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Diener. Er nennt sich Ludwig der Springer
und spricht blos in Reimen. Hören Sie. er singt.
(Man hört spottschlechten Gesang mit Harsenbegleitung.)
So wandre ich nun über Stock und Stein,
Durch Thäler und Klüfte,
Ueber Seen und Grüfte,
So mutterseelen ganz allein.
Mein Auge ist thränig, mein Herz das bricht;
Ach! meine Lola sind' ich nicht!
Lola «springt auf). Wenn das nicht mein Lud-
wig ist, so soll mich der Teufel holen! Solche
Verse kann kein anderer Dichter machen.
Ludwig (im Pilgerkleide mit der Harse stürzt herein).
Was hör' ich! Welche Töne! Wie entzücken sie
mein Ohr. Ha! Lola!
Lola. Mein Ludewig! lSie sinken einander in
die Arme.)
Philipp (trocknet sich die Augen). Gott, wie
rührend!
Lola (windet sich mit sanfter Gewalt aus Ludwigs
Armen). Aber NUN eine Bitte, Theurer!
Ludwig. Fordre ineine Seele. Alles sei
Dir gewährt.
Lola (schmeichelnd). Laß die Alemannen nach
England kommen.
Ludwig (reibt sich die Stirn). O, Grausame!
Jndcß es sei. Ich fühle meine Ohnmacht. Doch
nun zu euch, Vettern. (Er breitet die Arme nach
ihnen aus.) Ihr seid euer Vier, die Lola ist die
Fünfte,
Ich sei, gewährt mir dre Bitte,
In Eurem Bunde der — Sechste.
Ein Diener (zu Philipp). Es ist eine bescher-
dene Anfrage da aus Baden, ob hier noch eine
Wohnung zu verinicthen ist.
Philipp. Nein, jetzt ist Alles besetzt.
Diener. Vielleicht der östliche Flügel des
Schlosses?
Philipp. Da hat der Kaiser von Rußland
schon Draufgeld bezahlt.
Diener lab). (Allo umarmen sich und singe»:)
Hier sind wir so fröhlich beisammen
Und haben einander so lieb!
(Von hinten scheint die Sonne ins Fenster. Vorhang fällt.)
A. tzopf.
(Flugblatt a. d. 1.1818.)
Louis Philipp.
(Karikatur aus dem Jahre 1848.)
Berliner Tageskrakrhl.
Proletarier. Aber, HerrSchandarme, wat
wollen Sie von mich, ick habe ja nich gebettelt!
Gensdarm. Das sagt ja auch kein Mensch
nich, warten Sie doch man.
Proletarier. Fassen Sie mir nich an, ick
laß mir nich arretiren, ick habe nischt gedahn.
(Will sich losreißen.)
Gensdarm. Ich habe Ihnen ja man ein
paar Worte zu sagen.
Proletarier. Ick kenne det schon, davon!
später! (Reißt sich los.)
Gensdarm (hinter ihm her rufend). Aber so!
bleiben Sie doch, ich will Sie ja nicht arretiren, j
Sie sollen ja man Minister werden.
Proletarier. Ach so! Ne Männeken, daraus !
wird nischt! Lieber nach de Ostbahn. (Wust davon.,!
Gensdarm. Wieder mißlungen. Da schlag'I
das Donnerwetter drein! Ja, ick kann keenen
schaffen. (Geht betrübt ab.)
(Berl. Krakehler, 1848.) >
Der deutsche Reichsadler.
Die zwei Köpfe des
verehrlichen deutschen
Reichsadlers scheinen
sehr bezeichnend Nord-
und Süd-Deutschland
vorzustellcn, und es ist
recht gut, daß sie von
einander sehen, denn
würden sie sich an-
schauen, so könnte das
gegenseitige Zun-
genherausstrecken
zu argen Mißverständ-
nissm führen. — Der
nicht sehr erfreuliche
Anblick wäre dann wie
nebenstehend.
(Karikatur aus den Fliegenden Blättern ans dem Jahre 1848.)
Dramatischer Krakehl.
(Wien. Zimmer, in der Burg.)
Kaiser Ferdinand. Staatsminister. Draußen tobende Menge.
Kaiser (ängstlich zum Minister). Aber sagend, l
bitt' Ihne, Ivas schreiens halt?
Minister. Kaiserliche Majestät, sie begehren
eine Verfassung!
Kaiser. Nu so thuns ihne halt doch den
Gefallen und geben Sie ihnen eine!
(Minister geht hinaus, tritt sogleich wieder herein; un-
geheurer Jubel.)
Kaiser (weinerlich). Aber i bitt' Ihne, was
wollens denn nun schon ivieder?
Minister. Sie danken halt Ew. Majestät
für die Verfassung!
Kaiser (sehr heiter). Na,' wenn sie sich damit
so freuen, da geben Sie doch den guten Leuten
halt gleich noch eine. lMlnister geht ab.)
Kaiser (allein, reibt sich vergnügt die Hände). Der
Deichsel! Was werden sich die Leut' nun erst
freuen! (Er geht später n&*.)
__ (Berl. Krakehler, 1848.)
* Nach Innsbruck. Der Setzer.
