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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0170
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2245 »—<

in dem Sidneyschen Kreise wirklich geführten Gespräche — in Gesprächs-
form ist sie abgefaßt — dienen. Dazu paßt vollkommen ihr Inhalt:

. . - ■ — ... nw

Durch die Gunst des Kölligs lvar illlil 23utno genügend geschützt

gegen die theologischen und akademischen Anfeindungen. Wenn er trotz- form ist sie abgefaßt — dienen. -r-azu «««*.. ^

dem im Jahre 1583 wohl empfohlen an den französischen Gesandteir ^ die glänzende, mit wahrhaft dichterischen, Schwung vorgetragene ^>er-
Michel de Castelnau nach England fuhr, so kann man mit Recht als , theidigung der Lehren des Koperuikus. Die in derselben beiläufig zur
Anlaß dazu den Ausbruch ' ' Darstellung gelangenden

des Krieges in Frankreich

annehmen.

In London öffnete
ihm der Gesandte Frank-
reichs gastfrei sein Haus,
in welchen, Bruno die
glücklichste und für sein
Wirken fruchtbarste Zeit
seines Lebens verbrachte.

Sein Gastfreund war eine
durchaus edle, in jeder
Hinsicht achtenswerthe,
auch höchst interessante
Persönlichkeit. Castelnau
erfreute sich der Gunst
der Königin Elisabeth,
obwohl er Katholik und
mit Maria Stuart be-
freundet war und ihr sich
vielfach hilfreich erwies;
er schützte und übte nach
Kräften die Wissenschaf-
ten und Künste und hin-
terließ lverthvolle Denk-
würdigkeiten seines Le-
bens. In religiöser Hin-
sicht war er in höchstem
Grade duldsam, miß-
billigte jede Art von
Gewaltmaßregeln gegen
Ketzerei und empfahl den
religiösen Parteien, statt
ihre Kräfte auf unwürdi-
gen und unersprießlichen
Hader lieber auf treue
Amtsführung und ernsten
Betrieb der Studien zu
verwenden.

Bruno stand in Lon-
don in regem Verkehr
mit allen Leuten von
Geist und Bildung, die
am Hofe der Königin
Elisabeth glänzten, welche
selbst sich ihn hatte vor-
stellen lassen. Vor Allem
trat er Philipp Sidney,
dem angesehenen Staats-
manil, Feldherrn und ge-
lehrten Dichter nahe, dem
er auch zwei seiner bedeu-
tendsten Werke in italie-
nischer Sprache gewidmet
hat. Von dem auch an
englischen Universitäten
herrschenden falscharistote-
lischen Schlendrian ur-

Standbild des Giordano lKruno-Denkmals in Rom

von Lttore Ferrari.

Darstellung gelangenden
Ansichten Brunos über
die Entwicklungsgeschichte
der Erdoberfläche muthen
uns ganz modern an, so
daß er hierin, wie in
vielen anderen Punktei,
unstreitig späterei, Fort-
schritten mächtig vorge-
arbcitet hat. Wie viel
ihm unter den späteren
Denkern Cartesius, Spi-
noza, Lcibnitz u. a. dan-
ken, ist längst überzeugend
nachgewiesen. Sogar als
einen der Vorläufer Dar-
wins ihn zu bezeichnen
ist nicht unberechtigt.

Im Jahre 1585 kehrte
Castelnau von seinem Ge-
sandtei,Posten nach Paris
zurück und Bruno ging
mit ihm. Aus dieser
Thatsache läßt sich er-
messen erstens, welchen
Werth der Schutz des
französischen Gesandtei,
für Bruno hatte und
zweitens wohl auch, wie
innig das freundschaft-
liche Verhältniß zwischen
den beibett Männern war.

In Paris, wo Bruno
wieder Casteliiaus Gast-
freundschaft genoß, suchte
er durch Verinittlung des
spanischen Gesandten sei-
nen Frieden mit Rom
zu machen, doch vergeb-
lich, da er sich weigerte,
wieder in seinen Orden
einzutreten. Die inne-
ren Wirren in Frank-
reich ließen ihn nun seine
Blicke nach dem ketzeri-
schen Deutschland richten.

Er ging über Mainz
und Marburg nach dem
Herd der deutschen Ketze-
rei Wittenberg, wo er
Vorlesungen über Mathe-
matik, Physik und Philo-
sophie hielt und Schriften
über die Gedächtnißkunst
des Rainiundus Lullus
herausgab, mit der er sich
öfter lehrend und schrift-
stellerisch befaßt hat.

^uuenorian ur- . ^ ,. , ,

theilte dieser Gönner und Freund Brunos ja auch sehr abjprechcnd;
»die vier Fakultäten," meinte er, „sind auf eine zusan,mengeschmolzen,
die der Wvrtweisen; um die Sachen kümmern sie sich nicht, Worten
jagen sie „ach."

Daher ist uns begreiflich, daß Bruno nur drei Monate lang an
der Universität zu Oxford als Lehrer zu wirken über sich gewann und
den englischen Wissenschastsbctrieb in den Schriften „Ucbcr d,c Ursache
und namentlich in dem „Asckermittwochsgastmahl" mit scharfer sLatne
durchhechelte. Die letztere Schrift kann als ziemlich treues Abbild der

Seinen Uebertritt zur lutherische» Kirche vermochte man von ihn,
hier ebenso wenig zu erlangen, wie einst in Genf die Annahme des
reformirten Bekenntnisses; seine geistige Entwicklung >var darüber längst
hinaus gegangen! An dieser Erkenntniß kann uns auch Brunos be-
geistertes Lob Luthers nicht irre machen, das in reichlichem Maße be-
sonders in seiner Abschiedsrede beim Weggang von Wittenberg gespen-
det wird.

So lange die Lutherischen am Ruder waren, hatte ja Bruno sich
voller Lehrfreiheit zu erfreuen. Damit hatte es aber ein Ende, als
 
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