Veilagc zum „Wahren Macob" Lr. 259.
Ärne grausige Fahrt.
Rußland — weite Länderstrcckeu,
Ins Unendliche sich dehnend
Bon der Gstsee blauer A)oge
Bis zur Mauer der Chinesen,
lleber ihnen aber waltet
Line eis'ge Friedhofsruhe,
Unterbrochen nur zuweilen
von dem heisern Schrei des Geiers,
Der den Bettler oder Flüchtling,
Welcher einsam starb am Wege,
Jur willkommnen Mahlzeit wählet, —
Unterbrochen wohl am Sonntag
Bon den klagenden Gesängen
Urmer Hirten oder Bauern —
Line eigne Welt des Llends,
Lastend unter schwerem Fluche:
Unterm Druck des Despotismus.
Was Luropas Geistesleben,
Was die westliche Gesittung
Abgestreift an thierisch- blöder
Willkür und Barbarenrohheit —
hier noch hat es sich erhalten,
hier noch gilts als Staatsraison.
Und ins Herz des heil'gen Bußland,
Wo sich Moskaus Kuppeln wölben.
Lud man ein Luropas Fürsten
Iu dem Fest der Zarenkrönung.
Abgesandte aller Länder
Sollten schau'n wie Bußlands Aaifer
Wie ein Halbgott jetzt die Herrschaft
Antritt über Millionen
Leines Volkes, das zu Sklaven
Lr an Leib und Seel' erniedrigt, —
Solches, Festes Glanz erhöhen
Sollte staunend und bewundernd
Die Bertreterschast Luropas.
Und sie kamen — kamen wirklich.
Und sie bückten sich ergebenst
vor dem hetman der Kosaken,
Und nicht Liner ist erröthet
Gb der Schmach, die man in Moskau
Der Kultur, der Menschheit anthat.
Doch es kamen auch noch Andre,
Denn es ging im Land die Kunde:
„Väterchen", der Papst und Kaiser,
Wird bei seiner Thronbesteigung
Alles Volk zu Gaste laden.
Wird mit jedem Bauern speisen.
Wird mit jedem Bauern trinken.
Und den Becher Jedem schenken.
Diesem Tage zum Gedächtniß.
Und der Bauern dichte Schaaren
Aahten hungernd sich der Hauptstadt.
Vst schon gaben sie ihr Letztes
Für den Zaren — endlich wollte
Väterchen sich revanchiren.
Rein, da durste ferne bleiben
Kein getreuer Unterthan.
Zur Ghodynska* rasend drängten
viele hunderttausend Menschen,
Lagen Nachts auf feuchter Lrde,
hungerten dem Mahl entgegen.
Das der Zar für sie bereitet.
Wollten essen, wollten trinken.
Wollten einen Becher haben....
Lndlich drängte Alles vorwärts,
hei, da gab's ein wüthend Raufen,
Drücken, Stoßen — Todesschreie
Gellten plötzlich wild und rasend . ..
hat das Zarenmahl begonnen?
Ja — doch ist's ein Mahl des Todes!
* Ein sehr großes Feld, auf dem Volksbelustigungen ic.
abgehalten werden.
Wie beim Feste Dschagarnatha's,
Wo des Götzenwagens Räder
Gläub'ge Pilger jäh zermalmen
Zu des Götzen höherm Ruhme,
So auf dem Ghodynskojfelde
Ging der Wagen des Triumphes
Lines rohen Despotismus
Durch der Menschen dichte Schaaren.
Dummheit lenkte seine Rosse
Und die Räder, sie zermalmten
Tausende von blut'gen Leibern
Der getreuen Unterthanen —
Wahrlich, eine graus'ge Fahrt.
Leichenfelder, Massengräber,
Lin gewalt'ges Menschenopfer —
Linzig fast in der Geschichte —
War der Glanzpunkt bei der Krönung
Väterchens, der Russen Zar.
„Gottes Wille war's", so tönt es
Aus den Bäuchen dicker Popen,
„Gospodin pomilui!“*
Und die eh'rnen Glocken läuten
von Iwan Welikis** Thurme
Dazu dröhnt vom Tainy baschny ***
Dumpf das Krachen der Geschütze.
Und das gute Volk besinnt sich.
Ganz begeistert von den Würsten
Und vom Bier und Meth und Schnaps.
Alle, die noch nicht gestorben,
Trinken froh auf die Gesundheit
Ihres vielgeliebten Herrn!
_ in. K.
* Herr, erbarme Dich!
** Kirche im Kreml, in deren Thurm eine sehr große
Glocke hängt.
