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1587

Preuszische Eisenbchn-Schnadahüpfl.

Winiffrr von Thirlr»,
Schneidiger Wann!
Fortschritt und Neuerung
Ficht ihn nicht an.

Für daa Nekourbillct
Längere Frist —

Unerhört solch' eine
Forderung ist!

Wenn Ionenkaris gar
Verlangt wird — verdammt!
Da sträubt jede» Haar sich
In« Eisenbahn-Amt.

Publikum, ;ahle.

Und schweige sodann.
Nichts geht ihm das ganze
Verkehrswesen an.

Schaffner ein Hungerlvhn,
Neunhundert Mark,

Dienst gar beschwerlich,
Familie stark.

Fazit: Dillck-Detrng,
Grosser Skandal»

Veamtc verhastet,

Prozch kolossal!

Das freie wort.

21.: Es ist für uns Deutsche außerordentlich schmeichelhaft, daß das
freie Wort in Schrift und Rede nirgends höher geschätzt wird, wie
von den deutschen Behörden unter dein neuen Kurse Caprivi's.

B.: Eine kühne Behauptung, aber läßt sic sich beweisen?

21.: Ziffernmäßig sogar. Seit 1890 wurden über Sozialdemokraten,
welche sich durch Aenßernng von Meinungen in Wort und Schrift ver-
gingen, 293 Jahre Kerker und 70000 Mark Geldstrafe verhängt.
Kann man das freie Wort höher abschätzcn?

Hvlirlspähnr.

Der Dreibund bedenk! den Flieden,
So wmde verkündet gar oft;

Vom russisch-französischen Bündniß
Wwd gleichfalls der Friede erhofft. —
Nun wohl denn Ihr Diplomaten,

So zeigt Eurer Weisheit Ruhm,

Und schmiedet die Zwei und die Drcie
Zum friedlichen Fünfbnnde um!

Man soll nicht behaupten, die Liberalen hätten
keinen Muth und keine Thatkraft, denn ihre Hal-
tung der österreichischen Wahlreform gegenüber
beweist wieder deutlich: es braucht eine Regierung
nur eine Aenderung zum Besseren zu wollen, da findet sie an den
Liberalen die thatkrüftigstcn Opponenten.

Der Offizier hat bedeutend mehr Ehre
Wie jeder Zivilist,

Darum zu verzeihen ihm ist

Plstolen- rind Säbcl-Affaire,

Denn Schießen und Stechen, wie toll,
Ist edel und ehrenvoll.

Iluch in Sachsen zeigt sich mitunter ein Fortschritt. Früher wurden
die Sozialdemokraten lediglich in die Zelle gesperrt, jetzt kommen nach
und nach immer mehr in die zweite Kammer.

—Rath. ;<-

wenn über enorme Steueroermehrung
Und über die neue Steuerbescheerung
Am Biertisch der Philister krakchlt,

So frag ihn lächelnd: „Wen hast Du gewählt?"

Und wenn er in einer Lntriistungsanwandlung
rnanlt über arge Soldatenmitzhandlung
And über Aaiernenoorgänge schmählt,

So frag'ihn lächelnd: „wen hast Du gewählt?"

Natürlich den „Drdnnngs"-!standidaten,

Den Gegner der Sozialdemokraten!

„So hast Du ja selber gehört zu den Bindern
Der eisernen Authe für Deinen-"

Es ist nicht 2llles richtig
Wohl in den hohen Regionen,

Der Eulenburg uird Caprivi
Die leiden an starken Friktionen.

Doch welcher von den Beiden
Den mindern zuletzt wird vertreiben,

Drob mach' ich mir gar keine Sorgen —
Es wild uns per Miquel ja bleiben.

Man spricht wieder so viel von neuen Landcsbcfcstignngen; da
sollte n»an doch auch einmal daran denken, die Erwerbsverhältnisse
des Landes zu befestigen, anstatt sie durch allerlei Projekte fort-

»« Mm. 3t, S-«.,

Herrensohn sah, hatte er eine große Freude an
dem hübschen Kleidchen, das jener anhattc. Natnr-
gemäß lvollte er mit Karl gut Freund iverden,
aber der Lehrer warf ihm einen strengen Blick
zu, machte einen breiten Raum zwischen Beiden
und verbot Fritz anss Strengste, sich seinem Schnl-
gcnossen zu nähern. Zuerst war auch Karl da-
mit nicht einverstanden. Ilber der Lehrer blieb
dabei, und allmälig sorgte Karl selbst dafür, daß
ihm der Bauernjunge zehn Schritt vom Leibe
blieb. Als Fritz sich die Sache in seinem kleinen
Hirn zurecht zu legen versuchte, kanr ihm plötz-
lich die Erinnerung an die Reitpeitsche, auch an
seine Mutter mußte er denken, die endlich wieder
in ihr Haus zurückgckehrt war. Jetzt brauchen
sie dich wohl nicht mehr, hatte der Vater ge-
sagt, als sie gekommen war. Sie hatte traurig
Rein geantivortet. Und ihm selber mar cs dabei
recht traurig zu Sinn geivesen.

