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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0014
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2636

^ampfeFfreude. <©*

die nächste Leit bringt nnff die graste Schlacht,
And diesmal gilt e^ reinen Lisch zu machen.

Vor unfern Augen steh' eF Lag und Macht
In Flammenschrift, im Schlafen und im Wachen.
Mit mancher Veste, die noch trotzig ragt
And unbesiegt mit Wallen und mit Lhürmen,

Da sei getrost der ernste Kampf gewagt —

Mit blanker Waffe wollen wir sie stürmen.

Wir dürfen kühn und zuversichtlich sein.

And wer daA ist, hat halb schon überwunden.

Die Lwietracht herrscht in unsrer Gegner Aeih'n
And nur die Furcht vor uns hat sie verbunden.

AnF tragt und hebt der graste Lug der Leit,

Die machtvoll aufräumt mit vermorschtem Alten;
Wir sind die Jugend, die Gerechtigkeit,

And Hoffnung rauscht in unsrer Vanner Falten.

Vor dem, waF drüben noch die Waffen hebt,
Wraucht Volkes Kraft und Frische nicht zu bangen —
EF hat sich innerlich schon überlebt
And täuscht die Welt nur durch geschminkte Wangen.

EF fehlt der Glaube und der Nerv zur Lhat —
.Our in der breiten, hartgeprüften Masse,

Die man so lange höhnisch niedertrat.

Steckt heut' noch Glaube, Willenskraft und Gasse.

EF ist ein hoher, ist ein hetl'ger Krieg,

Der zwischen Herrn entscheiden soll und Knechten,
Dach handelt stch'F nicht blas um einen Sieg,

Ein gratzer Sieg ist diesmal zu erfechte».

Ein gratzer Sieg, der Alles überrennt.

Ein Lag der Sache, der an seinem Schluffe
Our frohe Sieger und Versprengte kennt.

Ein Mustersieg, ein Sieg aus einem Gusse.

Dach wer nach solchem dichtbelaubtem Kranz
Mit starker Hand will triumphirend greifen.

Der sorg' getreulich für der Aüstung Glanz
And sei bedacht, das gute Schwert zu schleifen!
Vor seinen Augen steh' es Lag und Oacyr
In Flammenschrift, im Schlafen und im Wachen:
Die nächste Leit bringt uns die graste Schlacht
And diesmal gilt es reinen Lisch zu machen!

Inhalt der Unterhaltung»-Beilage.

Den Franzosenfressern. Gedicht. — Nevolutionskalender
für das Jahr 1848. (Fortsetzung.) — Preußen in China. —
Vorwärts! Gedicht. — Was will das Volk? — Auch eine An-
sicht. — Zerstörtes Glück. — Die Bilderstüriner. Gedicht.
(Jllustrirt.) — Der Trunk. Gedicht. (Jllustrirt.) — Die erste
Frage. Gedicht. — Die Arbeiterbewegung in Frankreich. (Mit
Porträts.)

Nummer Dreihulldert!

Nun hinweg mit allem Kummer,

Denn mil einer großen Nummer
Heul' der „Wahre Iarob" naht!

Schaut, ihr Freunde, nur verwundert,

Ja, ste ist es, die Dreihundert,

Die er heul' vollendet hak!

Viele Jahre stnd verronnen,

Seil er aus des Zeitgeist« Bronnen
Labte seine Lesrrschaar.

Und gar viele Mitarbeiter
Zu dem Werke froh und heiter
Voten ihre Hilfe dar.

Vismarck hat in feinem Leben
Uns den reichsten Stoff gegeben,

Vis ;um heut'grn Tage noch.

Und dann Stumm, Saarabirns König,
Brachte Kurzweil uns nicht wenig,
Darum leb' er heute hoch!

Miguel auch, der thatenfrohe,

Und der Onkel Hohenlohe,

Schönstedt und von Hammerstrin,—
Lugen Richter selbst, der wilde,
Führten sich in Wort und Bilde
Von der heitern Seile rin.

Kardorff mit der Währungsfrage,
Lieber mit der Floltrnxlage,

Ruch Luranus fah'n wir gern.

Was sie für den „Iarob" thalen,

Ist ihm zum Grdrihn grrathen —

Habet Dank, ihr hohen Herrn!

