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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0154
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Verlag von I. H. W. Dieh in Stuttgart.

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■er ergebenst Unterzeichnete Verlag beginnt in den nächsten Tagen

die gesammelte« Vorträge und Aufsätze des Herrn
Professor Itr. 2l. Dodel unter dem Titel

Aus iftint und illilMrimft

herauszugeben. Der häufig dem Verfasser und auch dem Verleger
geäußerte Wunsch, diese hochinteressanten Vorträge durch eine Lieferungs-
Ausgabe einem größeren Publikum zugänglich zu machen, soll hiermit
erfüllt werden.

Das Ganze ist in drei Theile getheilt.

Der erste Theil umfaßt: Lebe» und Tod. Jllnstrirt. Zum
ersten Mal veröffentlicht. (Circa 20 Bogen.)

Der zweite Theil besteht aus: Bauer, Arbeiter, Wissen-
schafter. — Konrad Teubler, ein Bancrnphilosoph. — Vom
Weib. Seine soziale Stellung und seine Befähigung. — Ueber
die ältere Natur-Verachtung und die neuere Natur-
Betrachtung. (17 Bogen.)

Der dritte Theil enthält: Moses oder Darwin? Eine Schnl-
frage. (11 Bogen.)

Der Herr Verfasser sagt zur Einführung deS Werkes daö Folgende:
Die Gegenwart baut am Rohbau einer neuen, einer besseren Zeit.
Das Alte ist zum Theil schon gestürzt, ein anderer Theil bröckelt
nach: >vir stehen vor Trümmerhaufen, ans denen wir die brauchbaren
Granitblöcke alter Wahrheiten herausholen zur neuen Züsammen-
fügung ins Fundament der Zukunft. Der liegen bleibende Niest ist
unbrauchbarer Schutt, schlecht genug für Brennesseln und Disteln,
zwischen welchen der rothe Feldmohn nicht mehr gedeihen kann.

Die kindliche Gedankenwelt entsagender GlanbenSseligkeit mußte
der erlvachenden Vernunft im klaren Erkennen des Natur- und Welt-
geschehens Platz machen. Wir haben aufgehört zu glauben, zu träumen
und zu phantasiren, weil wir begonnen haben, unsere Sinne zu ge-
brauchen und die Vernunft, d. h. die natürlichen Denkgesetze, zu unserem
Wegweiser zu machen.

Zu allen Zeiten gab es einige wenige Menschen, welche alles
Glaubenswesen über Bord geworfen unb die Vernunft allein mit der
Steuerung ihres Gedankenschiffleins betraut haben. Manche jener
Wenigen sind dafür ans Kreuz geschlagen oder verbrannt worden.
Nnir kommt die Wende der Zeit und >vird in ihrem Gefolge haben
— die Wende der Noth.

Es ist keine Frage: wer die Gesetze des Natur- und Weltgeschehens
erkennt, der wird Natur und Welt in seiner Art beherrschen. Er
kennt die Vergangenheit und die Gegenwart und weil er das Ent-
wicklungsgesetz in den Geschehnissen der Vergangenheit und der Gegen-
wart herausrechnet, so berechnet er auch den fließenden Entwicklungs-
gang der Zukunft. Und er berechnet den Zerfall des Alther-
gebrachten und noch Bestehenden mit derselben Sicherheit, wie der
Astronom die Finsternisse der Sonne oder des Mondes vorausrechnet.

Vieles von dem Althergebrachten wird über Kurzem fallen, zer-
bröckeln. Wir hören das Knistern und Kritschen im morschen Mauer-
werk heute schon. Wir können auch sagen, daß morgen dieser alte
Bau, übermorgen ein anderer in Staub zusammensinkt.

Dergleichen Zerstörungs-Phänomene sind nicht immer vergnüglich
anznschauen, sondern oft niederschlagend. Wir sollten in allen
Fällen darauf bedacht sein, an Stelle des Alten ein besseres
und schöneres Neues zu setzen.

Das ist die Aufgabe wahrhaftiger Befreiung, die zugleich Beseli-
gung ist.

Kein Zweifel! Die Wahrheit allein kann frei und kann
selig machen. Sie — die Wahrheit — in weite Kreise zu tragen,

Einer recht zahlreichen Subskription entgcgcnsehcnd, zeichnet

Stuttgart, i. Juli 1896.

dorthin zu tragen, wo Jrrthnm, Glaube und Wahn nur Unheil
schufen — das ist die schönste Aufgabe derer, die am Webstuhl der
Zeit arbeiten und ein dauerhaft Gewand wirken für das Gedanken-
wesen der Zukunft.

