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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0061
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2683

Kongreß durchgebrannter Aürsten und Diplomaten in London im Jahre 1848. (»artr«tura.bereis«.)

Prinz von Preußen. Lola Montez. Metternich. Die Familie Louis Philipp.

(Oben sehen Eisele und Beisele aus dem Fenster.)

Philipp. Aber die Welt wird behaupten,
^ hätten unsere Zeit nicht begriffen.

Guizot. Pappcrlapap! Was Welt! Wir
laben lange genug Geschichte gemacht; mögcn's
°le Völker nun auch versuchen. Aber wie kam
Prinz, daß die gemüthlichen Berliner, die
°och sonst ihr Kreuz geduldig trugen, dasselbe so
b ahlich abschüttelten?

Prinz von Preußen. Ja wie kam's? Der
diolntistischc Ostwind wurde vom rcpublikani-
mien Wxst hinaus geblasen. Das Volk athmetc
"4c Pestlnft, und da ging ihnen ein Seifen-
cocr auf. Sie wollten sich nicht mehr anslachen
sten " utm Frankreich und der ganzen Welt. Da
"tcn sie Forderungen; der König hielt nach-
^oen besser als festhalten; er gewährte, was die
"verschämten verlangte». Da packte mich der
f rim™; meine Soldaten kennen mich; die Jn-
CTic Iie6 aus Versehen zwei Gewehre los-
ständn'b"" Kavallerie wurde aus Mißver-
stand !,^4>arf eingchauen, und ein Jrrthum cnt-
schossen" Artillerie, daß sie mit Kartätschen

» so kam's.

nichts „„J3"' Grade wie bei uns. Und doch
a)I? °usgerichtet?

sich jj1"* von Preußen. Die Empörer ließen
Mauern er ihre Freiheit. Fest wie dik

standen anden ihre Barrikaden, aber fester noch
und den Gebellen und trotzten den Bajonetten
geacn s r.en Kartätschenhagel, den ich ihnen cnt-
mübte "ffte., Wenn ich die Empörer nicht hassen
würg/ rl'C'i ^’c ^ie ^acht der Krone brachen, ich
ne bewundern ihres Heldennruthes halber.

izu Guizot). Grade wie bei

, Mnz°i). es-rade wie bei un

sZum Prinzen.) Nun wollen Sie wohl in Er
land Hilfe suchen?

Prinz von Preußen. Nein, blos
Obaindrs garni.

Alle drei (erstaunt). Also auch fort — ?
Prinz von Preußen ciaiomsch). Wie man's
nimmt.

Metternich (reibt sich vergnügt di- Hände). Na,
da ist ja der Robber fertig. (Man hört draußen

singen.) Ueberall bin ich zu Hause,

Ueberall bin ich bekannt;

Aber hole doch der Teufel
Das verfluchte Bayerland! —

Ist denn kein einz'ger Hund von Diener da?
Hallo! ihr Schufte heraus! Hier ist die Senora,
Lola, Spaniola, Eomtcsse de Landsfeld hochwohl-
geboren.

Metternich. Na nun wird's Tag! Was
will denn die hier?

Guizot. Wahrscheinlich die interessanten Um-
stände vermehren helfen.

Philipp. So lange die hier ist, darf der
Prinz-Geniahl, Herr Albert, gewiß nicht ju uns
kommen, oder Viktoria nimmt ihn wenigstens
an den Schürzenzipfel.

Lola (öffnet die Thüre). Ach! Sieh da! Will-
kommen Schicksalsgenossen! Ich werde euch ans
die Kneipe rückeir. (Sic tritt ein.)

Prinz von Preußen (heimlich zu Metternich).
Was ist das für ein Geschöpf? —

Metternich (ebenfalls heimlich). Das ist ja die
bayrische Pompadolir, die dem poetischen Lud-
wig so treffliche Dienste geleistet hat, daß er sie
in den Grafenstand erhob.

Lola (haut Metternich mit der Reitpeitsche übers

Kreuz). Du alter Sünder! Hier hört das Pläne-
schmieden auf. Wie ist's denn? Kein bayrisch
Bier? Keine Zigarren? Glaubt ihr, ich solle
hier an den Nägeln kauen? Da kennt ihr die
Lola nicht. Bedienung vor! (Sie schießt ein Pistol
ab, mehrere Diener kommen gestürzt.) Seht, ihr Hal-

1 tunten? Ich will euch Beine machen. Cham-

pagner her! Aber schnell; sonst haue ich euch,
daß die Fetzen fliegen sollen. (Diener ab.) Jetzt
laßt euch einmal bei Lichte betrachten. (Sie lorg-
nettirt die Gesellschaft.) Ach! Nichts los! Sind mir
meine Alemannen lieber.

Philipp (pikirt). Um Vergebung, Mamsell,
gedenken Sie hier lange zu bleiben?

Lola. Wenn ihr csblant seid gegen mich, so
restire ich in eurer Mitte. Ach da kommt Cham-
pagner! Sapperment, die Sorte ist gut! Jetzt
werdet ihr mich nicht mehr los.

Guizot. Schöne Aussicht. Wissen Sie nichts
Neues aus Bayern zu berichten?

Lola. Na ob! Mein armer Ludwig hat
die Zügel der Regierung der ältesten Frucht
seiner Lenden übergeben. Wundert mich nicht,
daß ihm's Regieren so schwer ivnrdc; er hatte
sich an meine Hilfe gewöhnt und ich verstand's.
Kreuzdonnerwetter! Die Münchner Knödelfresser
hätten noch was erleben sollen, wenn sie mich
nicht wcggejagt hätten. Meine spanischen und
sonstigen Vettern waren schon so ziemlich alle
untergebracht, und das Studcntenkorps Alemannia
würde ich zu meiner Leibgarde erwählt haben.
Die Auszeichnungen des Militärs wollt' ich auch
rcformircn, und ich hätl's durchgesetzt, daß in
kurzer Zeit kein bayrischer Offizier ohne einen
spanischen Orden in der Residenz München zu
erblicken gewesen wäre.

Metternich (ironisch). Was hatte denn die
Garde, Leibgarde wollt' ich sagen, für Funk-
tionen bei Ew, Gnaden zu verrichten?

Lola. Keine schlechten Witze, alter Sünder,
sonst fordere ich Dich vor die Klinge. Ein-
geschenkt, ihr Spitzbuben von Bedienten!

Ein Diener (tritt ein und meldet). Am Schloß-
thor steht ein Mann und begehrt Einlaß.

Philipp. Wer ist's?
 
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