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Beilage zum „Mahren Zaenü" Lr. 171.


^ ^crschingssreuöe.

öes Kaschings buntem Reigen
W Msik und AichterglanZ,
^uftig tönen Horn nnö Geigen,
Iröhltch wogt der KaskenianZ.
sollen uns nicht länger grämen
Wer nnfre böse Zeit,

Ieöen Hypochonder zähmen
Aoll öes Kaschings Heiterkeit.

Peches, freundliches Geflüster
Ruterm deckenden Aisir:

Krennd der Kreiheit! nicht so düster!
Dieses Jest, es gilt auch dir!

Hieb, in solchem Kaschingstreiben
diegt öie Tyrannei ein Aoch,

Darfst tzn reden nicht, noch schreiben -
Aachen, lachen darfst du doch!

Aachen über Diplomaten,

Aachen über weise Herrn,

Sie allein nur in Soldaten
Seh'n des Reiches Glück und Stern,
Sie, die KehrkraftZn erhöhen,
Anablässig sind bemüht,

And den Uothstanö übersehen,

Ser die Uährkraft uns entzieht.

Aachen über Kamuronsgrötzen,

Sie im Kebermuth sich bläh'«,

Sie den Krveitsmann, den bösen,

Kn der Kette möchten feh'n,

Sie im Schatten der Haläste
Treiben möchten SklavenZucht -
Aacht sie ans, das ist das beste.
Spottet ihres Kornes Kncht.

Große Reiche hat's gegeben,

Olütige Tyrannen drin,

Koch die Kreiheit blieb am Aeben,
Sie Tyrannen sind dahin.

And wer heute Zu begraben
Glaubt die Kreiheit, kalt und starr,
Hochend auf Gott Kammons Gaben,
Hst ein ausgemachter Karr.

Krum von euren Küßen schüttelt
Kicht des Katerlandes Staub,
Trotzet Hedem, der euch büttelt,
Kallt dem Kleinmuth nichtZum Raub.
Heugt euch nicht vor Kammons Throne,
Aachet, lacht aus voller Grnst
Allem Karrenthum Zum Hohne -
Sas ist wahre Kaschingslust. m.«.

Der falsche Bürgermeister.

Line Rarnevals-Scschichte.

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ff.

fic Kasino-Gesellschaft hatte sich's etwas
kosten lassen, um ihren Maskenball groß-
artig zu gestalten.

Saal und Gallerten waren in ein maurisches
gruppe,, m umgewandelt — Säulengänge, exotische Pflanzen-

Musikchö,., ^. "chins, teppigbelegtc Gänge, lauschige Kabinets. Mehrere

.'Bierttin "^en lustige Weisen ertönen; die Kellerhallcn waren zum
mwüi eingerichtet.

Die Honoratioren der Stadt zeigten sich vollzählig vertreten; wer „ein
bischen was war," durfte auf dem Maskenfeste des Kasinos nicht fehlen.

Schon war die erste, die „nüchterne" Ballstunde vorüber. Die Gäste
fingen an, sich an die seltsamen Kostüme, die sie trugen, zu gewöhnen,
das Treiben belebte sich, die Sttmmung wurde animirter.

Nur eine Gruppe von älteren Bürgern der Stadt, in Trachten von
Rathsherren des sechzehnten Jahrhunderts gehüllt, fomtte auch hier die
gewohnte Stammtisch-Kannegießerei nicht lassen. In einer Ecke des Saales
saßen sie beim Wein und steckten die Köpfe zusammem Es war ein
Gespräch über den Leiter der städtischen Geschäfte im Gange.

„Ist er schon da?"

„Wer? Der Bürgermeister? . . . Hab' ihn noch nicht gesehen; er
kommt als König Philipp der Zweite — ich weiß es bestiinmt."

„Das Kostüm eines Tyrannen — ganz passend für ihn."

„Ein schneidiger Herr, allerdings; das beweist seine neueste That."

„Was hat er denn schon wieder unternounnen?"

„Das hiesige Sozialisten-Nest hat er ausgehoben; die Rothe Schenke,
der einzige Versammlungs- und Zufluchtsort der Umstürzler auf zehn
Meilen in der Runde, wird morgen geschlossen."

„Oho, wie ist das möglich? Der Besitzer, der starrsinnige Eckhoff,
selbst ein Sozialdemokrat, war doch durch kein Mittel zu bewegen, den
Rothen sein Lokal zu verschließen!"

„Gutwillig fügt er sich auch nicht; aber Militärverbot, Verweigerung
der Tanzerlaubniß u. s. w. haben ihre Wirkung nicht verfehlt, das Hans
ist mit Hypotheken schiver belastet. Diese Hypotheken hat der Bürger-
meister aus eigenen Mitteln angckauft, gekündigt und verjagt nun den
alten Besitzer."

„Das ist allerdings schneidig."

'„Beinahe rücksichtslos . . ."

„Aber das ist noch nicht Alles; der Stadtschreiber Urban, welcher
gegen die Ausräubung Eckhoff's, seines Verivandtcn, protestirte und den
Bürgermeister darüber zur Rede stellte, wird aus dem Dienst entlassen."

„Wie? Urban — diese fähige Kraft?"

„Allerdings; er war der Famulus des vorigen Bürgermeisters und
hat sich dem gegenwärtigen schon sehr nützlich gen,acht — aber die
Schneidigkeit über Alles, denkt unser Stadtgewaltiger . . ."

„Still, da kommt er."

In der That, Philipp der Zweite, der spanische Tyrann, näherte sich
der Gruppe; eine hohe Gestalt, das Gesicht mit der Maske bedeckt.

„Seid nur willkonnnen in Madrid," sagte er würdevoll.

Die Bürger boten ihm einen Labetrunk; er lüftete ein wenig die
Maske, um Bescheid zu thun. Wenn man in Zweifel gewesen wäre, ob
dieser König Philipp wirklich das Stadtoberhaupt sei, so wurde dieser
Zweifel gehoben, die Zunächststehenden erkannten ihn, als er die Maske
 
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