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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0032
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• • 2654

Ludwig X. und Lola Montrx. (Zwei Karikaturen aus dem Jahre 18484

Mllet-doux.

Lola, Sternbild meiner Nächte,
Dich so heiß geliebet habend!
Wenn der Baiern Volk bedächte.
Was ich leide jeden Abend!

Ferne mußt Du von mir wohnen,
Holder Schutzgeist der Teutonen!
Doch, beharrlich nur und treu
Wittelsbachs verhöhnter Leu,

Der die Krone gab für Dich,

Rächt die Schmach, die freventlich
Ihm Empörer angethan.

Und der Augenblick wird nah'».

Wo ich Dir bewähre mich

Als Dein starker Lud ewig.

P o st s c r i p t u m.

Wenn ich keine Gelder sende.

Zürne nicht, es sind die Hände
Mir gebunden, denn die Stände
Fordern die Millionen ein.

Die nach Griechenland hinein
Ich zur Ehr' dem Baierland
Meinem Otto einst gesandt.

Und der Landes-Casse entnahm
Was indeß zu Tage kam.

Denke Dir nur meinen Gram! (D.N.-B.)

O Himmel, was Hab' ich getha —ha —Han?
Die Liebe war schuldig daran.

(Eulenspiegel.)

fackelte hin und her. In Lindau war der
Dampfer für sie geheizt; sie aber zog den
nicht minder geheizten Gasthof zur Krone vor
und stattete sodann Schillers Heimath noch
eine Visite ab. Auf Ludwigs Anordnung hüpfte
sie nach Weinsberg, der Stadt der Weibertreue,
zu einer Kur beim Geisterseher Justinus Kerner.

Erst kürzlich ist uns dies verrathen wor-
den. Der „Briefwechsel Justinus Ker-
ners mit seinen Freunden" enthält fol-
gende Zeilen an Emma Niendorf:

„Die Lola Montez kam vorgestern
(17. Februar) hier an und ich bewahre
sie in meiner Wohnung bis auf weitere
Befehle aus München. Drei Alemannen
halten dort Wache; es ist mir ärgerlich,
daß sie der König zuerst zu mir sandte,
aber es wurde ihm gesagt, die Lola
sei besessen und er solle sie nur nach
Weinsberg senden, den Teufel aus ihr
zu treiben. Interessant ist es immer. Ich
werde, ehe ich sie magisch und magnetisch be-
handle, eine starke Hungerkur mit ihr vor-
nehmen. Sie bekommt täglich nur dreizehn
Tropfen Himbeerwasser und das Viertel von
einer weißen Oblate. Sage es aber Niemand,
verbrenne diesen Brief!" Und Sophie Schwab
berichtete er zu Anfang März: „Die Lola be-
findet sich seit vorige Woche hier. Sie ist er-
staunlich abgezehrt. Mein Sohn Theobald
magnetisirt sie, auch lasse ich sie Esels-
milch trinken."

Die Weinsberger Eselsmilch schmeckte wohl
dem sektgewohnten Munde nur halb. Lola
schnellte hinüber nach München, pflanzte neuen
Aufruhr in die Genlüther und es verfügte
nunmehr das Justizministerum, die Behörden
seien angewiesen, auf die Gräfin Landsfeld,
welcher „laut höchster Entschließung Seiner
Majestät das bayerische Staatsbürgerrecht
aberkannt worden", zu fahnden, sie zu greifen

und vor den Richter zu stellen. Dazu kam es
nicht. Lola wandte sich nach der. Schweiz
und stieg, Zürich flüchtig berührend, in Bern
ab. Dort lungerten müßige Diplomaten herum,
mit denen sich schäkern ließ und der englische
Gesandte Robert Peel ward ihr Verehrer.
Da die Wächter der Tugend jedoch abwinkten,
vertauschte Lola Bern mit Genf, wo sie die
Liebe Peels leider verlor und augenblicklich
kein Anderer war, der ihre Schulden zahlen
mochte. Sie floh in der Bedrängniß; als ihr
aus dem bayerischen Bankerott gerettetes Mo-
biliar auf zweiundzwanzig Wagen eintraf,
war sie schon fort.

