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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0180

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2522

Sammlung.

'Von „Sammlung" sprach der große Wmröermamr,
Aliquot, der Kommunist a. D. - Die Thren
Kat allsogleich die Dunkerschast gespiht,
Denn wird „gesammelt", dann doch wobt für sie.
Als sich ergab, die „Sammlung" solle nur
Den staatserhaltenöen Parteien gelten,
Die Atiquel neu zusiumnenfassen möchte,
Schwand ihr Znt'resse an der Sammelei,
And nur mit Gähnen lasen sie zu Gnde.
Rurr sannnett wirklich man im Deutschen Reich,
Doch nicht für sie. Was die Naturgewalten,
Was Kagelschtag und Ueberschwemnrrlrrgsrroth
Verkrochen haken, sucht man gutzumachen,
Und allenthalben geht der Klingelbeutel
Geschäftig um, und auch die harten Kerzen
Sucht man zu rühren. Unsre Junker sehn
Dem Werke zu mit sauersüßen Mienen,
Denn jammerschade ist es um die Kummen,
Die da der kleine Mann, der Rauer schluckt,
Das Volk der Arbeit. Ruf der andern Seite

Liegt das Gelingen dieser Hilfsaktion
Den Grkgesess'nen ungenrein am Kerzen,
Damit der Staat nicht einzugreifen braucht
Im großen Stile und mit vollen Künden,
Damit er sich an Mitteln nicht vergreift,
Auf die der Junker für sich selber baut,
Auf die iw Geist er schon die Kände legte.
Denn das ist klar: den Göelsten und Vesten,
Dbwohl sie Alles nehmen würden, ist
Mit Kleinigkeiten nicht gedient; den Junkern
Muß einfach man die Rente garantiren,
Und das erfordert etwas größre Mittet,
Als auf dem Fechtweg man zusammenbringt,
Selbst wenn im Deutschen Reich die Sammelbüchse
An jedem Stammtisch kreist. Drum mache sich
Das Reich auf einen Aderlaß gefaßt
Der schärfsten Art. Geht es dabei zu Grunde,
Ist's ihre Schuld? Und wenn ein Gnde es
Mit Schrecken nimmt noblessb odliZe!
Dem Schrecken ohne Gnde ist es vorzuziehn.

Inhalt der Unterhaltung»-Beilage.
Der Strick. Von H. Hyan. (Jllustrirt.) -DieArbeiter-
bewegung in Belgien. Mit vier Porträts. — Prospekt,
betr. die „Geschichte der Französischen Revolution
von 1848 und der Zweiten Republik". Volksthüm-
lich dargestellt von Louis Häritier.

Blihdraht -Meldungen.
Berlin. Schon wieder ist eine Ueb erschw emmung
eingetreten: in der Presse nämlich, die mit servilen Fest-
berichten aus Petersburg überfluthet wurde. Nur die
sozialdemokratischen Blätter blieben verschont. Der Schaden,
der in bürgerlichen Leserkreisen angerichtet, ist noch gar nicht
zu übersehen. Schnelle Hilfe thut noth.
— Ein Nudel von Spitzeln ist nach Spanien abgereist,
um zu untersuchen, ob an dem Attentat auf Canovas nicht
die preußische Vereinsfreiheit schuld war.
Frankfurt a. LN. Herr Sonnemann ist von der Bereit-
willigkeit der Sozialdemokraten, bei den Wahlen zum preußischen
Landtag die bürgerliche Opposition zu unterstützen, so entzückt,
daß er beschloß, in der Druckerei der „Frankfurter Zeitung"
den Achtstundentag einzuführen.
München. In ministeriellen Kreisen wird eine bayrische
Volkspartei gewünscht, aber keine sozialdemokratische. Jetzt
hat der Bund der Haberer die Bildung dieser neuen
Partei in die Hand genommen.

Der Gvtt der Fürthen.
Herr Aegir hauste teufelswild
In Sachsens und in Schlesiens Gauen.
Und der Zerstörung gräßlich Bild
war rings im Lande zu erschauen.
Ls rauschten Rix und Reck heran,
von Kesseln frei sah man sie toben.
Bald war das böse Werk gethan.
Der Herr könnt' seine Diener loben.
Und immer hat es dort zu Land
Doch strenge Vbrigkeit gegeben.
Die sich gerühmt mit starker Hand
Zu schützen Hab' und Gut und Leben.
Wohl hat sie eifrig eingedämmt —
Doch nur die Worte, die Gedanken;
Der Bede Strom hat sie gehemmt.
Der Presse zog sie enge Schranken.