In diesem Sinne hielt ich seit circa fünfundzwanzig Jahren
öffentliche Vorträge auch außerhalb der Hochschule. Hier — in dieser
Sammlung — kommen einige derselben zur Publikation: etliche zum
ersten Mal, andere in neuer Auflage.

Sie sind nicht ohne Eindruck geblieben, diese Vorträge und Auf-
sätze. Vielen denkenden Menschen haben sie Anregung gebracht, manche
Zweifler zur Einsicht geführt, Vieler Willen angefacht und manchen
Elenden getröstet. Mögen sie daS weiterhin thun!

In dem Kapitel über „Leben und Tod" trinmphirt nicht der
Tod, sondern das Leben. Jener — der Tod — ist ein Nichts, vor
dem kein naturwissenschaftlich gebildeter Mensch mehr Furcht haben
kann. Weg mit der Furcht vor den Gespenstern, weg mit der Furcht
vor dem Tode! so können wir leben!

Im „Bauer, Arbeiter und Wissenschafter" soll gezeigt
werden, daß wir alle Drei zusammenstehen müssen, wie die drei
Männer aus dem Rütli, wenn die Freiheit für Alle heraufkommen
soll über den Nöthen und Drangsalen unserer Zeit.

Der Aufsatz über Konrad Deubler hat die Aufgabe, zu zeigen,
wie der schlichte Sinn des Bauers und Arbeiters ganz wohl befähigt
ist, das Natur- und Weltganze wissenschaftlich zu verstehen und in
dieser Weltanschauung selig zu sein — ohne Glaubenssätze und ohne
kirchliches Wesen. Jener österreichische Bauernphilosoph ist mir ein
Vorbild des Weltbürgers der Zukunft.

In der Abhandlung „Vom Weib" trete ich dem landläufigen
Vornrtheil entgegen, daß das Weib nach Geist und Leib ein minder-
werthig Wesen und von Natur aus verurtheilt sei, Sklavin des
Mannes zu sein. Das Weib ist als Mensch dem Manne mindestens
ebenbürtig. Soll die ganze menschliche Gesellschaft frei und glücklich
werden, so haben wir in erster Linie an: Weib ein tausendjähriges
Unrecht gut zu machen und ihni die Gleichberechtigung mit dem Manne
zu geben. Anders kommen wir nicht Vom Fleck und nicht aus der
sozialen Misere heraus.

Der Vortrag über „Die ältere Natur-Verachtung und
neuere Natur-Betrachtung" zeichnet den Gegensatz zwischen
Alten: und Neuen:, zwischen finsterem Glaubenswesen und stupider
Unwissenheit einerseits und verheißungsvoller Erkenntniß anderseits.

Den Schluß dieser Sammlung bildet die Serie von drei Vor-
trägen über die Frage: „Moses oder Darwin?" welche hier znm
sechsten Mal in deutscher Auflage erscheinen. Diese Frage ist un-
zweideutig beantwortet: jedes Kind wird die Antwort verstehen, nach-
dem sie bis heute schon von hunderttausend Hörern und Lesern bereits
verstanden worden ist.

Ich hoffe, der Leser dieser Vorträge und Aufsätze ans Leben
und Wissenschaft wird unschwer den rothen Faden erkennen, welcher
sich von Anfang bis zu Ende durch das ganze Buch hinzieht. Der
Leser wird auch alsbald erkennen, daß wir bei der neuen Welt-
anschauung ganz wohl unsere Rechnung finden in Sachen innerer
Glückseligkeit. Diese innere Glückseligkeit darf fürderhin nicht mehr
blos Erbtheil einiger Weniger sein, sondern sie soll und muß Gemein-
gut Aller werden. Das arbeitende, das schaffende Volk hat den
ersten Anspruch ans die Wohlthaten wissenschaftlicher Erkenntniß.

Demselben arbeitenden, schaffenden Volk sei dies Buch gewidmet!

Das Werk wird hiermit zur öffentlichen Subskription aufgelegt.
Alle Buchhändler und Kolporteure nehmen Bestellungen entgegen.
Der Umfang des Werkes wird 24 Lieferungen n 20 Pf. nicht
übersteigen. — Alle acht Tage erscheiill ein Heft.

Hochachtungsvoll

% G. W. Wetz' Verlars.

Verantwortlich für die Redaktion Georg Bastler in Stuttgart. — Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
 
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