liberalen reden von Preß- und Redefreiheit, wäh-
rend die Gerichte achtzig Jahre Gefängniß in einem
einzigen Jahre über Presse und Rede verhängen —
kurz, die „Väter Jesu" müssen ihr Antlitz ver-
hüllen und bekennen: wir sind überflügelt, man
braucht uns nicht mehr, mit der Moral der heu-
tigen Gesellschaft kann kein Jesuit konkurriren.

So werden die Jesuiten, die lange Verbannten,
auch in der ultramontanen Partei nur noch die
Geduldeten, die Untergeordneten sein, und das
wird sie wurmen. Sie sind trotz alledem nicht
auf den Kopf gefallen; sie werden erkennen, wie
vieles faul in der Partei der Schwarzen ist, sie
werden die Unzufriedenen sein, werden opponiren
und eines schönen Tages werden sich die Jesuiten
entpuppen als die Sozialdemokraten des
Klerus. , ,,

Sächsischer Trost.

Und gommen die Schdeiern ooch dicke.

Und machen uns viel Beschwerden —

Der sächs'sche Gaffee zum Glicke
Gann nich mehr dinner werden.

Nus der Landstraße.

Bruder Straubinger: Woher hast Du
denn so erfolgreich fechten gelernt, Kamerad?

Bruder Berliner: Natürlich in Berlin! Ick
war uff de Reichstagstribüne, und habe Caprivi'i:
und Miqueln zujehorcht, wie sie eene Million un:
die andere aus das hohe Haus rauslocken, — det
is lehrreich for Unsereenen!
 
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