Einmal gab Fritz seiner Stimmung Ausdruck,
indem er den Lehrer fragte: Warum geht denn der
Karl in unsere Schule, wenn er eine Bank für
sich allein haben soll? Kaum hatte cr's heraus,
da fühlte er des Lehrers Faust im Nacken, und
während er sich ducken wollte, sah er, ivie Karl
ihn höhnisch anlachtc. Hub als er seine Prügel
fort hatte, da fragte ihn Karl mit spöttischem
Ausdruck, ob er jetzt geschcidtcr sei.

Karl verließ bald darauf die Dorfschule. Der
Lehrer sollte ihn fortan privat unterrichten, wie
sie im Dorfe sagten, und dann kam er in die
Stadt auf die Hochschule zum Studium. Erst
bei den Soldaten sahen sich die beiden Kinder
wieder. Sie waren keine Kinder mehr. Fritz
diente im dritten Jahre, als der Lieutenant Karl
zu demselben Regiments versetzt wurde. Als er

zum ersten Mal des ehcnraligen Schulkameraden
ansichtig wurde, trat er zu ihm heran. Bist du
nicht von unserem Hof! Zu Befehl, Herr Lieute-
nant. Weißt du noch, wie dich der Vater mit der
Reitpeitsche behandelt hat? Fritz schwieg. Warunr
antwortest du nicht? Fritz schwieg immer noch.
Und das andere Mal, wie dich der Schullehrer
verhauen hat, weißt du dag noch? Run rede doch!
—- Ich will aber nicht. — Gleich redest du oder... .
Karl war leichenblaß geworden. Ilber er sagte
nichts, sondern zischte nur zwischen den Zähnen:
Die nächsten Prügel kriegst du von mir.

Und ivirklich, cs kam der Augenblick, da er
Fritz um eines geringfügigen Versehens willen vor
versammelter Front ins Antlitz schlug. Fritz
wurde cs schwarz vor den Ilngen, einen Angcn-
blick wollte er sich ducken, da aber sah er in Karls
höhnisches Gesicht, ganz wie damals in der Schule,
er richtete sich kerzengerade m die Höhe und ver-
setzte dem Lieutenant einen Schlag, daß er jählings
zurücktanmelte. Kurz darauf wurde Fritz von zwei
Kameraden zum Militärarrest eskortirt. Er hat
seine schnelle That lange, lange gebüßt.

Mutter Natur hatte keinen Unterschied ge-
macht, als sic diese beiden Wesen schuf, wohl aber
Dame Gesellschaft, und wer gegen dies Frauen-
zimmer sündigt, der muß noch härter leiden, als
wenn er gegen Mutter Natur und den heiligen
Geist zusammen frevelt.

Zur Tabaksteuer.

Dnseke: Wenn Du künftig eene Ziejarre
roochst, denn roocht der Miguel immer mit.

Puseke: So, denn rooch' ick blos noch Drcier-
Ziejarren, die wird er man bald satt kriejen.

Vom Staalshauslzalk.

A. : Warum wurde in den preußischen Staats-
haushalt dieses Jahr ein so auffällig geringer
Posten für Pflege der Kunst eingesetzt?

B. : Weil die Aufbringung der übrigen Posten
ohnedies schon eine Kunst ist.

Zeitgemäße Neuerungen.

Beim Zusammentritt des Reichstags wird man
deinnächst neue Formen der Begrüßung anftauchcn
sehen. Wenn antisemitische oder freisinnige Ab-
geordnete nach Berlin reisen, werden ihnen ihre
Parteigenossen nicht „Lebe wohl!" oder „Glück-
liche Reise!" sondern „Guten Umfall!" zn-
rnfen. Statt „Guten Tag!" wird man sagen
„Glücklichen Wortbrnch!" und wenn der
Rektor Ahlwardt siegesstolz das Rcichstagsgcbäudc
verläßt, wird man ihn nicht fragen „Wie steht
Ihr wcrthes Befinden?" sondern „Sind Sic
heute aus gelacht worden?" Wenn die Jasager
nach Bewilligung der Steuern in ihre Heimath
znrückreisen, wird man ihnen nicht „Kommen Sie
gut nach Hause!" sondern „Ein dickes Fell!"
wünschen. _w_

Ministerielles.

Max: Wenn Eulenburg den Caprivi
verdrängt, so ist mir nicht bange, denn Caprivi
wird immer noch eine Enlenburg finden, auf
welcher er seine Tage beschließen kann; aber ivas
thut Enlenburg, wenn er von Caprivi ver-
drängt wird?

Moritz: Na, dann kann er sich ja ans der
Insel Capri eine Villa kaufen und sich auf
dieser Caprivilla häuslich cinrichtcn.
 
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