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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0178
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2258 * • < —

Teufelei.

Es tobte der Herr der Hölle
In seinem Revier umher.

Er fluchte abscheulich und quälte
Die armen Seelen sehr.

Da sagte ein alter Berliner:
Monsieur, das dürfen Sie nicht.

Sie kommen sonst sicher in Preußen
Vors Disziplinargericht.

Da grinste der Teufel höhnisch.

Und sagte: Mein lieber Mann,
was könnte mir wohl geschehen
vor diesem Gericht sodann?

Man würde mich höchstens versetzen
Mit gleichem Rang und Gehalt
Auf einen anderen Posten —

Den hätt' ich gefunden bald.

Ich zög' in die Rolonien
Mit meiner Teufelei,

Dort ist durch den Weggang Schröders
Lin paffender Posten frei.

Da schweigt die Kritik.

Der größte Satiriker ist die Geschichte, und namentlich die Geschichte
des Kapitalismus beschämt in ihren wirklichen Gebilden die menschliche
Phantasie mit all ihren Fabelwesen und Ungeheuern, Teufeln und Drachen.
In Hamburg, wo es nach den gründlichen Untersuchungen des Bundes-
raths keine Bordelle giebt, wollen sich trotzdem die Bordellivirthe — organi-
siren, und es soll — ein Blatt gegründet werden, das — ihre gemein-
samen Interessen vertreten wird.-- Die Kritik vernahm es, als sie

erzklirrend daherschritt. Sie ließ den Arm sinken, stieß ihr blitzendes
Schwert in die Scheide und ging mit gebeugteni Haupt tief sinnend davon.

Die Kolonial-Abthrilung

hat eine werthvolle Erwerbung gemacht; aber nur keine Furcht, es han-
delt sich nicht um die Kolonial-Abtheilung im Auswärtigen Amt, sondern
nur in der Schreckenskammer von Castans Panoptikum. Das Neueste
ist hier die Kopirpresse des neuesten Kolonialhelden Schröder, zwischen
die er die Hände der Neger, speziell einer in Ungnade gefallenen Geliebten,
eingeklemmt hat. Die n »relalterlichen Folterwerkzeuge, spanische Stiefel,
schlimme Liese, D ..»schraube, ziehen nicht mehr und sollen demnächst
als Kinderspielzeug verauktionirt werden.

■~<üa5' Hobelspähne.

Daß Arbeiter streben nach Wissen,

Das achtet der Bourgeois nicht,

Die Bildung des Volks kann er missen,
Er legt auf den Fleiß nur Gewicht.
Der Fleiß soll den Arbeiter zieren —
So folget dem Rathe stramm,

Durch fleißiges agitiren
Für unser Parteiprograinm.

Die Rcichsverfassung läßt uns vollständig
im Unklaren darüber, ob der Lukanus eine
Staatscinrichtung oder eine revolutionäre

ÄA ^ Umsturzerscheinung ist.

„Des Bismarcks Befinden ist herrlich,

Der große Bistnarck stirbt nicht" —

So künden die „Hamburger Nachrichten" oft —
Ja — Unkraut, das verdirbt nicht.

Unlauterer Wettbewerb!" sagte der Spitzbube, da las er,
reicher Strumpfbaron eine Lohnreduktion vorgenommen hatte.

daß ein

Von einem großen Erfolge
Erzählt man in Moabit,

Es theilen sich's die Strolche
Im Kerker freudig mit:

Man muß Respekt nun hegen
Vor uns, wir geben's fein:

Wir sind die Herren Kollegen
Des Herrn von Hammerstein.

die Ultramontanen so gern
der Krumm st ab ist.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Es ist nicht zu verwundern, daß
krumme Wege gehen, da ihr Wegweiser

Wenn ich preußisch-deutsche Kultur dort einführ,
sollte, dann mußte ich doch so verfahren! We>
diese schwarzen Saukerle keinen Respekt vor ein
deutschen Reservehose haben, dann muß er ihn
mit eiserner Strenge bcigcbracht werden. <D« 21

geklagte verfällt in einen Weinkrampf und mutz sich beim
erst durch einige Glas Champagner stärken.)

Präs.: Herr Hauptmann wollen sich doch bi
nicht so sehr erregen! Ihre nationalen Gesät
finden ja beim Richterkollegium volles Verständni

Angekl.: Wenn ich das Bewußtsein gehn
hatte, daß ich den Traditionen unserer Arm
nicht entspräche, dann würde ich selbst Sie
bitten, mich wie einen Hasen zu spicken und lan
sa>n zu braten; ich würde dabei noch nicht m
das Mouocle aus dem Auge fallen lassen! D
ist Ihnen doch wohl klar!

Präs.: Natürlich. Ich konstatire, daß Jl
Versicherung auf mich einen tiefen Eindruck \
macht hat. — Endlich ist noch durch Zeugen I
kündet worden, daß Herr Hauptmann zu Ihr»
Vergnügen Eingeborene von den Bäumen neschaii
und dann skalpirt hätten.

