1478
—>>» Vor der Schlacht.
schütteln würdevoll und stumm
Der: Wahlkampf aus der Toga Falten —
wir aber fragen, für wie dumm,
Für wie bornirt das Volk sie halten.
Man hofft, zu einem Leidensgang
Auf Menschenalter es zu zwingen!
Man hofft, weil einst der Bauernfang
Der Arglist des Kartells gelang,
Lr werde wiederum gelingen!
Von Bismarck haben das Gebell
Der ganzen Meute sie entliehen,
Um dem erschreckten Volk das Fell
Gemächlich übers Ohr zu ziehen.
Man hofft, macht man ihn: gruseln nur
Durch allerlei phantast'sche Schemen,
Ls werde, furchtsam von Natur,
Zu dieser herben Prozedur
Sich auch ein zweites Mal bequemen!
Man malt den Turko an die wand
Und einen struppigen Kofacken
Und meint, iin weiten Vaterland
Läufts kalt hinunter uns den Nacken.
Man hofft, für Herrn von Huene's plan
Die Mehrheit, die gefehlt, zu finden,
Man hofft, das Volk in seinem Wahn
wird sich — es hat's doch schon gethan!
Die Ruthe eigenhändig binden!
Begreiflich, aber irrig doch!
Bachab wird Fell ans Fell euch schwimmen,
Denn eure pauke hat ein Loch
Und eure Rechnung wird nicht stimmen,
was Michel einsah und begriff,
Sitzt fest im Einzelnen und Ganzen;
Lr kennt ihn nun, den Lockungspfiff,
Lr kennt den ganzen plumpen Kniff,
pfeift immerhin — er wird nicht tanzen!
Der preßhnfaren feiles pack
Verachtet er und ihr Geflunker;
Ihn steckt nicht wieder in den Sack
Der hochgeborne feiste Junker.
Ls wurde klar im harten Kopf
Und Michel wirft mit Nasenrümpfen
In einm und denselben Topf
Die Spießer mit dem Innnngszoxf,
Die Stiefel mit den Wadenstrümpfen.
Ob Fortschritt oder national
Verschiedne Nummern, gleicher Faden!
Lr hat nicht Lust, zuin zweiten Mal
Ihr Ränkespinnen auszubaden.
Mit beiden Fäusten fährt er drein
Und schlägt auf der xolit'schen Bühne
Die Gliederpüppchen kurz nnd klein
Und fegt im Nu die Szene rein
Vom ganzen Troß des Herrn von Huene!
Srei wollen wir sein!
'aut schallt ein Ruf durchs deutsche Land
vom Äodcusee zum Rordmkerstrand,
vom Alpengipfel bis ins Thal.
Wo nur die Arbeit leidet Nnal,
In jeder Werkstatt, jedem Grt,
Roch tief im Lchachte grollt es fort:
Krei von den Kesseln der Sklaverei
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Dort wo die Arbeit sä't und pflügt.
Das Brot zum Leben kaum genügt.
Auch in der Lchmiede düsterm Raum,
vom Zchiffesbord im wogenschaum,
vom Webstuhl, wo das Lchifflein fliegt.
Und wo die Last den Rücken biegt:
Krei von den Kesseln der Lklaverei
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Allwo die Arbeit seufzt und stöhnt.
Dazu verspottet und verhöhnt.
Wo sie vom mächt'gen Kapital
verdammt zu steter Aoth und Äual,
Da brauset fort von Vrt zu Vrt
Das neue mächt'ge Losungswort:
Krei von den Kesseln der Zklaverci
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Ialob Audorf.
^ritbilder.
z ist wahr, die Zeiten ändern
sich, die alten Parteiformatio-
ncn nnd Schattirnngen ver-
schwinden; es bilden sich neue
heraus, die klarer und zeit-
gemäßer sind. Die alten Par-
teien der bürgerlichen Gesell-
schaft hatten Programme,
mitunter sogar einigermaßen Grundsätze; das ist
als überflüssiger Mumpitz erkannt worden, nnd
jetzt thcilt der Arbeiter seine Gegner, die im Wahl-
kampfe ihm gegenübertreten, nur noch ein in solche,
die schon umgefallen sind, nnd solche, die
erst Umfallen werden.
