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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0161
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2236

--W4- Sommernacht^-slsraum. -s^--

Mn lauer, blühender Sommernacht
V® Laß ich in Träumen allein.

Nit Lilberstrahlen durchrieselt der Nond
Die Blätter im dunklen Hain.

Betäubend drängt sich um Aopf und Herz
Der Blüthen bezaubernder Duft,

Nit schmeichelnden Armen umfängt mich sanft
Lin leiser Hauch der Luft.

Gedanken bunt und wirr durchziehn
Wie Schatten meinen Sinn,

Vergangenheit und Zukunft eilt
Bor meinem Geist dahin.

Doch endlich sinkt mein müdes Haupt
Dem Schlaf sanft in den Arm,

And Ruhe, süße Ruhe nun
Scheucht der Gedanken Schwarm.

Da plötzlich in des Nondes Licht erscheint
Lin Bild gar wunderbar,

Lin schöner Nann in griechischem Gewand,
Den Rranz im braunen Haar.

Gedankentiefe heitrem Sinn gepaart
verkündet seiner Stirne lichter Glanz,

Die dunklen Augen sprühen Nuth und Rraft,
And süßen Laut verheißt sein ros'ger Mund.

Doch eh' ich rechte Sammlung noch gefunden.
War schon das schöne Bild entschwunden.

Allein dem Dunkel, das sich nun verbreitet,
Lntstieg von Neuem eine Traumgestalt:

Lin stolzer Ritter war's auf hohem Roß,
Hell glänzt' sein Rüstzeug und sein blankes

Schwert,

And auch sein Haupt ein Blumenkranz umwand.
Doch ach, er welkt, entblättert sinkt er nieder.
Die helle Rüstung decken düstre Schatten
Als wie von schwarzen Autten drauf geworfen.
Und hier und dort auf ihrem trüben Glanz
Lrstrahlt es furchtbar wie von Feuerschein.

Bald sinkt auch dieses Bild in Nacht zurück.

Und nun taucht draus hervor ein Jüngling, stolz,
Bon kühnem Denken strahlt die freie Stirn,
Hoch schwingt sein Arm die Fackel der Ver-
nunft,

Und hell wird's rings umher! —

Doch wie? so grausam narrt mich Phantasie?
Der stolze Held schrumpft feig zusammen.
Anstatt der Jugend fenr'gem Angesicht
Seh ich ein Wesen, das halb Greis, halb Kiub;
Die Hackel längst entfiel dem schwachen Arm,
Umklammert hält er fest mit Angst und Gier
Jetzt einen Beutel Geld.

Und während so der widerliche Zwerg
Nir in die Augen greinend grinst,
j Da mußt ich gleich, was dieses Bild wohl meint:

„Dies, theurer Freund, ist unsre Gegenwart!
Und Scham und Lkel drückte meine Brust.

Sieh da, dort hinter ihm durch Nebeldunst
Dringt hell empor mit allgewalt'ger Araft
— Indeß der Zwerg sich scheu zu Boden duckt
Jetzt eine neue Lichtgestalt:

Des Griechen heiter-schönes Wesen,

Des stolzen Ritters Uraft und Nuth,

Des kühnen Jünglings Feuergeist
Flammt all' vereint in seines Auges Gluth.
Und segnend hält den ew'gen Siegerkranz
Die hehre Freiheit über seinem Haupt,

Da jauchzte auf mein Herz in lautem Zubel
Und freudig rief's: Dir, Zukunft, Heil!
Glück auf dem kommenden Geschlecht!

Lin Frösteln zog jetzt durch den Hain,

Ich war vom Traum erwacht;

Doch lange noch lag in dem Sinn
Nir dies Gesicht der Nacht.

Und fern am Horizont erhob
Sich durch die Nebel dicht
Nit allgewalt'ger Siegerkrast
Der Sonne rothes Licht.

Ick) aber athmet froh und frei
Den Duft aus blnm'gem Hag,

Rief mit der Lerche Iubelfchrei:

Glück auf, du junger Tag! rc.

Nnti-SoMlistiKuin.

3)er dicke Polizeikommissar Stubenhaner lag, in seinen alten
Schlafrock gehüllt, auf dem Kanapee, rauchte die lange Pfeife und las
den „Volksfreund". Sein fettes Gesicht nahm eine immer tiefere Röthe
an und die Zornesader war unförmig dick angeschwollen. Plötzlich
warf er das Blatt heftig bei Seite und rief seine Tochter Selma.

Die Gerufene, ein schlankes, anmuthiges Mädchen mit dunklen
Augen und schwarzem Haar, huschte vom nebcnanliegcndcn Zimmer
herein und fragte nach seinem Begehr.

„Bringe mir doch einmal einen ,Antisozialistiknnst."

Selma drohte schalkhaft mit dein Finger, erfüllte aber seinen

Bringe mir doch einmal einen „Antisozialistikum".
 
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