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1467

Jur Leyrlingsfrage.

von Ambrosius Strohkoxf.

Prügel muß er auch bekommen,
Daß er, wenn man ihn genommen
Als Rekrut zum Militär,

Schläge schon von früher her
Rennet und gewöhnt ist.

Höret, Meister, Zunftgenossen!
Meiner Weisheit ist erflosfen
Der Beweis, daß ganz allein
Darf ein Lehrlingszüchter sein.
Wer zur Innung zählet!

Br nur kann fürs ganze Leben
Seinem Lehrling Schulung geben.
Und ihn weih'n in Alles ein —
Was die Zierde ist allein
Lines braven Bürgers.

So im Hause und im Karten
Muß der Lehrling Rinder warten.
Daß er sich erfahren zeigt,

Wenn ihm selber einst vielleicht
Rinder schenkt der Himmel.

Muß mit wenig sich bescheiden,
Muß auch manchmal Hunger leiden.
Dulden und zufrieden sein,

Sonst geräth er bald hinein
Ins soziale Lager.

So den Lehrling zu dressiren,

Für die Zukunft präpariren.

Das kann nur das Zünftlerthum,
Drum das Privilegium
Solls darauf erhalten.

^-.Vobrlspästnr. -sv«-

Pfingsten naht! die frohe Kunde
Schlägt in alle Hütten ein.

Laßt auf eine kurze Stunde
Fröhlich uns und glücklich sein.

Laßt die schwere Arbeit rasten,

Ruhen lasset Schwert und Pflug —

Neue Kämpfe, neue Lasten
Kommen immer früh genug.

Die Antisemiten haben von den alten Ur-
germanen, welche sie für ihre Stammväter
halten, nur das eine, daß sic unter sich un-
einig sind.

Ich mag die Jesuiten nicht
Und Hab' sic stets gemieden;
Jedoch die falschen Brüder sind
In ihrer Art verschieden.

Das Eine weiß ein jedes Kind
Und das begreift der Dümmste:
Der liberale Jesuit,

Das ist der allerschlimmste!

„Wir stehen im Zeitalter des Verkehrs," sagt man. Das
trifft namentlich zu auf den zahlreichen und lebhaften Verkehr der
Sozialdemokraten in den Gefängnissen.

Das Beispiel der Spar-Agnes wirkt ansteckend. Viele Leute haben
schon die „Freisinnige Zeitung" abbestellt, um das Abonnementsgeld zu

fParC"' Jbr getreuer Säge, Schreiner.

——

Aus der Schule.

Lehrer: Was thaten die Jünger, als zur Pfingstzeit der heilige
Geist über sie kam?

Fritzchen (Sohn eines Sozialdemokraten): Sie gingen auf die Land-
agitation.

ddr Zellenwand wundstoße, schreibe ich Euch, dem Netter, dem >
Beschützer der Unterdrückten, dem Ritter der verfolgten Un- !
schuld. Die furchtbare Choleraseuche des Jahres 1892 ist ein
Werk der Juden. In der Nacht vom vierten zum fünften j
April 1892 ist der bekannte Schlosser-Ede, Berlins berühm-
tester Einbrecher, in das Koch'sche Institut gedrungen. Er
begab sich in die Abtheilung, wo die Cholerabazillen in Rein-
kultur aufbewahrt werden, Dutzende sorgsam verschlossener
Glashülsen, Retorten, Näpfe. Da schwammen sie in Komma-
gestalt, die schlanken, zierlich gebauten, Tod bringenden Ba-
zillen, die Koch aus Indien mitgebracht hatte, sie zu züchten
und zu hegen. Die Gläser verschwanden mit Ede, und als
der Morgen graute, fuhren schon die Abgesandten der goldenen
Internationale nach Hamburg, vergifteten die Brunnen, ver-
pesteten die Wasserleitung, brachten Tod und Verderben über
die Hansestadt. Der Hamburger Handel sollte zu Grunde
gerichtet werden. So hatte die Allianz beschlossen. Weshalb?
Weil der Oberrabiner von Jerusalem sich den Magen ver-
dorben hatte mit Hamburger Rauchfleisch. Weil ich diese
Wahrheit verkündete, führte man mich nach Dalldorf. Sorgen
Sie, geliebter Meister, für eine Reform der Jrrengesetzgebung
und rotten Sie die Juden aus, womit ich verbleibe

Ihr Nikolaus Däskopp."

Nachdem Ahlwardt einen Schluck Nordhäuser
genommen, erhält das Wort

Pickend ach: Ich beantrage: Der Weinhandcl
wird verstaatlicht. Solche Verbraucher, die eine
mindestens einjährige antiseinitische Gesinnung
aufwcisen, die unbeschnittcn und auch sonst un-
bescholten sind, erhalten einen beliebig hohen
Kredit; Mahnungen sind verboten. Der Mani-
scstationseid ist abgeschafft.