Zn den schon Umgefallenen gehören die
National-Liberalen nnd die Freisinnigen um
Nickert. Daß Engen Richter nicht — oder
noch nicht — zu ihnen gehört, das ist eine
namenlose Verblendung dieses Oberpriesters von
Sankt Manchester. Denn er, der den Kapitalis-
mus radikal nnd unverfälscht wie kein Anderer
vertritt — er muß wissen, daß sämmtliche euro-
päische Armeen gemeinschaftlich nur die Schntz-
truppe für den Kapitalismus bilden! Eugen,
welcher jede Sozialreform verneint, muß auch die
Schntztruppe vergrößern helfen, die dazu da ist,
das böse Gewissen der Bourgeoisie zu beruhigen
und sie vor schlimmen Träumen zu behüten.
Selbst Bennigsen, welcher sonst nur ein
Staatsmann ist, hat diesmal ausnahmsweise ge-
sunden Menschenverstand gezeigt nnd ist als
konsequenter Vertreter des Kapitalismus um-
gcfallen; der große Eugen, wie sehr ihn auch
seine Spar-Agnes zurückhalten mag, muß früher
oder später Nachfolgen.
Zn den schon Ilmgefallenen gehört auch Ahl-
wardt, der Heros der Konservativen. Er wollte
aus christlicher Liebe dafür sorgen, daß die Firma
Ludwig Löwe größere Bestellungen in Jndcn-
flinten bekäme, deshalb nahm er die Militar-
vorlage, obgleich sic durch den Oberrabiner Huene
schon beschnitten war, gnädig an. Seinem
leuchtenden Beispiel folgte auch Pickenbach. Wo-
her die Mittel für die Militärvermehrung kommen
sollen, kümmert Ahlmardt und Pickcnbach nicht,
Beide haben ja Geld wie Heu, cs kommt ihnen
ans fünfzig bis sechzig Millionen nicht an.
Inzwischen haben die Schwarzen ihren Huene
mit sammt seinem Gefolge feierlich begraben und
über dem Hnenengrabe donnerten die Salven des
oppositionellen Zentrums, welches kräftig „Nein!"
sagte.
Das Zentrum aber ist im Grunde seines
Herzens eine konservative Partei, es weicht nicht
gern von alten Sitten und Gebräuchen ab. Und
da es beim Zentrum Sitte ist, erst in der dritten
Lesung umzufallen, so blieb es diesmal stehen,
weil der Reichstag schon in der zweiten Lesung
aufgelöst wurde. Eine dritte Lesung wird einst
—>>» Vor der Schlacht.
schütteln würdevoll und stumm
Der: Wahlkampf aus der Toga Falten —
wir aber fragen, für wie dumm,
Für wie bornirt das Volk sie halten.
Man hofft, zu einem Leidensgang
Auf Menschenalter es zu zwingen!
Man hofft, weil einst der Bauernfang
Der Arglist des Kartells gelang,
Lr werde wiederum gelingen!
Von Bismarck haben das Gebell
Der ganzen Meute sie entliehen,
Um dem erschreckten Volk das Fell
Gemächlich übers Ohr zu ziehen.
Man hofft, macht man ihn: gruseln nur
Durch allerlei phantast'sche Schemen,
Ls werde, furchtsam von Natur,
Zu dieser herben Prozedur
Sich auch ein zweites Mal bequemen!
Man malt den Turko an die wand
Und einen struppigen Kofacken
Und meint, iin weiten Vaterland
Läufts kalt hinunter uns den Nacken.
Man hofft, für Herrn von Huene's plan
Die Mehrheit, die gefehlt, zu finden,
Man hofft, das Volk in seinem Wahn
wird sich — es hat's doch schon gethan!
Die Ruthe eigenhändig binden!
Begreiflich, aber irrig doch!
Bachab wird Fell ans Fell euch schwimmen,
Denn eure pauke hat ein Loch
Und eure Rechnung wird nicht stimmen,
was Michel einsah und begriff,
Sitzt fest im Einzelnen und Ganzen;
Lr kennt ihn nun, den Lockungspfiff,
Lr kennt den ganzen plumpen Kniff,
pfeift immerhin — er wird nicht tanzen!
Der preßhnfaren feiles pack
Verachtet er und ihr Geflunker;
Ihn steckt nicht wieder in den Sack
Der hochgeborne feiste Junker.
Ls wurde klar im harten Kopf
Und Michel wirft mit Nasenrümpfen
In einm und denselben Topf
Die Spießer mit dem Innnngszoxf,
Die Stiefel mit den Wadenstrümpfen.
Ob Fortschritt oder national
Verschiedne Nummern, gleicher Faden!
Lr hat nicht Lust, zuin zweiten Mal
Ihr Ränkespinnen auszubaden.
