1464
wieder Besitzer von der Fabrik und's scheene Haus. Ganz gewiß.
Herr Schindler, so is es. der Herr Rechtsanwalt, der noch nebenan
im Wohnhaus is. werd Se's bestätigen."
Nun war es aber an den Mitgliedern der Deputation, große
Augen zu machen. Sie wollten zum Fabrikanten, um ihn zur Ein-
führung der zehnstündigen Arbeitszeit zu bewegen, und mittlerweile
hatten sie den Fabrikanten selbst in der Deputation.
Die Aeußerung des Portiers fand bald ihre Bestätigung durch
den herbeigerufenen Rechtsanwalt. Der alte Habicht war ohne
Testament gestorben und danach war Schindler als einziger noch
lebender Verwandter der Erbe. Er trat wieder in den Besitz der
Fabrik und hatte nun zu entscheiden, wie es ferner mit der Arbeits-
zeit gehalten werden sollte.
„Nun wird er wieder ein Protz werden." meinten einige Pessimisten.
Aber damit thaten sie ihm doch Unrecht; die Schule des Lebens
hatte ihn zu einem andern Menschen gemacht. Er konnte die Tage
am Schraubstock nicht vergessen, er wußte jetzt, was die Arbeiter
wirken, fühlen und leiden. Schindler verkündigte, daß er ihren Wunsch,
die zehnstündige Arbeitszeit einzuführen, unbedingt ablehne. Er wolle
vielmehr sofort den achtstündigen Arbeitstag in seiner Fabrik ins
Leben rufen, außerdem werde er zum Wohle der Arbeiter Alles ins
Werk setzen, was sich innerhalb der heutigen Produktionsweise zu
ihren Gunsten thun lasse.
Unter solchen Umständen verlief die Feier des ersten Mai in
der Fabrik sehr heiter. Schindler hielt Wort, er läßt nur acht Stunden
arbeiten, zahlt anständige Löhne, und das Unternehmen prosperirt
jetzt, denn Jeder thut seine Schuldigkeit, ohne daß es der Androhung
von Strafen bedarf.
Möge jeder Fabrikant eine Zeit lang als Arbeiter in Reih und
Glied stehen, wie unser Schindler es hat thun müssen, und der erste
Mai würde bald ein Markstein der fortschreitenden Kultur sein, wie
keiner zuvor.
jfit, mit Stolr kann jeder Deutsche
Schauen aus das Vaterland,
Wo man seine Neblingsspeise
Fabrizirl mit kund'ger Hand.
Hurtig, hurtig, ihr Gesellen,
Scheut den Hunger nicht und Durst,
Vis das hohe Ziel erreicht ist:
Jedem Deutschen seine Wurst!
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
wieder Besitzer von der Fabrik und's scheene Haus. Ganz gewiß.
Herr Schindler, so is es. der Herr Rechtsanwalt, der noch nebenan
im Wohnhaus is. werd Se's bestätigen."
Nun war es aber an den Mitgliedern der Deputation, große
Augen zu machen. Sie wollten zum Fabrikanten, um ihn zur Ein-
führung der zehnstündigen Arbeitszeit zu bewegen, und mittlerweile
hatten sie den Fabrikanten selbst in der Deputation.
Die Aeußerung des Portiers fand bald ihre Bestätigung durch
den herbeigerufenen Rechtsanwalt. Der alte Habicht war ohne
Testament gestorben und danach war Schindler als einziger noch
lebender Verwandter der Erbe. Er trat wieder in den Besitz der
Fabrik und hatte nun zu entscheiden, wie es ferner mit der Arbeits-
zeit gehalten werden sollte.
„Nun wird er wieder ein Protz werden." meinten einige Pessimisten.
Aber damit thaten sie ihm doch Unrecht; die Schule des Lebens
hatte ihn zu einem andern Menschen gemacht. Er konnte die Tage
am Schraubstock nicht vergessen, er wußte jetzt, was die Arbeiter
wirken, fühlen und leiden. Schindler verkündigte, daß er ihren Wunsch,
die zehnstündige Arbeitszeit einzuführen, unbedingt ablehne. Er wolle
vielmehr sofort den achtstündigen Arbeitstag in seiner Fabrik ins
Leben rufen, außerdem werde er zum Wohle der Arbeiter Alles ins
Werk setzen, was sich innerhalb der heutigen Produktionsweise zu
ihren Gunsten thun lasse.
Unter solchen Umständen verlief die Feier des ersten Mai in
der Fabrik sehr heiter. Schindler hielt Wort, er läßt nur acht Stunden
arbeiten, zahlt anständige Löhne, und das Unternehmen prosperirt
jetzt, denn Jeder thut seine Schuldigkeit, ohne daß es der Androhung
von Strafen bedarf.
Möge jeder Fabrikant eine Zeit lang als Arbeiter in Reih und
Glied stehen, wie unser Schindler es hat thun müssen, und der erste
Mai würde bald ein Markstein der fortschreitenden Kultur sein, wie
keiner zuvor.
jfit, mit Stolr kann jeder Deutsche
Schauen aus das Vaterland,
Wo man seine Neblingsspeise
Fabrizirl mit kund'ger Hand.
Hurtig, hurtig, ihr Gesellen,
Scheut den Hunger nicht und Durst,
Vis das hohe Ziel erreicht ist:
Jedem Deutschen seine Wurst!
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.