1550
Admiral von Lollmann
haben nun ihr tzen herein
Fürs Landheer, wertster Herr Kollege;
Nun aber stelle ich nrich ein,
Der ebenfalls ich wünsche hege.
Die Flotte darf kein Stiefkind sein,
Die Hüterin der Wasserwege;
Ich kann mich darum nicht der Pflicht entbrechen,
Lin wörtlein mit dem Parlament zu sprechen.
Kommt es zu einem Waffentanz
Durch Rußlands oder Frankreichs Kniffe,
So schirmt uns nirgendwo ein Kranz
Verborg'ner eisenfester Kiffe;
Ls gleicht dem Hunde ohne Schwanz
Die Flotte ohne Ausfallsschiffe.
Ich fordre darum dick're Panzerplatten,
Vor Allem aber fordr' ich — mehr Fregatten.
Gs fällt der Feind durch Kaperei
Im Seekrieg sicher uns beschwerlich;
Damit ich ihn: gewachsen sei,
Sind schnelle Schiffe unentbehrlich;
Dem stimmt gewiß der Reichstag bei,
Ist patriotisch er und ehrlich;
Hier kann nur Oxserwilligkeit uns retten,
Ich fordre darum -ringend — mehr Korvetten.
Mi dm ArikgsmmWr. •*-
Damit -es Feindes Uebermacht
Nicht Landung da und dort erstrebe,
Ist's nöthig, daß er Tag und Nacht
Vor unfern Fischtorpedos bebe,
Daß schlimmer, als in offner Schlacht,
In steter Todesangst er schwebe.
Stets kling' im Ohre ihnr die düstre Note!
Ich fordre deshalb — mehr Torpedoboote.
wer Schiffe hat, der muß dann auch
Bemannen sie mit blauen Jungen,
Die vorwärts gehn inr Pulverranch,
Das blanke Lnterbeil geschwungen,
Die, inannhaft bis zum letzten Hauch,
Dreinschlagen, bis der Sieg errungen.
So widerstehn wir Russen und Franzosen,
Drum fordre ich vorn Reichstag —mehr Matrosen.
Und wäre dennoch frech, bornirt
Ltwa die radikale Rotte,
So würde stracks von mir blockirt
Der Reichstag durch die ganze Flotte;
Langt das nicht, wir- er bombardirt!
Ich weiß mich Lins init meinem Gotte,
Und raste nicht, bis ich den Sieg errungen -
Sind nicht bescheiden meine Forderungen?
„Das machen wir selbst!"
Änd ist dem allen Bismarck auch
Die ganze Macht entrissen —
Sein treu ergrli'nes Leibrrxlil,
Das kann er nicht vermissen.
Spazier! er durch den Sachsenwald
Mit leisem Raisonnirrn,
Dann, was er murrt, mutz hinter ihm
Rasch sein Rrxlil notiren.
Und nahn sich in Verehrung ihn:
Sir, die „nicht alle werden",
Und wird vor ihm gewedelt viel
In Morten und Eeberden —
So lätzt die ganze Szene er
Inr Stenogramm stxirrn.
Um selbst es dann noch ä la Ems
Mit Kunstzu „redigirrn".
Doch darf kein Gast aus eigne Hand
Es mit der Schnrllschrifl rvagen —
Es kann so viele Prrtzfrriheit
Ein Bismarck nicht vertragen.
Cr rusi dann: „Mas ich rede, dars
Lein Fremder rrfrriren,
Dieweil wir unsren Heldenruhm
Uns selber fabrstiren!"
Aus dem ReiDe der Kügner.
Line Kabel.
Der Hahn stand auf denr Mist und schlug
nüt den Flügeln um sich, daß sein Nebenbuhler
ans dem Nachbarhof vor Neid über die bunten
Federn fast verging und ärgerlich einen: Küchleiir,
das ein Körnchen vor ihm aufpickte, einen Schnabel-
hieb versetzte. Der rothe Kamm auf dem Schopf
des stolzen Hahns blähte sich auf und glänzte in
der Sonne wie ein Königströnchen. Er war ein
König. Der ganze Hühnerhof gehorchte ihm, und
selbst der bissige Hofhund buhlte um seine Gunst.
