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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0051
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2398

-L- Aeine Jesuiten — keine Panzer!

(Db man nach neuen Regimentern trachtet,
Die Mark und Rraft uns aus -en Rnochen saugen,
Ob man nach neuen Riesenpanzern schmachtet
Stets wir- es grün und gelb mir vor -en Augen,
Denn jedes Mal, liegt so was in -er Luft,
Steckt auch -er alte, schlaue Schacherjude,
Mit seinem widerlichen Moderdnft,
Die spitze Schnauze wittern- aus -er Bude.
Lr braucht kein Wort, das bindend ist, zu lallen,
Denn deutlich kannst in seinem Blick du lesen:
,,Ich thäte euch am Lude den Gefallen,
wenn ihr zuvor gefällig mir gewesen.
Ruft die Gesellschaft Jesu ihr ins Land,
Laßt -en Verdacht, den kränkenden, ihr schwinden,
So wird - wäscht eine -och die andre Hand! —
Sich alles weitre höchst wahrscheinlich finden."
Und wieder trägt für uns, die schärfer sehen,
Die ganze Lage dieses Schachers Stempel,
Denn wie man sich auch weuden mag und drehen —
Ls bleibt erstaunlich einfach das Lxemxel.

Das Zentrum zahlt, wenn diese schwarzen Herrn
Im Deutschen Reiche ungehindert wohnen,
Sechs neue Panzer oder Rreuzer gern
Und ein'ge hundert lump'ge Millionen.
Da braucht man Reinem erst den Staar zu stechen
Ist -och mit Händen das Geschäft zu greifen;
wir wissen auch, daß auf die Wahlversprechen
Die biedern Schwarzen seelenruhig pfeifen.
Natürlich fabeln vom Gefühl der Pflicht,
Vom Schutz des Vaterlands die Frommen, Guten,
Doch wer bezahlt den Scherz? Das Zentrum nicht,
Das ganze Volk muß wie gewöhnlich bluten.
vor jeder Neigung zu serviler Bitte
Bewahrt uns Trotz und jugendliche Frische,
Doch diesmal naht das Volk mit festem Schritte
Dein hohen Bundesrath am grünen Tische,
Und bittet ihn, sein früh'res festes Nein
Betreffs der Jesuiten zu erneuern.
Der Grund ist einfach: In des Volkes Rechn
Herrscht tiefes Graun vor allen — neuen Steuern.
Der Wahre Jacob.

Im Mär?.
-)ie Fluthen und die Stürme toben
In toller Ungebundenheit
Und wieder kehret glanzumwoben
Der Mutter Erde Jugendzeit.
Der Mensch auch, der in Äual und Sorgen
Des Minters lange Rächt durchlebt,
Lr fühlet, wie am Frühlingsmorgen
Die Hoffnung neu sein Herz erhebt.
Lr sieht die Lrde sich verjüngen
Und neu verjüngt sich auch sein Muth
Im frischen, kampfesfrohen Ringen
Um der Lnterbten Recht und Gut.
Und giebt er mit des Lenzes Freuden
Der müden Seele Kraft und Schwung,
Lrwacht wie fernes Glockenläuten
Ihm leise die Erinnerung.
Ls war dereinst ein Tag im Märze,
Mit Lonnenglanz und Sturmgebraus,
Da zog das Volk in Zorn und Schmerze
Zum Zreiheitskampfe tapfer aus.
Da gab's ein ungestümes Magen
In Todesmuth mit blanker Mehr,
Da ward der stolze Feind geschlagen.
Den Sieg erfocht der Freiheit Heer.
Und folgte bald des Feindes Rache
Mit Kerkerbann und Rlutgericht,
Mar dennoch für des Volkes Sache
verloren jener Närztag nicht. —
Geändert haben sich die Zeiten.
Ls greisen nicht zum Schwerte mehr.
Die heute für die Freiheit streiten.
Sie haben eine bess're Wehr:
Das freie Mort, das mächtig zündend
In allen Herzen wiederhallt.
Der Proletarier Recht verkündend,
Ls schlägt die Schergen der Gewalt.

Mir wollen freundliches Gedenken
Des Märzes alten Kämpfern weihn.
Mir wollen unsre Fahnen senken
vor der verfall'nen Gräber Reih'n.
Dann aber hoch im Sturm des Märzen
Soll unser rothes Banner wehn,
Indeß mit hoffnungsfrohem Herzen
Dem Siege wir entgegengehn.

