1583
Und athemlos, mit schreckensbleichem Mund
Rang ich umsonst danach mich zu erheben,
Denn von der höchsten Zinne bis zum Grund
Erschütterte den stolzen Bau ein Beben.
Dem Schauern welken Laubs sein Zittern glich
Und Glied auf Glied schien man ihm auszurenken
Und wie der Wände Stütze wankend wich,
Schien seine Decke sich herabzuscnken.
I Und ob er mühsam Halt und Gleichgewicht
! In wildem Krampfe sich zurückgewonnen —
Gerettet schien er mir noch lange nicht,
Nur einer Form des Untergangs entronnen.
Noch immer schmeichelte das Lied dem Ohr,
Doch hört' ich über nur der Flammen Wehen
! Und tauniclnd sprang vom Lager ich empor,
J Um dem Verderben flüchtend zu entgehen.
- Auf der Bühne endet die Komödie mit der Heirath;
im Leben beginnt die Komödie mit der Heirath.
— In den steifsten Gescllschaftetr iverdeit die meisten
Verbeugungen gemacht.
— Darin gleichen die Zeitungen den kleinen Kindern:
beide müssen gehalten werden, wenn sic gehen sollen.
— Komplimente ist falsches Geld, — aber Jeder nimmt
es gern. ... *
— Wer nach den: Glück jagt, kennt keine Schonzeit.
- - Es giebt Bücher, die Jedermann lesen sollte und eben
deswegen liest sie Niemand.
iAch habe schwer geträumt die lange Nacht.
Ich ward geführt vom mächt'gen Gott der Träume
Durch langer Zäulengänge Marmorpracht.
In eines fürstlichen Palastes Räume.
In weiche Kissen sank ich müde dann,
Zu rasten in der Herrlichkeit auf Stunden,
Und neidenswerth schien mir Um Traum—der Mann,
Der hier sein Heim, sein sich'res Heim gesunden.
Von feinem Duft, Gesang und Harfcnlaut
Ward wie von weichen Wellen ich getragen
Und zu der Decke Hab' ich anfgeschaut,
Gedankenlos, in köstlichem Behagen.
Da schlug urplötzlich mich in seinen Bann
Ein tödtliches, entsetzliches Erschrecken,
Denn Staub und Kalk und loser Mörtel rann
Und rieselte herab in allen Ecken.
Wohl klang sie sort, die Stimme weich und tief,
Beschwichtigend mit Nachtigallentönen,
Doch durch die Mauern des Palastes lief
Wie Knistern es und dumpfes Balkcnstöhnen.
Und ab und zu ein Splittern scharf und kurz,
Von Wellen des Gesanges Überflossen!
Wie nahe war, wie ferne noch der Sturz
Des goldnen Bau's, in dem ich eingeschlossen?
„Herr Hochwürden, i hätt' a Frag."
„Nun, heraus damit", sagte der Pfarrer leutselig.
„Wie is des bei dene Engelsmusiken, wo Sie gesagt hob'n — kost des an Antre.
„Warum nicht gar!" lachte der Pfarrer.
„Aber der Teller geht doch umanand?" fragt Steffel weiter.
Der Pfarrer verneint auch dies entschieden.
„Au weh," sagt darauf Xaver Steffel, „nachher is 's Bier theurer."
Ich schluckte Ranch mit jedem Athemzug;
Gran durch die Hallen wälzten sich die Massen,
j Als zum Portal der irre Fuß mich trug,
I Doch sollt' ich nicht den Schreckensort verlassen,
Denn trübe Fluth miv sah ich ringsumher
| Und nirgends war ein Retter zu errufen,
Und dieses düstre, weißbcschäumte Meer
Bespülte gierig schon die ersten Stufen.
Da, in der höchsten Roth bin ich erwacht,
Bevor die Trümmer in der Fluth versanken,
Und wie durch Zauber wich der Spuk der Nacht,
Der nur ein Widerspiel der Taggedankcn.
Denn was in buntem Bilde nur der Traum,
| Der quälende, gezeigt, daß rasch cs schwinde —
j Es ist kein Tag, ja eine Stunde kaum,
j Da ich cs nicht als Wirklichkeit empfinde. n. l.
Wie August Ztärke üßer den Miturismus Hinwegkommt.
1.
Der Münchener im Himmel.
Der alte populäre Pfarrer W. hat seinen guten Tag gehabt. Auf der Kanzel schilderte
er den Gläubigen die Freuden des Himmels so plastisch und greifbar, daß sie ganz erfreut
die Kirche verließen, um zunächst beim Franziskaner oder beim Pschorr ein Glas Bock und
ein paar Weißwürste zu sich zu nehmen.
Ganz besonders freute sich der alte Xaver Steffel. Er hatte in letzter Zeit häufig
Magenbeschwerden und da konnte ihm doch bald etwas Menschliches zustoßen. Da war es
ihm schon recht, daß es -„Droben" jeden Tag Gesang und Engelsmusik geben sollte, die er
sich als die beste Bockmusik von der Welt vorstellte. Nur die Art der Bezahlung machte ihn
nachdenklich. Wie mögen es hierin die Engel halten? Diese Frage beschäftigte Steffel, als
er am Ausgang der Kirchenthür stand. Da trat der Pfarrer aus der Kirche; Steffel faßte
sich ein Herz.