Angekl. (heult jetzt wie mehrere Schlojihunde in xi

kalten Winternacht oder wie eine Pantherfamilie kurz vor
Fütterung. Ströme Wasfers entstürzen feinen Augen; <

richtsdiener sind beschäftigt, den Boden des Saales trocken
wischen.)

Präs.: Das genügt uns. — Herr Staa
anwalt, Sie haben das Wort. ~

Prem.-Lieut. der Res. Staatsanwalt I
v. Kaltenschnauz: M. H. - der Herr Hau
mann — ohne Zweisel Beamter von seltei
Pflichttreue — riesig schneidig — famos! — hoc
sympathisch — offenbar Herz für Kolonie jeh,
~~ wenn öffentliche Meinung nichts jemerkt ha

und Auswärtiges Amt nicht Bestrafung v
langte — so aber, Herr Hauptmann — bedai
sehr — doch wohl 'n bischen zu forsch jewesen
durften afrikanische Verhältnisse nicht nach de
scheu beurtheilen — beantrage Geldstrafe, vi

Präs, (zum Angeilagten): Haben Herr Hau
mann darauf etwas zu erwidern?

Angekl.: Bitte nur, dem Herrn Kamera!

von der Staatsanwaltschaft eine Forderung auf
Pistolen übermitteln zu molleil.

Präs.: Mit Vergnügen. - Die Vcrthetdignng

hat das Wort.

Hauptnrann der Res. Rechtsanwalt Or.
Knnffki: Die Oeffentlichkeit existirt seit dem hoch-
seligen Brauscwetter nicht mehr. Ich wundere
mich, daß der Herr Staatsanwalt als modcrilcr
Jurist davon keine Kenntniß hat. Was allenfalls
an öffentlicher Meinung in Deutschland noch zu
finden ist, darf anstandslos außer Acht gelassen
werden. Eine öffentliche Meinung, die auf der
Höhe unserer Kultur steht, ist höchstens noch in
Afrika zu finden. Als mein Klient noch auf sei-
nem Posten war, gab es in ganz Afrika nur eine
Stimme des Lobes über ihn. Darnach ist Frei-
sprechung selbstverständlich.

Präs, (zum Angeklagten): Befehlen Herr Haupt-
mann, daß wir uns zur Bcrathnng zurückziehen?

Angekl. (kommandirt): Wegtreten.

Der Gerichtshof macht eine stramnie Wendung
und geht im Parademarsch, Augen links, den
Vorgesetzten fest, aber freundlich anblickend, ab
ins Berathungszimmer. Nach fünf Minuten
kehren die Richter zurück und machen „Still-
gestanden"; der Präsident legt die Hand ans
Barett und meldet: „Ein Lieutenant und neun
Unteroffiziere zur Stelle".

Angekl.: Rührt euch!

Präs.: Befehlen Herr Hauptmann das Urtheil ?

Angekl.: Schießen Se los!

Präs.: Der Angeklagte wird mit Rücksicht
auf seine außerordentliche Pflichttreue und seine
Verwendbarkeit im Staatsdienste zur Versetzung
m e'n an^ere® Amt von höherem Range und zur
Annahme einer Gratifikation im Betrage von
25000 Mark verurtheilt. Falls er ein Amt in
den afrikanischen Kolonien ablehnen sollte, hat er
Anspruch auf den Posten eines Justizministcrs.
Die Kosten werden der Staatskasse auferlegt. —
Haben Herr Hauptmann zu diesem Urtheil etwas
zu bemerken?

Angekl.: Ich bin mit euch zufrieden, Leute.
Ihr habt gezeigt, daß das Vaterland in der Stunde
der Gefahr auf euch zählen kann. Ich werde in
meiner künftigen Stellung wohl Gelegenheit fin-
den, euch zu zeigen, daß ein braver, ehrliebender
Soldat sich des besonderen Wohlwollens seiner
Vorgesetzten fort und fort versichert halten darf.
Stillgestanden! Korporalschaften — formiert!
Einrücken! Natas.

Darum.

Max: Warum ist die Durchfahrt am Nord-
pol bisher nienials zu ermöglichen gewesen?

Moritz: Wahrscheinlich lassen die Nord-
polizisten Niemanden durch.

Juristisches.

Erster Spießbürger: Ein Gewitter bei
Nacht ist doch eine ganz ungehörige öffentliche
Ruhestörung!

Zweiter Spießbürger: Aber wen soll man
dafür verantwortlich machen?

Erster Spießbürger: Na, man könnte ja
ein Strafverfahren gegen „Unbekannt"
einleiten.

Unbescheidenheit.

Konfektionär: Es ist unglaublich, wie un-
bescheiden die Arbeiter heutzutage sind. Ich liefere
ihnen den Kleiderstoff und das Futter zu den
Arbeiten, die sie auszuführcn haben, ganz gratis,
und da beschweren sie sich noch, daß sie die
Nähfaden dazu geben sollen!

.. iuq eigene Kosten bi

Bauplatz, die Steine, den Kalk und dc
Lehm, und da wollen die Kerle auch noch Loh
habenI
 
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