Wenn er seine Stimme erhob und krähte, zitterten
die Hühner, denn ihr Herr und Meister führte
ein strenges Reginreut. Es war eben ein Hahn
von echtem Schrot und Korn, der sich wenig um
die neumodischen Ideen künrmcrtc unb gegen alle
Gelüste nach Selbstverwaltung, besonders bei Ver-
theilung der Futterrationcn, den Staatsstreich in der
Tasche getragen hätte, wenn ein Hahn eben eine Tasche
führte. Kurz, er lebte selbstherrlich auf seinem Mist.
Seine Favoritin war ein edles Perlhuhn, der
Alle dienten; sie thcilte sich mit dem Hahn in die
Geschäfte. Während er auf Ordnung hielt, stolz
auf seinen Sporn, die gefürchtete Waffe, womit
er die Unruhigen, die auch auf dem Hühnerhof
ihr Wesen trieben, zur Raison brachte, schaltete
und waltete sie über des Hühuervolkes Arbeit,
besichtigte die Futtcrplätzc, ließ die Vorräthe ein-
bringen und duldete nicht, daß eine Henne das
Eierlegen vergaß, von: Brüten aufstand oder
andere Untcrthanenpflichtcn vernachlässigte, die in
der Hühncrverfassung festgelegt waren; natürlich
war die Verfassung eine orientalische. Kein ge-
meines Huhn hätte es wagen dürfen, vor der
Nachkommenschaft der Favoritin die Hühnerleiter
zu besteigen oder die Schlafstätte aufzusuchen,
bevor der Hahn dreinral gekräht hatte.
Unser Hahn also schlug mit den Flügeln und
ließ ein gellendes Kikeriki erschallen, — dies war
das Zeichen, daß ein altes abgedanktes Huhn, das
die Stelle eines Schutziuanns versah, sich dem
Gebieter näherte, um ihm etivas vorzugackern
über die Vorkommnisse in seinem Reich. Das
Huhn nreldete, daß der Hühnerpöbel anfange,
schwierig zu werden. Es herrsche eine große Un-
ruhe auf dem Hofe, der selbst Phylax, der Hof-
hund, nicht gewachsen wäre. Zwei Hennen hätten
gestern das Eierlegen eingestellt, und ein Gelbschnabel
behaupte, alle Hühner seien gleich und es gebe kein
Vorrecht für den Vortritt auf der Hühnerleiter.
Da meldete ein türkisches Huhn, das bei dem
Perlhuhn als Dienerin angcstellt war, des Hahnes
Favoritin sei krank und bitte den Herrscher, zu
ihr zu kommen und ihr bcizustchen. Galant eilte
der Hahn zum Perlhuhn und cs klagte ihm sein Leid.
Die Favoritin war schwach und elend geworden,
ihre Federn sträubten sich, ihre Augen waren glanz-
los, die Stimme versagte. Der Acrger war es, so
klagte sie, der ihr an: Herzen fräße. Hätten nicht
heute morgen ein Dutzend ganz gemeiner Hühner
ihre Leiter bekleckert und als sie dreinfahren wollte,
hätten sie sich gewehrt und die Hiebe zurückgegebcn.
Der Hahn plusterte sich auf, wetzte seinen
Schnabel und murmelte etwas von Aufhängen-
lasscn. Das Perlhuhn aber verlangte nach einem
Arzt. Und sonderbar, der Hahn fühlte sich plötz-
lich auch so marode, der stolze Kamm sah blau aus,
wie erfroren, die schönen Schwanzfedern schleiften
im Sande, und als er krähen wollte, schmetterte
seine Stimme nicht mehr, sondern sie klang heiser
und kratzig. Sein Sporn, den die Hühner fürchteten,
war strinrpf geworden, alles erschien verändert.
Derweil kau: der Leibarzt, eine alte pfiffige
Eule, schüttelte bedenklich den Kopf und meinte,
da helfe nicht einmal ein Aderlaß, es sei eben
Matthäi au: letzten. Er bäte sich sofort den Be-
trag seiner Rechnung aus, aber in Gold, denn
auf das Papiergeld sei in den heutigen Zeiten
kein rechter Verlaß. Er raffte den Mammon
zusammen unb flog davon.
Da streckte sich das kranke Perlhuhn, schlug
noch einmal wehmüthig mit den Flügeln und ver-
schied gerade in dem Augenblicke, als das rebel-
lische Hühnervolk hereinstürmte, um den Gehor-
sam zu kündigen. Der Hahn sah das Ende seiner
Admiral von Lollmann
haben nun ihr tzen herein
Fürs Landheer, wertster Herr Kollege;
Nun aber stelle ich nrich ein,
Der ebenfalls ich wünsche hege.