Eine Diplvmalrn-Kvttfereuz.
Vermöge der ausgezeichneten Beziehungen des
„Wahren Jacob" zu den weltbeherrschenden Kreisen
sind wir in der Lage, nachstehendes Protokoll einer
geheimen Diplomaten-Konfercnz zu veröffentlichen,
welche in Angelegenheit der griechisch-türkischen
Frage abgehalten wurde. Die Konferenz fand in
einer europäischen Residenz statt, den Vorsitz führte
Rußland.
Rußland (die Knute vor sich aus den Tisch legend):
Ich eröffne die Sitzung. Wir sind zusammen-
gekommen, um den Gefühlen der Eintracht, die
nns alle beseelen, wieder einmal Ausdruck zu geben
und den europäischen Frieden, der in allen Fugen
kracht, nothdürftig zusammenzuleimen.
Oesterreich: Natürlich; wenn Rußland
das Wort hat, sind wir anderen immer die Ge-
leimten.
England: Kommen wir zur Sache. Der
Türke muß sich endlich entschließen, etwas mehr
wie bisher an Reformen zu denken. Gestern wurden
in der Türkei Armenier todtgeschlagen, heute
Griechen — wohin soll das noch führen?
Rußland: Nur nicht so stürmisch! Wir können
ja ruhig abwarten, bis auch Engländer und Fran-
zosen todtgeschlagen werden, dann ist es immer
noch Zeit, zu erwägen, ob es angemessen sei, in
der türkischen Rcformfrage die Möglichkeit eines
beschleunigteren Tempos ins Auge zu fassen.
Italien: Ich erlaube mir zu bemerken, daß
eS sich heute ausschließlich um Kreta handelt.
Was thun mir mit Kreta? Wem gehört es?
Griechenland: Ich habe es in der Tasche.

Oesterreich: Freilich; das ist die höhere
griechische Klephtomanie.
Griechenland: Bitte, ich habe es anncktirt,
nicht gestohlen. Der anwesende Vertreter Preußens
wird nur bestätigen, daß dies ein Unterschied ist.
Im klebrigen bitte ich Rußland, mich in meinem
wohlerworbenen Besitz zu schützen.
Frankreich: Halt, das ist unlauterer Wett-
bewerb! Ich allein habe das Patent, vor dem
Zaren zu kriechen.
Rußland: Keinen Zank, oder—! (Hebt drohend
die Knute. Frankreich drückt Griechenland versöhnt ans Herz;
Griechenland stiehlt ihm bei dieser Gelegenheit die Uhrkelte.)
Fürst Hohenlohe (Deutschland): Ich habe am
Orient gar kein Interesse, allein die Flegelei
Griechenlands gegen den ehrwürdigen Sultan
zeugt von zunehmender Verrohung der Jugend,
und es muß etwas dagegen geschehen, z. B. eine
Sperrung des Piräus.
England: Zu solchen Polizeichikancn gebe
ich meine Schiffe nicht her.
Hohenlohe: Dann können wir es ja mit
den deutschen Schiffen besorgen.
England (leuchtet mit einem brennenden Streichholz
unter den Tisch).
Hohenlohe: Was suchen Sie?
England: Die deutschen Schiffe.
Rußland: Der deutsche Vorschlag findet
keine Unterstützung. Hat Niemand einen besseren
Einfall?
Der Sultan: Ich habe einen. Ich werde
von Makedonien aus in Griechenland einfallen.
Griechenland: Solche Einfälle verbitte ich
mir. Man hat ohnedies schon auf uns geschossen.
Oesterreich: Seid froh, daß man Euch noch
etwas vorschießt.
Rußland (die Knute schwingend): Ich ermahne
die Mächte zur Einigkeit.
Frankreich: Um Himmels Willen, erzürnen
Sie Väterchen nicht.
Sultan: Zu Hilfe! (Der Grieche prügelt den Sui-
tau und raust ihm den Bart aus. Italien feuert Griechen-
land an. Frankreich schwankt zwischen den Streitenden hin
und her. England und Nußland drohen sich mit geballten
Fäusten, Hohenlohe ist eingeschlafen.)
 
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