*** Thurm in der Umfassungsmauer des Kreml.
Ärne grausige Fahrt.
Rußland — weite Länderstrcckeu,
Ins Unendliche sich dehnend
Bon der Gstsee blauer A)oge
Bis zur Mauer der Chinesen,
lleber ihnen aber waltet
Line eis'ge Friedhofsruhe,
Unterbrochen nur zuweilen
von dem heisern Schrei des Geiers,
Der den Bettler oder Flüchtling,
Welcher einsam starb am Wege,
Jur willkommnen Mahlzeit wählet, —
Unterbrochen wohl am Sonntag
Bon den klagenden Gesängen
Urmer Hirten oder Bauern —
Line eigne Welt des Llends,
Lastend unter schwerem Fluche:
Unterm Druck des Despotismus.
Was Luropas Geistesleben,
Was die westliche Gesittung
Abgestreift an thierisch- blöder
Willkür und Barbarenrohheit —
hier noch hat es sich erhalten,
hier noch gilts als Staatsraison.
Und ins Herz des heil'gen Bußland,
Wo sich Moskaus Kuppeln wölben.
Lud man ein Luropas Fürsten
Iu dem Fest der Zarenkrönung.
Abgesandte aller Länder
Sollten schau'n wie Bußlands Aaifer
Wie ein Halbgott jetzt die Herrschaft
Antritt über Millionen
Leines Volkes, das zu Sklaven
Lr an Leib und Seel' erniedrigt, —
Solches, Festes Glanz erhöhen
Sollte staunend und bewundernd
Die Bertreterschast Luropas.
Und sie kamen — kamen wirklich.
Und sie bückten sich ergebenst
vor dem hetman der Kosaken,
Und nicht Liner ist erröthet
Gb der Schmach, die man in Moskau
Der Kultur, der Menschheit anthat.
Doch es kamen auch noch Andre,
Denn es ging im Land die Kunde:
„Väterchen", der Papst und Kaiser,
Wird bei seiner Thronbesteigung
Alles Volk zu Gaste laden.
Wird mit jedem Bauern speisen.
Wird mit jedem Bauern trinken.
Und den Becher Jedem schenken.
Diesem Tage zum Gedächtniß.
Und der Bauern dichte Schaaren
Aahten hungernd sich der Hauptstadt.
Vst schon gaben sie ihr Letztes
Für den Zaren — endlich wollte
Väterchen sich revanchiren.
Rein, da durste ferne bleiben
Kein getreuer Unterthan.
Zur Ghodynska* rasend drängten
viele hunderttausend Menschen,
Lagen Nachts auf feuchter Lrde,
hungerten dem Mahl entgegen.
Das der Zar für sie bereitet.
Wollten essen, wollten trinken.
Wollten einen Becher haben....
Lndlich drängte Alles vorwärts,
hei, da gab's ein wüthend Raufen,
Drücken, Stoßen — Todesschreie
Gellten plötzlich wild und rasend . ..
hat das Zarenmahl begonnen?
Ja — doch ist's ein Mahl des Todes!
* Ein sehr großes Feld, auf dem Volksbelustigungen ic.
abgehalten werden.
Wie beim Feste Dschagarnatha's,
Wo des Götzenwagens Räder
Gläub'ge Pilger jäh zermalmen
Zu des Götzen höherm Ruhme,
So auf dem Ghodynskojfelde
Ging der Wagen des Triumphes
Lines rohen Despotismus
Durch der Menschen dichte Schaaren.
Dummheit lenkte seine Rosse
Und die Räder, sie zermalmten
Tausende von blut'gen Leibern
Der getreuen Unterthanen —
Wahrlich, eine graus'ge Fahrt.
Leichenfelder, Massengräber,
Lin gewalt'ges Menschenopfer —
Linzig fast in der Geschichte —
War der Glanzpunkt bei der Krönung
Väterchens, der Russen Zar.
„Gottes Wille war's", so tönt es
Aus den Bäuchen dicker Popen,
„Gospodin pomilui!“*
Und die eh'rnen Glocken läuten
von Iwan Welikis** Thurme
Dazu dröhnt vom Tainy baschny ***
Dumpf das Krachen der Geschütze.
Und das gute Volk besinnt sich.
Ganz begeistert von den Würsten
Und vom Bier und Meth und Schnaps.
Alle, die noch nicht gestorben,
Trinken froh auf die Gesundheit
Ihres vielgeliebten Herrn!
_ in. K.
* Herr, erbarme Dich!
** Kirche im Kreml, in deren Thurm eine sehr große
Glocke hängt.
*** Thurm in der Umfassungsmauer des Kreml.