Mit beiden Fäusten fährt er drein
Und schlägt auf der xolit'schen Bühne
Die Gliederpüppchen kurz nnd klein
Und fegt im Nu die Szene rein
Vom ganzen Troß des Herrn von Huene!
Srei wollen wir sein!
'aut schallt ein Ruf durchs deutsche Land
vom Äodcusee zum Rordmkerstrand,
vom Alpengipfel bis ins Thal.
Wo nur die Arbeit leidet Nnal,
In jeder Werkstatt, jedem Grt,
Roch tief im Lchachte grollt es fort:
Krei von den Kesseln der Sklaverei
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Dort wo die Arbeit sä't und pflügt.
Das Brot zum Leben kaum genügt.
Auch in der Lchmiede düsterm Raum,
vom Zchiffesbord im wogenschaum,
vom Webstuhl, wo das Lchifflein fliegt.
Und wo die Last den Rücken biegt:
Krei von den Kesseln der Lklaverei
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Allwo die Arbeit seufzt und stöhnt.
Dazu verspottet und verhöhnt.
Wo sie vom mächt'gen Kapital
verdammt zu steter Aoth und Äual,
Da brauset fort von Vrt zu Vrt
Das neue mächt'ge Losungswort:
Krei von den Kesseln der Zklaverci
Wollen wir sein! Krei, frei, frei!
Ialob Audorf.
^ritbilder.
z ist wahr, die Zeiten ändern
sich, die alten Parteiformatio-
ncn nnd Schattirnngen ver-
schwinden; es bilden sich neue
heraus, die klarer und zeit-
gemäßer sind. Die alten Par-
teien der bürgerlichen Gesell-
schaft hatten Programme,
mitunter sogar einigermaßen Grundsätze; das ist
als überflüssiger Mumpitz erkannt worden, nnd
jetzt thcilt der Arbeiter seine Gegner, die im Wahl-
kampfe ihm gegenübertreten, nur noch ein in solche,
die schon umgefallen sind, nnd solche, die
erst Umfallen werden.
Zn den schon Umgefallenen gehören die
National-Liberalen nnd die Freisinnigen um
Nickert. Daß Engen Richter nicht — oder
noch nicht — zu ihnen gehört, das ist eine
namenlose Verblendung dieses Oberpriesters von
Sankt Manchester. Denn er, der den Kapitalis-
mus radikal nnd unverfälscht wie kein Anderer
vertritt — er muß wissen, daß sämmtliche euro-
päische Armeen gemeinschaftlich nur die Schntz-
truppe für den Kapitalismus bilden! Eugen,
welcher jede Sozialreform verneint, muß auch die
Schntztruppe vergrößern helfen, die dazu da ist,
das böse Gewissen der Bourgeoisie zu beruhigen
und sie vor schlimmen Träumen zu behüten.
Selbst Bennigsen, welcher sonst nur ein
Staatsmann ist, hat diesmal ausnahmsweise ge-
sunden Menschenverstand gezeigt nnd ist als
konsequenter Vertreter des Kapitalismus um-
gcfallen; der große Eugen, wie sehr ihn auch
seine Spar-Agnes zurückhalten mag, muß früher
oder später Nachfolgen.
Zn den schon Ilmgefallenen gehört auch Ahl-
wardt, der Heros der Konservativen. Er wollte
aus christlicher Liebe dafür sorgen, daß die Firma
Ludwig Löwe größere Bestellungen in Jndcn-
flinten bekäme, deshalb nahm er die Militar-
vorlage, obgleich sic durch den Oberrabiner Huene
schon beschnitten war, gnädig an. Seinem
leuchtenden Beispiel folgte auch Pickenbach. Wo-
her die Mittel für die Militärvermehrung kommen
sollen, kümmert Ahlmardt und Pickcnbach nicht,
Beide haben ja Geld wie Heu, cs kommt ihnen
ans fünfzig bis sechzig Millionen nicht an.
Inzwischen haben die Schwarzen ihren Huene
mit sammt seinem Gefolge feierlich begraben und
über dem Hnenengrabe donnerten die Salven des
oppositionellen Zentrums, welches kräftig „Nein!"
sagte.
Das Zentrum aber ist im Grunde seines
Herzens eine konservative Partei, es weicht nicht
gern von alten Sitten und Gebräuchen ab. Und
da es beim Zentrum Sitte ist, erst in der dritten
Lesung umzufallen, so blieb es diesmal stehen,
weil der Reichstag schon in der zweiten Lesung
aufgelöst wurde. Eine dritte Lesung wird einst