Auf ihrem späteren Erdenwallen in Amerika
und Australien heirathete sie noch einige Male
unverzagt, ranzte, buhlte, schriftstellerte, sudelte
Memoiren, dramatisirte ihre Münchener Schick-
sale, verlor ihr Erspartes und starb — 1861 —
zu New Jork auf elender Matratze. „Ludwig!"
hatte wiederholt ihr ausgeholfen; da sie mit
Briefen Erpressung versuchte, versiegte der
Quell. Die Methodisten „bekehrten" die Ster-
bende, sie lauschte „begierig auf das Evange-
lium und schied als begnadigte Sünderin".

Die Münchener Professoren lasen wieder
! ihre Hefte herunter. Nur die Lola-Geschichte
, verstummte nicht und dem Lola-Minister von
Bercks ward eine Katzenmusik der fürchter-
lichsten Art gebracht. Da kam die Kunde vom
Pariser Kehraus und man verschlang sie förm-
lich. Einen Thron in eine Gluth werfen, mochte
man an der Isar nicht, wenn auch der Respekt
herabgeschmolzen war. Aber die Märzluft
drückte seltsam und schwarz-roth-goldene Ein-
fälle gaukelten. Reformen mußten her, so wie
sie damals auf dem Zettel standen. Eine
studentische Abordnung, welche dem König ein
Wunschpapier übergeben wollte, gelangte nicht
bis zu ihm. Einige Rathsherren preßten sich

durch. Auf den Knieen trugen sie ihre März-
anliegen vor und die königliche Huld leuchtete
ihnen. Das Wörtchen „Bewilligt!" flog durch
die Gemächer. Nicht zu frühe. Er wäre fast
eklig geworden. Breite Schaaren wälzten sich
heran und draußen auf der Theresienwiese
wie auf dem Marsfelde waren die Bauern
der Ilmgegend bereit, ein aus Augsburg re-
quirirtes Cheveauxlegers-Regiment nöthigen-
falls zurückzuhalten. Wer in München Waffen
schwingen konnte, war bewaffnet, Bürger,
Studenten und Arbeiter. Man hatte das
Arsenal erbrochen, selbst rostige Spieße und
Hellebarden daraus genommen. Bunt und
maskerademäßig sah das aus, nach Scherz —
den Sekunden, vielleicht das nervöse Knacken
eines Hahnes, in Ernst verwandelten. Das ist
die Revolution. Alles unklar, verwirrt und
fiebernd. Der „Rechtsboden" schwankt. Den
Mächtigen bangt, ob ihre Flinten noch so aus-
gezeichnet schießen; das schlechte Gewissen lähmt.

Prinz Karl sprengt vor und verkündet, daß
die Kammern am 16. sich versammeln werden
! und auf den Ruf: „Wir glauben's nicht mehr!"
wiederholt er die Versicherung auf seine Ehre.
Wohl meinen Einzelne, es sei zu spät, doch
die Mehrzahl ist beschwichtigt, es sinkt der
Groll, — die rebellischen Kohorten ziehen ab
zum wohlverdienten Bier.

Ob „Lola's wärmende Herzensflamme ge-
meinem Pöbelsandrang geopfert zu haben, nicht
genug war", stöhnte der König in einem Briefe.
Die Stelle kursirte und wurde belacht, — er
lachte nicht. Weil mit dem alten Latein nicht
weiter zu hantiren war, hängte er den Purpur
an den Nagel und dankte ab.

Was doch der Fuß einer Tänzerin an-
richtete! Die Gesellschaft war darnach. „Aus
solchem Staub wird solcher Dreck", sagt
ein spanisches Sprichwort. I). <4.

Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Verlag von I. H. W. Dietz Nachf. (G. m. b. H.) in Stuttgart.
 
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