Und athemlos, mit schreckensbleichem Mund
Rang ich umsonst danach mich zu erheben,
Denn von der höchsten Zinne bis zum Grund
Erschütterte den stolzen Bau ein Beben.
Dem Schauern welken Laubs sein Zittern glich
Und Glied auf Glied schien man ihm auszurenken
Und wie der Wände Stütze wankend wich,
Schien seine Decke sich herabzuscnken.
I Und ob er mühsam Halt und Gleichgewicht
! In wildem Krampfe sich zurückgewonnen —
Gerettet schien er mir noch lange nicht,
Nur einer Form des Untergangs entronnen.
Noch immer schmeichelte das Lied dem Ohr,
Doch hört' ich über nur der Flammen Wehen
! Und tauniclnd sprang vom Lager ich empor,
J Um dem Verderben flüchtend zu entgehen.
- Auf der Bühne endet die Komödie mit der Heirath;
im Leben beginnt die Komödie mit der Heirath.
— In den steifsten Gescllschaftetr iverdeit die meisten
Verbeugungen gemacht.
— Darin gleichen die Zeitungen den kleinen Kindern:
beide müssen gehalten werden, wenn sic gehen sollen.
— Komplimente ist falsches Geld, — aber Jeder nimmt
es gern. ... *
— Wer nach den: Glück jagt, kennt keine Schonzeit.
- - Es giebt Bücher, die Jedermann lesen sollte und eben
deswegen liest sie Niemand.
iAch habe schwer geträumt die lange Nacht.
Ich ward geführt vom mächt'gen Gott der Träume
Durch langer Zäulengänge Marmorpracht.
In eines fürstlichen Palastes Räume.
In weiche Kissen sank ich müde dann,
Zu rasten in der Herrlichkeit auf Stunden,
Und neidenswerth schien mir Um Traum—der Mann,
Der hier sein Heim, sein sich'res Heim gesunden.
Von feinem Duft, Gesang und Harfcnlaut
Ward wie von weichen Wellen ich getragen
Und zu der Decke Hab' ich anfgeschaut,
Gedankenlos, in köstlichem Behagen.
Da schlug urplötzlich mich in seinen Bann
Ein tödtliches, entsetzliches Erschrecken,
Denn Staub und Kalk und loser Mörtel rann
Und rieselte herab in allen Ecken.
Wohl klang sie sort, die Stimme weich und tief,
Beschwichtigend mit Nachtigallentönen,
Doch durch die Mauern des Palastes lief
Wie Knistern es und dumpfes Balkcnstöhnen.
Und ab und zu ein Splittern scharf und kurz,
Von Wellen des Gesanges Überflossen!
Wie nahe war, wie ferne noch der Sturz
Des goldnen Bau's, in dem ich eingeschlossen?
„Herr Hochwürden, i hätt' a Frag."
„Nun, heraus damit", sagte der Pfarrer leutselig.
„Wie is des bei dene Engelsmusiken, wo Sie gesagt hob'n — kost des an Antre.
„Warum nicht gar!" lachte der Pfarrer.
„Aber der Teller geht doch umanand?" fragt Steffel weiter.
Der Pfarrer verneint auch dies entschieden.
„Au weh," sagt darauf Xaver Steffel, „nachher is 's Bier theurer."
Ich schluckte Ranch mit jedem Athemzug;
Gran durch die Hallen wälzten sich die Massen,
j Als zum Portal der irre Fuß mich trug,
I Doch sollt' ich nicht den Schreckensort verlassen,
Denn trübe Fluth miv sah ich ringsumher
| Und nirgends war ein Retter zu errufen,
Und dieses düstre, weißbcschäumte Meer
Bespülte gierig schon die ersten Stufen.
Da, in der höchsten Roth bin ich erwacht,
Bevor die Trümmer in der Fluth versanken,
Und wie durch Zauber wich der Spuk der Nacht,
Der nur ein Widerspiel der Taggedankcn.
Denn was in buntem Bilde nur der Traum,
| Der quälende, gezeigt, daß rasch cs schwinde —
j Es ist kein Tag, ja eine Stunde kaum,
j Da ich cs nicht als Wirklichkeit empfinde. n. l.
Wie August Ztärke üßer den Miturismus Hinwegkommt.
1.
Der Münchener im Himmel.
Der alte populäre Pfarrer W. hat seinen guten Tag gehabt. Auf der Kanzel schilderte
er den Gläubigen die Freuden des Himmels so plastisch und greifbar, daß sie ganz erfreut
die Kirche verließen, um zunächst beim Franziskaner oder beim Pschorr ein Glas Bock und
ein paar Weißwürste zu sich zu nehmen.
Ganz besonders freute sich der alte Xaver Steffel. Er hatte in letzter Zeit häufig
Magenbeschwerden und da konnte ihm doch bald etwas Menschliches zustoßen. Da war es
ihm schon recht, daß es -„Droben" jeden Tag Gesang und Engelsmusik geben sollte, die er
sich als die beste Bockmusik von der Welt vorstellte. Nur die Art der Bezahlung machte ihn
nachdenklich. Wie mögen es hierin die Engel halten? Diese Frage beschäftigte Steffel, als
er am Ausgang der Kirchenthür stand. Da trat der Pfarrer aus der Kirche; Steffel faßte
sich ein Herz.