Die Flotte darf kein Stiefkind sein,
Die Hüterin der Wasserwege;
Ich kann mich darum nicht der Pflicht entbrechen,
Lin wörtlein mit dem Parlament zu sprechen.
Kommt es zu einem Waffentanz
Durch Rußlands oder Frankreichs Kniffe,
So schirmt uns nirgendwo ein Kranz
Verborg'ner eisenfester Kiffe;
Ls gleicht dem Hunde ohne Schwanz
Die Flotte ohne Ausfallsschiffe.
Ich fordre darum dick're Panzerplatten,
Vor Allem aber fordr' ich — mehr Fregatten.
Gs fällt der Feind durch Kaperei
Im Seekrieg sicher uns beschwerlich;
Damit ich ihn: gewachsen sei,
Sind schnelle Schiffe unentbehrlich;
Dem stimmt gewiß der Reichstag bei,
Ist patriotisch er und ehrlich;
Hier kann nur Oxserwilligkeit uns retten,
Ich fordre darum -ringend — mehr Korvetten.
Mi dm ArikgsmmWr. •*-
Damit -es Feindes Uebermacht
Nicht Landung da und dort erstrebe,
Ist's nöthig, daß er Tag und Nacht
Vor unfern Fischtorpedos bebe,
Daß schlimmer, als in offner Schlacht,
In steter Todesangst er schwebe.
Stets kling' im Ohre ihnr die düstre Note!
Ich fordre deshalb — mehr Torpedoboote.
wer Schiffe hat, der muß dann auch
Bemannen sie mit blauen Jungen,
Die vorwärts gehn inr Pulverranch,
Das blanke Lnterbeil geschwungen,
Die, inannhaft bis zum letzten Hauch,
Dreinschlagen, bis der Sieg errungen.
So widerstehn wir Russen und Franzosen,
Drum fordre ich vorn Reichstag —mehr Matrosen.
Und wäre dennoch frech, bornirt
Ltwa die radikale Rotte,
So würde stracks von mir blockirt
Der Reichstag durch die ganze Flotte;
Langt das nicht, wir- er bombardirt!
Ich weiß mich Lins init meinem Gotte,
Und raste nicht, bis ich den Sieg errungen -
Sind nicht bescheiden meine Forderungen?
„Das machen wir selbst!"
Änd ist dem allen Bismarck auch
Die ganze Macht entrissen —
Sein treu ergrli'nes Leibrrxlil,
Das kann er nicht vermissen.
Spazier! er durch den Sachsenwald
Mit leisem Raisonnirrn,
Dann, was er murrt, mutz hinter ihm
Rasch sein Rrxlil notiren.
Und nahn sich in Verehrung ihn:
Sir, die „nicht alle werden",
Und wird vor ihm gewedelt viel
In Morten und Eeberden —
So lätzt die ganze Szene er
Inr Stenogramm stxirrn.
Um selbst es dann noch ä la Ems
Mit Kunstzu „redigirrn".
Doch darf kein Gast aus eigne Hand
Es mit der Schnrllschrifl rvagen —
Es kann so viele Prrtzfrriheit
Ein Bismarck nicht vertragen.
Cr rusi dann: „Mas ich rede, dars
Lein Fremder rrfrriren,
Dieweil wir unsren Heldenruhm
Uns selber fabrstiren!"
Aus dem ReiDe der Kügner.
Line Kabel.
Der Hahn stand auf denr Mist und schlug
nüt den Flügeln um sich, daß sein Nebenbuhler
ans dem Nachbarhof vor Neid über die bunten
Federn fast verging und ärgerlich einen: Küchleiir,
das ein Körnchen vor ihm aufpickte, einen Schnabel-
hieb versetzte. Der rothe Kamm auf dem Schopf
des stolzen Hahns blähte sich auf und glänzte in
der Sonne wie ein Königströnchen. Er war ein
König. Der ganze Hühnerhof gehorchte ihm, und
selbst der bissige Hofhund buhlte um seine Gunst.
