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1572

Kurz, Elise fand es in der schönen byzantinischen Villa unaus-
stehlich langweilig und bestand darauf, die Wintersaison bei ihrer
Tante in Paris zu verbringen, woselbst sie schon den vorigen Winter
verlebt hatte.

Die Eltern waren gewöhnt, dem eigenwilligen Kinde jeden Wunsch
zu erfülle», Elise reiste also nach Paris.

Von dort kam gegen Weihnachten ein langer Brief, in welchem
Elise mittheilte, sie stehe im Begriff, sich mit dem jungen, hochbegabten
Gartenbau-Direktor Kurt R. zu verloben, nachdem sie schon seit
Jahresfrist durch die zarten Bande der Liebe mit ihm verbunden
sei. Sie hoffe zuversichtlich, daß die Eltern freudig ihre Einwilligung
geben würden, nachdem der junge Gärtner durch eigene Kraft und
Energie sich zu einer hervorragenden und geachteten Stellung empor-
geschwungen habe.

Herr Geheimrath von Dachskopf empfand über diese Neuigkeit
nun freilich gar keine Freude, auch seine Gattin war bestürzt — aber
was ließ sich dagegen thun? Elise war bereits mündig und es war
ihr zuzutrauen, daß sie selbst gegen den Willen des Vaters ihre Heirath
durchsetzte. Das wäre ein Skandal gewesen und ein solcher mußte
vermieden werden.

Herr Geheimrath von Dachskopf grollte und fluchte einige Tage,
dann fügte er sich und sagte „Ja", und das war nicht verwunderlich,
denn er war ja doch seiner ganzen Natur nach ein unverfälschter
Jasager. Mit seinem rothen Schwiegersohn hat er sich aber nie ver-
tragen i beide leben dauernd auf dem Kriegsfuß.

Schnitze l. -1—4

In unserer heutigen Gesellschaft muß man gehen oder laufen; wer
still steht, ist verloren. _

Wir nennen nur diejenigen vernünftig, die mit uns die gleiche
Anschauung haben.

Verleumdung ist wie falsches Geld, — man macht es nicht selbst,
aber man gicbt es doch weiter.

Am treuesten ist uns immer der Hund, auf den wir mal ge-
kommen sind. _

Wer von der Vergangenheit nichts gelernt hat, wird von der Zu-
kunft dafür bestraft werden. __

Die menschliche Gesellschaft setzt sich aus zwei Klassen zusammen-
aus denjenigen, welche mehr Appetit als zu essen haben, und aus den-
jenigen, welche mehr zu essen als Appetit haben.

Ein junges Mädchen, welches vierzigtausend Thaler Vermögen besitzt,
hat zweifellos schöne Augen; wer sie heirathet, hat gute Augen.

Bei starken Empfindungen, vor Freude oder Schmerz, schließen
Frauen und Mädchen die Augen, grade ivie man bei stürmischem, kaltem,
regnerischem Wetter die Fenster schließt.

Anr Strande.

Huf offnem Meer im leichten Segelboot
Ward von der Nacht ich gestern überfallen.

Die Klnt, die eben noch das Abendroth
weithin gefärbt mit Schimmer der Korallen —
Nun war sie schwarz, erbarmungslos und stumpf.
Nit ihr verändert war'des Windes Stimme,

Denn in das Segel stieß er hohl und dumpf.

Als ringe er mit seinem eignen Grimme. -

Die woge widerstrebend wich dem Kiel
Und hob und senkte stärker sich und jäher.

Nein Kischer knurrte: „Kerne noch das Ziel!

Ich wär' ihm gern um eine Stunde näher."

Ich sah ihm zu und habe nichts gesagt,
llnd wurden etwas bleicher auch die Wangen
Ich habe vor dem Code nicht gezagt
Es war kein weibisches, kein feiges Bange».

Doch Bangen war's, das da mich überfiel,
llnd ich gesteh' es ohne mich zn schämen;

Nit Krauen sah ich unser Boot ein Spiel
Der Elemente, die wir nimmer zähmen,
was Vede heißt —- dort Hab' ich es gefühlt.

Und die dahin auf ihrem Wellenrücken

Uns trug und schob, die Flut, vom Wind zerwühlt,

war gleich dem Sturme wild und voller Tücken.

llnd als uns plötzlich dann, ob auch so fern.

Des Leuchtthurms Keuer durch die Nebel grüßte —-
Da schwebte er wie der Verheißung Stern
Vb dieser weiten, schauerlichen wüste,
llnd als uns endlich murrend an den Strand
Die letzte woge warf des finstern Riesen,

Da grüßt' ich dankend mit gehob'ner Hand
Das milde Licht, das uns den weg gewiesen.

llnd heute klomm ich in des Norgens Glanz
Zn ihm empor auf ungezählten Stufen
Und sah hinunter auf den Wogentanz
Und hätte spottend fast hinabgerufen:

„Ja, grolle nur! Hier steh' ich frisch und roth.

Ich bin der Nacht, dem Sturme, dir entronnen.
Wenn uns am ärgsten eine Tücke droht.

Dann flammen uns des ew'gen Lichtes Sonnen."
 
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