Böckel: Stößt einem edlen, germanischen
Vorkämpfer der Tugend und Züchtigkeit ein
kleiner, aber schreiender Mißstand, ein Alimentar-
ereigniß zu, so haftet der im Gerichtsbezirke
wohnende reichste Jude für sämmtliche Kosten.
Beim Todesfall wird das Kind Miterbe nach
der Maßgabe der für Adoptivkinder geltenden
landesrechtlichen Vorschriften.

Werner: Der christliche Arbeiter, ich berufe
mich auf den ersten Nationalökonomen an Deutsch-
lands erster Hochschule, Professor Schmoller,

I empfindet gegenüber den christlichen Kapitalisten
verwandtschaftlich-sympathische Gefühle; vor dem
jüdischen Unternehmer aber hat er denselben Ab-
scheu, wie der Jude vor der Metzelsuppe. Ich
beantrage: Nur christliche Unternehmer dürfen
den Arbeitern das Fell über die Ohren ziehen.

Zimmermann: Ich fasse mich kurz. Meine
Forderung lautet: Die Presse wird unterdrückt,
nur die antisemitischen Blätter erscheinen weiter.
Jeder Reichsangehörige ist bei Gefängnißstrafc
nicht unter sechs Monaten verpflichtet, auf min-
destens ein Exemplar zu abonniren. Bedürftige er-
halten eine Zeitung unentgeltlich auf Staatskosten.

Stöcker: Ich lasse nun über die Anträge
int Einzelnen abstimmen. (Dies g-schi-ht.i Ich stelle
fest, daß jeder Antrag mit einer Stimme (der
des Antragstellers) gegen alle Sllmmen an-
genoinmeir worden ist. Für diesen glänzenden
Beweis der Eimnüthigkeit und Brüderlichkeit sage
ich Ihnen Allen meinen heißen Dank und fordere
Sie auf, unter meiner berufenen Obhut den
Bundesschwur auf das neue Prograinm zu leisten.

(Sie schwören. Alle halten die Rechte hoch und die linke
Hand mit nach unten ausgespreizten Fingern auf den Rücken,
wie es die altbayerischen Bauern zu machen pflegen, wenn sie
ihrer Sache nicht ganz sicher sind.)

Stöcker: Der Bund, der Antijüdli-Bund
ist geschlossen. Und nun, Brüder, Erleuchtete,
schreitet aus, die Saat zu streuen und redet in
allerlei Zungen.

Ahlwardt (der wieder von Nasenpolypen geplagt
wird, murmelt): Allerlei Zungen? Ochsenzungen
sind gut, aber Kalbszungen in Madeira-Sauce
sind mir lieber.

(Unter Absingung von „Deutschland, Deutschland über Alles"
verläßt die Fraktion das Lokal. Der Wirth pfändet Ahlwardt,
der zu bezahlen vergessen hat, die Taschenuhr, woraus Picken
bach droht, eine Klage wegen AuSwucherung gegen den Wirth
zu erheben.)

Europäischer Klodeöerichk.

fließt eine einflußreiche Richtung, welche die
vS1 ganze Welt in buntes Tuch einivickeln und
mit blanken Knöpfen verzieren inöchte. Das
Schwarz, welches am Rhein und in manchen
Gegenden Süddcutschlands viele Anhänger hatte,
beginnt unmodern zu werden und dagegen kommt
die rothe Farbe immer mehr in Aufnahme.

Die Herrenmoden sind in diesem Frühjahr
sehr verschieden. In nationalliberalen Zirkeln
trägt nran z. B. Beinkleider, die fast so weit
sind, wie das nationalliberale Gewissen. Da die
Kämpfer der nationalliberalen Partei geivöhnlich
ihr Herz in den Hosen tragen, so erweisen sich
die ausgiebigen Raumverhältnisse der letzteren als
recht praktisch.

Strohhüte sind trotz der warmen Witterung
besonders bei den Konservativen unbeliebt. Man
pflegt in dieser Partei das Stroh nicht auf,
sondern im Kopfe zu tragen, und begnügt sich
zur Kopfbedeckung mit der historischen A n g st r ö h r e,
welche in stimmungsvoller Weise die Angst vor
der Sozialdemokratie ausdrückt.

Als Fußbekleidung werden offiziell die Ga-
maschen des Bureaukratismus empfohlen,
in denen man nicht von der Stelle kommt; auch
die Reptilienblätter schreiben einen netten Stiefel,
aber diesen Erzeugnissen gegenüber ist noch immer
das von den Arbeitern getragene solide Schuh-
werk zu empfehlen, mit dem man nöthigenfalls
der Reaktion einen kräftigen Tritt versetzen kann.

Bei schlechter Witterung ist außerdem ein
Guminimantel ä la Ahlwardt zu empfehlen, an
welchem das schwerste Unwetter wirkungslos ab-
läuft.
 
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