Wenn er seine Stimme erhob und krähte, zitterten
die Hühner, denn ihr Herr und Meister führte
ein strenges Reginreut. Es war eben ein Hahn
von echtem Schrot und Korn, der sich wenig um
die neumodischen Ideen künrmcrtc unb gegen alle
Gelüste nach Selbstverwaltung, besonders bei Ver-
theilung der Futterrationcn, den Staatsstreich in der
Tasche getragen hätte, wenn ein Hahn eben eine Tasche
führte. Kurz, er lebte selbstherrlich auf seinem Mist.
Seine Favoritin war ein edles Perlhuhn, der
Alle dienten; sie thcilte sich mit dem Hahn in die
Geschäfte. Während er auf Ordnung hielt, stolz
auf seinen Sporn, die gefürchtete Waffe, womit
er die Unruhigen, die auch auf dem Hühnerhof
ihr Wesen trieben, zur Raison brachte, schaltete
und waltete sie über des Hühuervolkes Arbeit,
besichtigte die Futtcrplätzc, ließ die Vorräthe ein-
bringen und duldete nicht, daß eine Henne das
Eierlegen vergaß, von: Brüten aufstand oder
andere Untcrthanenpflichtcn vernachlässigte, die in
der Hühncrverfassung festgelegt waren; natürlich
war die Verfassung eine orientalische. Kein ge-
meines Huhn hätte es wagen dürfen, vor der
Nachkommenschaft der Favoritin die Hühnerleiter
zu besteigen oder die Schlafstätte aufzusuchen,
bevor der Hahn dreinral gekräht hatte.
Unser Hahn also schlug mit den Flügeln und
ließ ein gellendes Kikeriki erschallen, — dies war
das Zeichen, daß ein altes abgedanktes Huhn, das
die Stelle eines Schutziuanns versah, sich dem
Gebieter näherte, um ihm etivas vorzugackern
über die Vorkommnisse in seinem Reich. Das
Huhn nreldete, daß der Hühnerpöbel anfange,
schwierig zu werden. Es herrsche eine große Un-
ruhe auf dem Hofe, der selbst Phylax, der Hof-
hund, nicht gewachsen wäre. Zwei Hennen hätten
gestern das Eierlegen eingestellt, und ein Gelbschnabel
behaupte, alle Hühner seien gleich und es gebe kein
Vorrecht für den Vortritt auf der Hühnerleiter.
Da meldete ein türkisches Huhn, das bei dem
Perlhuhn als Dienerin angcstellt war, des Hahnes
Favoritin sei krank und bitte den Herrscher, zu
ihr zu kommen und ihr bcizustchen. Galant eilte
der Hahn zum Perlhuhn und cs klagte ihm sein Leid.
Die Favoritin war schwach und elend geworden,
ihre Federn sträubten sich, ihre Augen waren glanz-
los, die Stimme versagte. Der Acrger war es, so
klagte sie, der ihr an: Herzen fräße. Hätten nicht
heute morgen ein Dutzend ganz gemeiner Hühner
ihre Leiter bekleckert und als sie dreinfahren wollte,
hätten sie sich gewehrt und die Hiebe zurückgegebcn.
Der Hahn plusterte sich auf, wetzte seinen
Schnabel und murmelte etwas von Aufhängen-
lasscn. Das Perlhuhn aber verlangte nach einem
Arzt. Und sonderbar, der Hahn fühlte sich plötz-
lich auch so marode, der stolze Kamm sah blau aus,
wie erfroren, die schönen Schwanzfedern schleiften
im Sande, und als er krähen wollte, schmetterte
seine Stimme nicht mehr, sondern sie klang heiser
und kratzig. Sein Sporn, den die Hühner fürchteten,
war strinrpf geworden, alles erschien verändert.
Derweil kau: der Leibarzt, eine alte pfiffige
Eule, schüttelte bedenklich den Kopf und meinte,
da helfe nicht einmal ein Aderlaß, es sei eben
Matthäi au: letzten. Er bäte sich sofort den Be-
trag seiner Rechnung aus, aber in Gold, denn
auf das Papiergeld sei in den heutigen Zeiten
kein rechter Verlaß. Er raffte den Mammon
zusammen unb flog davon.
Da streckte sich das kranke Perlhuhn, schlug
noch einmal wehmüthig mit den Flügeln und ver-
schied gerade in dem Augenblicke, als das rebel-
lische Hühnervolk hereinstürmte, um den Gehor-
sam zu kündigen. Der Hahn sah das Ende seiner