Vellage zum Wahren Zarali Lr. 176.
Mir wollen den Achtstundentag,
nd schwängen auf die Kanzeln sich
Allwärts die Priester und Pastoren,
Verdammten laut und feierlich
Vas Ziel, das glühend wir erkoren
Und riefen Blitz und Donnerschlag
Herab mit Beten und mit Singen —
Ls komme, was da kommen mag,
wir werden den Achtstundentag
Dennoch erkämpfen und erringen!
Vom Volk der Arbeit wird das Wort
von den acht Stunden nie vergessen —
wie Leuer wird es fort und fort
In allen Landen um sich fressen;
Und mögt ihr euch zum widerstand
Mit hohen Schwüren auch verbinden —
Das Volk, das diese Losung fand,
wird mit der harten, braunen Hand
Luch den Achtstundentag entwinden!
was euch bei uns zu Kopfe stieg.
Gewährt ihr murrend unfern Kindern;
verzögern könnt ihr unfern Sieg,
Allein ihn nimmermehr verhindern.
Mag da und dort der Uuf noch zag
Und schüchtern an das Mhr euch klingen —
Vas Volk, das euch zu Lützen lag,
wird einstmals den Achtstundentag
von euch gebieterisch erzwingen.
Ihr werdet's widerwillig thun,
Denn sauer darf der Apfel heißen.
Doch wird das Volk nicht eher ruh'n,
Bis euch's beliebt hineinzubeitzen.
Kein Anlatz ist's zu Lestgelag
Für euch, auch nicht zu Lreudenfchüsscn,
Doch wie der Herr sich sperren mag,
Lr wird in den Achtstundentag
Sich doch am Lnde fügen müssen.
Wohl herrschte früher sich's bequem,
Als Alles Demuth war und Schweigen,
Doch find wir nicht wie ehedem
Mit Leib und Seele euer eigen.
Wohl wird es für den Mehrertrag,
Den ihr gewohnt zu kalkuliren,
Lin mörderischer Nackenschlag,
Doch wird man den Achtstundentag
Gerade deshalb euch -iktiren.
wir jammern und wir bitten nicht.
Bis euer Mitleid wir gefunden,
wir sehen frei euch ins Gesicht
Und fordern ruhig die acht Stunden.
Und ob ihr zeternd widersprecht —
wir wollen lernen, wollen wissen!
Das wissen ist kein Hcrrenrecht;
Drum wird in ehrlichem Gefecht
Luch der Achtstundentag entrissen!
DeF Jürgen Maifeier.
(Q_S>
Unterholz war schon reichlich ins Laub ge-
gangen, die weißen Birkenstämme trugen
ihren zarten, grünen Blattschmuck auf
schlanken Zweigen, aus dem Moose hoben
die Himmelsschlüssel ihre schmalen, langen Kelche,
und blaue Leberblumen, weiße Schneeglöckchen und verstohlene
Veilchenknospen drängten sich aus dem schwarzen Erdreich.
Auf der Feldflur, die ihre letzten Aecker bis zum
Waldrain vorschob, schoß die Saat in die Höhe, wogend,
schwankend, dem Schnitter heiße Arbeit versprechend;
Jürgen hatte, als er in den Wald ging, im Felde
eine ganze Brut Lerchen gesehen, die in das sonnige
Thal hinein munter tirilirte.
Auch Jürgen verspürte an diesem Morgen ein
urkräftiges Behagen. Die alten, hinter'm Pflug steif
gewordenen Glieder schienen biegsamer, sein Schritt
klang fester, und die linde, mild-kräftige Bergluft spielte
ihm wohlig um die ergrauten Schläfen. Dort unten,
eine Wegstunde hinter ihm lag das Dorf, ein Haufen
winkliger, verfallener, dumpfer Hütten und Häuschen,
aus Fachwerk und Holz gebaut, die Gassen schmal,
eng, grundlos. Daheim und auf dem Acker gab es der
Arbeit übergenug. Er konnte sie kaum zwingen, die
Feldarbeit, das Pflügen, das Säen, das Bestellen, er,
seine alte Frau und seine Tochter. Und einen Knecht
halten, du mein, dazu langte es nicht. Er mußte froh
sein, der Jürgen, wenn er sein täglich Brot sich er-
plackte und den Zins, den säuern, säuern Pachtzins
für das Stückchen Kartoffelland, das er vom gnädigen
Herrn hatte pachten müssen, um etwa nicht ganz unter'»
Schlitten zu kommen. Und dann die verfluchte Hypothek;
der Meyer Cohn war ein pünktlicher Mann, so sagte der Meyer
Cohn, und will die fälligen Zinsen haben auf den Point.
Ja, wenn der Fritz noch lebte! Jürgen wischte sich mit dem
rauhen Handrücken die Augen. Vor einem Jahr hatten sie
ihn ausgehoben, des Königs Rock zu tragen. Singend, bunte
(Fortsetzung auf Seite 1456.)