Ruch den eigenen Genvffen,

Die da kämpften unverdrossen
Mit des Geistes blanker Wehr, —
Die im Bild dir Welt gestalten,

Die in Vers und Prosa walten,

Ihnen Riten Preis und Ehr'!

Euch jedoch, ihr lieben Leser,

Bieten wir beim Klang der Gläser
Händedruck und Vrudergruß!

Gebt uns fröhlich das Geleite
In der Freiheit kühnen: Streite,

Daß die Knechtschaft enden mutz!

Der wahre Sacob.

Ein toller Streich.

Es war im Winter 1848. In dem nahe an
der mecklenburgischen Grenze belegenen Städtchen
Seehauseu saßen im Rathskeller mehrere Gäste,
wie es schien Leute aus dem Arbeiterstande, bei-
einander und politisirtcn über die Zeitläufte,
die französische Republik, den König Friedrich
Wilhelm IV. und über die Pocken, die im
Städtchen grassirten.

Da trat ein über und über mit Schnee be-
deckter Mann hustend und prustend ins Zimmer.
Nachdem er Mantel und Hut vom Schnee ge-
reinigt und an den Thürpfosten gehängt hatte,
holte er aus seiner Tasche ein Zeitungsblatt her-
vor, das er mit einem Kernfluch auf den Tisch
warf.

„Da lest den Wisch, Ihr Leute", rief er aus;
„was sich so'n Bürgermeister Alles erlaubt! Grade
als wenn wir den Märzaufstand in der Haupt-
stadt umsonst gehabt hätten."

„Was ist denn los, Peter?" frug ein kleiner,
behender Mann, den mau ohne sich zu irren auf
einen Büchsenschuß hi» als einen Schneider er-
ratheu konnte.

„Was los ist?" brüllte Peter. „Lest's selber."

Einer der Gäste nahn: das Zeitungsblatt und
begann vorzulesen:

Die zufolge Anzeige über Beseitigung ver-
schiedener Mängel in dein von Jhnei: bewirth-
schafteten Rathskeller-Grundstücke stattgehabte
polizeiliche Revision hat ergeben, daß die Abort-
anlage noch immer nicht den polizeilichen Vor-
schriften entspricht. Die Ableitung der Flüssig-
keiten erfolgt mittels Rinne aus zwei Abschlägen
nach einem kleinen Eimer. Erfahrungsgemäß
werden diese aber selten geleert, am wenigsten
aber an Tagen starker Frequenz. Ferner kommt
noch hinzu, daß das alte Pissoir, wie soeben
angezeigt, arg baufällig und namentlich der
Brettfußboden derart defekt ist, daß für die
Benutzer dieses Raumes Gefahr vorliegt, sich
au der Gesundheit zu schädigen.

Bis zur Beseitigung aller dieser Uebelstände
untersagen wir Ihnen die Abhaltung einer
größeren Versammlung in Ihrem hiesigen
Wirthshause. Freitag, Bürgermeister.

„Da soll doch gleich der Deibel dreinschlagen",
schrie der Schneider; „da kommen ja die See-
hauser uin ineine schöne Rede."

„Man ruhig, Männeken", sagte Peter; „wir
machen dem Bürgermeister Freitag, der ebensogut
auch Sonntag heißen könnte, einen dicken Strich
durch die Rechnung. Ich habe einen Plan, der
— wenn er gelingt — unserer Sache einen großen
Nutzen bringen muß. Und ein Gaudium ersten
Ranges giebt's dazu. Aber — das Maul halten
und pünktlich meine Befehle ausführen!"

Alle versprachen es, und nun setzte der Wirth
seinen Plan auseinander, über dessen Ausführung
wir im nächsten Abschnitt das Nöthige erfahren

iverden. * *

*

Auf dem Marktplatz zu Seehausen stand ein
altes Gebäude, welches im Volksmunde das
„Kaakhaus" hieß, weil dort in alter Zeit der
Schinder wohnte und der „Kaak" (eine Art
Schaffst mit Pfahl zun: Stäupen der Verbrecher)
aufbewahrt wurde. Jetzt stand die städtische Feuer-
spritze darin und zugleich wurde es als Polizei-
gewahrsam verwendet.
 
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