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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0034
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— 2656

Den Deüruartmmpfern.

fünfzig Zabreit war's - im Februar —
Da xvard urplötzllcb im Franzosenlande
c<Pr§) Ls allen freien, beissen Derzen klar,
Dass voll das lDass des Druckes und der Sebande»
And weil man's voll zum Aeberlauten fand
And keine Deilung mebr versprach der Schaden,
Oabm Alt und Zung die Flinte von der Mand
And slteg binab und baute Karrikaden.

l6aeb langem Neden kam die kurze Tbat;

Ls biss das Volk mit Znbrunst die Patrone,

Ls trotzte läebelnd der lkartätscbensaat
And wart die alten Sebergenbataillone.

/pan seblug sieb in der Warrikadenseblaebt,

Als bätte man zwei Leben zu verlieren
So ward mit Grazie aut den /Darscb gebraebt
Der Kürgerkönig mit den Merthpapieren.

Lr abnte stets, es werde sebiet lbm gebn,

And darum ging mit gutem Fug die Sage,

Lr babe sieb bet Leiten vorgesebn
And Geld gemaebt an jedem Körsentage.

Drum sebrie er aueb, als ab die Ikutsebe tubr
And Alles lief und rannte um die Mette,

Oaeb seinem dicken Portefeuille nur,

Oaeb dem „Lntbebrungslobn" in der lkassette.

Die Kirne fiel naeb einem krätt'gen Stoss,

Den barte Fäuste naeb dem Stamme tübrten,
And so ward Frankreieb seinen Ikönig los
And mit lbm alle seine Attilitrten.

Mard später aueb um seinen Lohn gebraebt
Das arme Volk dureb des Verratbes Treiben,
Mird ewig docb die Karrikadenseblaebt
Lin Lbrentag tür alle Freien bleiben.

And niebt blos Zene, die sie miterlebt
And die noeb beut' in Trotz und Stolz erbeben,
Pein, jedes Derz, das noeb naeb Freibeit strebt,
Mird das Gedäebtniss dieser Leit erbeben.

So lang' die /Pacht niebt diese Glutb gedämpft,
So lange stürmisch noeb die pulse wallen,
Mird Lbre Denen, die einst mttgekämptt,

ANd eine Tbräne Denen, die gefallen r

Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.

Der Pariser Kehraus im Jahre 1848. (Mit Porträts, histo-
rischen und anderen Illustrationen.) Von V.0-. — Feuilleton:
Magdeburg ist ruhig. Gedicht. — Aus unserem Handlexikon.
— Zweierlei. — Briefkasten.

Drr Karneval.

Nieder mit der Wahrheit.

Nieder mit dem Recht!

Denn es steht die Narrheit
Siegreich im Gefecht.

Der verstand muß schweigen.
Nebel trübt den Blick.

Denn im Narrenreigen
Tanzt die Politik.

Bier und Wein und Kusel
Geben an den Ton
Kür den Weltmachtsdusel
Unsrer Reaktion.

In des „Weltruhms" Schimmer
Sich Philister sonnt.

Wie beschränkt auch immer
Sonst sein Horizont.

Schauet über Meere
Schon nach Asien aus.

Meint, in Lhina wäre
Lr bereits zu Haus.

Schwärmet für die Klotte,
Schwärmet für den Zopf.
Jegliche Marotte
Macht ihm heiß den Aopf.

Während die Philister
So beduselt sind.

Gehen Mammons Priester
An das werk geschwind.

Junker und Agrarier
Ziehn auf Beute aus.

Gegen Proletarier

Kührt der Stumm den Strauß.

Sekundiert wacker

Jedem Rückschrittsbund,

Wie ein Nüsseknacker
Veffnet er den Mund.

Welch' ein buntes Treiben
In der Narrethei.

Nur die Rothen bleiben
Nüchtern stets dabei.

Lassen sich nicht irren
Durch das Hurrahschrei'n.

Und das Lporenklirren.

Schüchtert sie nicht ein.

Kür das Volk, das schlichte.

Zeigen sie die Bahn.

welche führt zum Lichte

Aus der Narrheit Wahn. M. k.

Neue Beweisführung.

Als der preußische Minister v. Posadowsky auf
den Tausch-Prozeß hingewiesen wurde, behauptete
er, von diesem Prozeß nichts zu wissen. Ein
sächsischer Ministerialsekretär erklärte gegenüber
den Bebelschen Mittheilungen über Exzesse bei
einer Dresdener Festlichkeit: er habe von Aus-
schreitungen nichts gemerkt, folglich seien solche
nicht vorgekommen. Nach dieser ministeriellen
Logik wird der Eisenbahnminister, wenn man ihn
über Unglücksfälle interpellirt, nächstens erklären,
er wisse gar nicht, daß cs Eisenbahnen giebt, folg-
lich könne er auch nicht an Eisenbahnunfälle glau-
ben. Sßemt Miquel wegen seiner Finanzpolitik
interpellirt wird, dürfte er behaupten, es gäbe bei
uns überhaupt keine Politik, und wenn man einen
durchgebrannten Kassirer einfängt und vor Gericht
stellt, wird er die Richter ganz erstaunt fragen:
„Was ist denn das für ein Ding, eine
Kasse?" _

Die Schmieröl-Patrioten.

Begeistert euch für die Weltpolitik!

Für die Schlachtenflotte erglühet!

Weil dabei mächtig wie nie zuvor
Der Handel mit Schmieröl blühet!

Der Unfall.

Graf Posadowsky spricht: „Es kann ein Unfall
Verschuldet sein, zum Beispiel wenn ein Mann
Ausgleitet und in die Maschine fällt.

Doch wenn ihm fällt ein Balken auf den Kopf,
Dann nenn' ich solchen Unfall unverschuldet." —

Ganz Recht, Herr Graf! Wenn nian im Reichstag

redet

Und sich so arg im Widerspruch verfängt,

Daß nian sich selber schindet und verstümmelt.
Dann hat kein Andrer als „man" selber Schuld.

Dagegen wenn ein wichtiger Erlaß,

Den als Geheimniß man so streng gehütet,
Bekannt wird, und es sausen dann die Hiebe
Der Sozialisten Eineni auf das Haupt:

Der Unfall, armer Graf, ist unverschuldet!

Aus dem Reichstag.

Max: Warum war der Abgeordnete Wurm
in seinem Redekampf mit dem Minister Posa-
dowsky von vornherein im Vortheile?

Moritz: Ganz einfach: Posadowsky mußte
sich dabei wurmen, aber Wurm brauchte sich
nicht zu posadowsky'n.

Hohenlohes Rettung aus Hungersnoth.

(Zu seiner Gehaltserhöhung non 6t ooo aus t»o ooo Mart.)

Zu niedrig sind die Löhne,

Der Kampf um's Dasein ist schwer —
Am bittersten muß dies empfinden
Der Onkel Chlodwig sehr.

Gerettet nun ist er, der Aermste,

Gerettet aus höchster Noth,

Er läßt seine Stiefel besohlen,

Er kauft seinen Kindern Brot.

Drob freu'n sich die Steuerzahler.

Doch Bismarck grollt allein:

„O Himmel, warum fiel mir solches
Zu rechter Zeit nicht ein?!"
 
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