Mir wollen den Achtstundentag,
nd schwängen auf die Kanzeln sich
Allwärts die Priester und Pastoren,
Verdammten laut und feierlich
Vas Ziel, das glühend wir erkoren
Und riefen Blitz und Donnerschlag
Herab mit Beten und mit Singen —
Ls komme, was da kommen mag,
wir werden den Achtstundentag
Dennoch erkämpfen und erringen!
Vom Volk der Arbeit wird das Wort
von den acht Stunden nie vergessen —
wie Leuer wird es fort und fort
In allen Landen um sich fressen;
Und mögt ihr euch zum widerstand
Mit hohen Schwüren auch verbinden —
Das Volk, das diese Losung fand,
wird mit der harten, braunen Hand
Luch den Achtstundentag entwinden!
was euch bei uns zu Kopfe stieg.
Gewährt ihr murrend unfern Kindern;
verzögern könnt ihr unfern Sieg,
Allein ihn nimmermehr verhindern.
Mag da und dort der Uuf noch zag
Und schüchtern an das Mhr euch klingen —
Vas Volk, das euch zu Lützen lag,
wird einstmals den Achtstundentag
von euch gebieterisch erzwingen.
Ihr werdet's widerwillig thun,
Denn sauer darf der Apfel heißen.
Doch wird das Volk nicht eher ruh'n,
Bis euch's beliebt hineinzubeitzen.
Kein Anlatz ist's zu Lestgelag
Für euch, auch nicht zu Lreudenfchüsscn,
Doch wie der Herr sich sperren mag,
Lr wird in den Achtstundentag
Sich doch am Lnde fügen müssen.
Wohl herrschte früher sich's bequem,
Als Alles Demuth war und Schweigen,
Doch find wir nicht wie ehedem
Mit Leib und Seele euer eigen.
Wohl wird es für den Mehrertrag,
Den ihr gewohnt zu kalkuliren,
Lin mörderischer Nackenschlag,
Doch wird man den Achtstundentag
Gerade deshalb euch -iktiren.
wir jammern und wir bitten nicht.
Bis euer Mitleid wir gefunden,
wir sehen frei euch ins Gesicht
Und fordern ruhig die acht Stunden.
Und ob ihr zeternd widersprecht —
wir wollen lernen, wollen wissen!
Das wissen ist kein Hcrrenrecht;
Drum wird in ehrlichem Gefecht
Luch der Achtstundentag entrissen!
DeF Jürgen Maifeier.
(Q_S>
Unterholz war schon reichlich ins Laub ge-
gangen, die weißen Birkenstämme trugen
ihren zarten, grünen Blattschmuck auf
schlanken Zweigen, aus dem Moose hoben
die Himmelsschlüssel ihre schmalen, langen Kelche,
und blaue Leberblumen, weiße Schneeglöckchen und verstohlene
Veilchenknospen drängten sich aus dem schwarzen Erdreich.
Auf der Feldflur, die ihre letzten Aecker bis zum
Waldrain vorschob, schoß die Saat in die Höhe, wogend,
schwankend, dem Schnitter heiße Arbeit versprechend;
Jürgen hatte, als er in den Wald ging, im Felde
eine ganze Brut Lerchen gesehen, die in das sonnige
Thal hinein munter tirilirte.
Auch Jürgen verspürte an diesem Morgen ein
urkräftiges Behagen. Die alten, hinter'm Pflug steif
gewordenen Glieder schienen biegsamer, sein Schritt
klang fester, und die linde, mild-kräftige Bergluft spielte
ihm wohlig um die ergrauten Schläfen. Dort unten,
eine Wegstunde hinter ihm lag das Dorf, ein Haufen
winkliger, verfallener, dumpfer Hütten und Häuschen,
aus Fachwerk und Holz gebaut, die Gassen schmal,
eng, grundlos. Daheim und auf dem Acker gab es der
Arbeit übergenug. Er konnte sie kaum zwingen, die
Feldarbeit, das Pflügen, das Säen, das Bestellen, er,
seine alte Frau und seine Tochter. Und einen Knecht
halten, du mein, dazu langte es nicht. Er mußte froh
sein, der Jürgen, wenn er sein täglich Brot sich er-
plackte und den Zins, den säuern, säuern Pachtzins
für das Stückchen Kartoffelland, das er vom gnädigen
Herrn hatte pachten müssen, um etwa nicht ganz unter'»
Schlitten zu kommen. Und dann die verfluchte Hypothek;
der Meyer Cohn war ein pünktlicher Mann, so sagte der Meyer
Cohn, und will die fälligen Zinsen haben auf den Point.
Ja, wenn der Fritz noch lebte! Jürgen wischte sich mit dem
rauhen Handrücken die Augen. Vor einem Jahr hatten sie
ihn ausgehoben, des Königs Rock zu tragen. Singend, bunte
(Fortsetzung auf Seite 1456.)