Gefängnißmauern baut sie auch.
Wohl fest gefügt für tausend Jahre.
Damit sie nach bewährtem Brauch
Die Sozialisten drin verwahre.
Darin bestand ihr ganzer Buhm.
Sie meint der „Vrduung" so zu nützen.
Doch weiß sie nicht das Ligenthum
vor Aegirs Dreizack zu beschützen.

Brief ans der Hölle.

Orkus. Nr. 777, im August.
Lieber Jacob!
Das letzte Ereignis;
von Bedeutung war
der Einzug des Pfar-
rers Kneipp in die
Hölle.
„Ja, ist denn der
nicht in den Himmel
gekommen?" wirst Du
erstaunt fragen.
Nun, beruhige Dich
— es kommt höchst
selten ein Pfarrer in
den Himmel, und den Kneipp konnte man dort
schon gar nicht brauchen. Er hatte sofort alle
Schleusen des Himmels geöffnet und die ganze
Welt mit Wasser überschwemmt.
Auch im Fegefeuer war Sebastian Kneipp
nicht am Platze, denn er richtete mit seiner Gieß-
kanne solche Verheerungen an, das; sämmtliche
Feuer ausgingcn und die armen Seelen bis über
die Knie im Wasser waten mußten; damit machte
er es den armen Sündern viel zu schwer, sich
weiß zu brennen.
Der feuchte Pfarrer fühlt sich übrigens bei
uns ganz wohl und hat neulich schon einen seiner
populären Vorträge gehalten. Dabei bemerkte er
unter seinen Zuhörern Ludwig den Vierzehnten
und benutzte die Gelegenheit, um dem Sonnen-


könig tüchtig die Leviten zu lesen. „Bist aa da,
mit Deiner großen Perrucken", rief er ihm zu.
„Hast a paar Kopfgüss' nöthig, daß nit platzt
vor Einbildung mit Deiner monarchischen Abso-
lutität." Und zu den anderen Hörern gewandt,
bemerkte Kneipp: „Da schaut Euch den Hauben-
stock an, der bild't sich ein, der Staat mär' Er!
Hat auf nix g'hört, hat alles besser wissen wollen
und dabei hat er vom Regieren so viel verstanden,
wie oan Husar vom Postwesen. Da wundert
man sich nachher, daß bei solchene Kranken die
gewöhnliche Wasserkur nit reichte und die ganze
Sintfluth nöthig war, um Frankreich wieder sauber
zu machen!"
Nach Schluß seines Vortrags gab der Pfarrer
Kneipp, seiner alten Gewohnheit gemäß, noch
einige ärztliche Verordnungen an verschiedene seiner
Zuhörer. Der Kaiserin Messalina verordnete er
eine Anzahl Schenkelgüsse, dem heiligen Franziskus
ein Vollbad und dem General Boulanger eine
kalte Douche.
Sodann unterhielt er sich eine Weile mit dem
Gcneralpostdirektor Stephan, welcher sehr trüb-
selig dreinschaute.
„Brauchst Dich nit zu grämen, alter Post-
gaul", sagte Kneipp, „daß an Dei Stelle a Soldat
eingespannt worden is. Sixte's, sogar ich werd'
ja nächstens durch oan General ersetzt."
„Oho!" rief Stephan erstaunt, „wer wäre
denn das?"
„Na, wer anders, wie der verflossene Minister
Schellendorf! Der hat schon am Regierungstische
mit der Wasserspritze rumgefuchtelt und hat sogar
die brennende soziale Frage mit Wasser löschen
wollen — der kommt jetzt an mei' Stell' und
dös is wirklich der oanzigste Mann, der Wöris-
hofen auf seiner alten Höhe halten kann."
Da tröstete sich Stephan und machte mit
einigen anderen neu angekommenen Berlinern
einen Spaziergang durch die Hölle.
Es giebt hier mancherlei zu sehen. Da ist
z. B. ein Walziverk, mittels dessen das riesige
Blech fabrizirt wird, welches der König Stumm

Durch unsere Expedition ist zu beziehen: Wahlgesetz für den Drulfetzru Arichslag nebst Arglrmruk zur Ausführung des Wahlgesetzes. Mit Anhang: Programm
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Preis pro 100 Exemplare Mk. 2.—, pro 1000 Exemplare Mk. 15.—
 
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