Tante Voß behauptet: die Apotheker klagen
über Mangel an Arbeit; natürlich, wenn die
Kamarilla in Potsdam die Pillen dreht, welche
die Berliner verschlucken sollen, und Held Wrangel
niederschlagcnde Mistel präparirt, müssen ivohl
die Apotheker zu Grunde gehen.
(Berl. Krakehler, 1848.)
Aus „Zweeter unfrankirter Brief an feine Muhme Suse
von Aujust Buddelmeyer, belagerter DageSschriststeller mit'u
jroßeu Bart."
Meine Herren!
Wissen Sie, ivat'n Thcekcssel is? Een Thec-
kessel is'n Abjeordneter, der in 'ne Zeit, wo des
Volk und des Vaterland in
Jcfahr is, in die Depntirten-
kammer eene Anstellung als
Kleenigkeits - Kummissarjus
nimmt. Een Theekessel is'n
Abjeordneter, der, wenn et
ins Vaterland Sturm läuten
duht, init'n Allerwerthsten
nff de Ohren sitzt un nischt
hört. Een Theekessel is'n Ab-
jeordneter, der Stänkereien
machen duht, wenn uff'n
Altar des Vaterlandes alle
Wohljerüche einer edlen Be-
jeisternng jcopfert werden
müssen. Det is'n Theekessel!
Nanu, frag ick Jh'n, ineine
Herren, ivollen Sie Thcekessels sind? Nce, zum
Donnerwetter, det ivollen Sie nich sind! Sie
sind Preußen un keen Preuße is'n Theekessel!
(Flugblatt ans dem Jahre 1818.)
In Wien.
Verdammt, Herr Baron! Die Schlingel von
Arbeiter wollen weder rauben noch stehlen.
Sehen Sie nur, Herr Graf! dort haben sic
sogar angeschrieben: „Heilig ist das Eigenthum."
Verflucht! da kann man die Leute mit An-
archie nnd Kommnnismns bald nicht mehr fürchtig
machen.
Freilich! und, unter uns gesagt, wenn die
Proletarier so nobel werden, dann sind wir
zuletzt allein die Spitzbuben.
(Enlenspiegel, 1818.)
Wer und was ist durch die Revolution
rninirt?
Antwort: GenSdarmen, Geheimräthe, Spione,
Gardelieutenants, Straßenpflaster, Wucherer, drei
sehr hohe Fensterscheiben, Prioatdozentinnen,
Mucker, Minister, der Staatsschatz, der allertiefste
Weinkeller, die Allg. Preußische Zeitung, Zensoren,
Prügelmeister, Herr Liedke als Deputirter, Kam-
merherrcn, beordnete Lassen und abgeordnete
Triglaffen - nichts als Schutt und nnfrncht-
barer Acker; doch auch — was uns für die Zu-
kunft wieder trösten kann — sehr viel Dünger.
(Kladderadatsch, 1848.)
Wien. Bösivillige Menschen haben das Ge-
rücht verbreitet, als seien Se. Majestät und Aller-
höchstdesselben Familie nicht freiwillig und aus
Gesundheitsrücksichten fortgegangen, sondern ge-
zwungen geflohen. Wer die Wiener Lust kennt,
der wird wissen, daß dem Kaiser schon längere
Zeit hier nicht recht wohl war. Zudem hat seine
Fallsucht zugenoinmen, seit dieses Nebel ange-
fangcn, mehr und mehr in den erlauchten Fa-
milien Europas ZN grassiren. (Kladderadatsch, 1818.)
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Vertag von I. H. W. Metz Nachf. (G. m. b. H.) in Stuttgart.
Diener. Er nennt sich Ludwig der Springer
und spricht blos in Reimen. Hören Sie. er singt.
(Man hört spottschlechten Gesang mit Harsenbegleitung.)
So wandre ich nun über Stock und Stein,
Durch Thäler und Klüfte,
Ueber Seen und Grüfte,
So mutterseelen ganz allein.
Mein Auge ist thränig, mein Herz das bricht;
Ach! meine Lola sind' ich nicht!
Lola «springt auf). Wenn das nicht mein Lud-
wig ist, so soll mich der Teufel holen! Solche
Verse kann kein anderer Dichter machen.
Ludwig (im Pilgerkleide mit der Harse stürzt herein).
Was hör' ich! Welche Töne! Wie entzücken sie
mein Ohr. Ha! Lola!
Lola. Mein Ludewig! lSie sinken einander in
die Arme.)
Philipp (trocknet sich die Augen). Gott, wie
rührend!
Lola (windet sich mit sanfter Gewalt aus Ludwigs
Armen). Aber NUN eine Bitte, Theurer!
Ludwig. Fordre ineine Seele. Alles sei
Dir gewährt.
Lola (schmeichelnd). Laß die Alemannen nach
England kommen.
Ludwig (reibt sich die Stirn). O, Grausame!
Jndcß es sei. Ich fühle meine Ohnmacht. Doch
nun zu euch, Vettern. (Er breitet die Arme nach
ihnen aus.) Ihr seid euer Vier, die Lola ist die
Fünfte,
Ich sei, gewährt mir dre Bitte,
In Eurem Bunde der — Sechste.
Ein Diener (zu Philipp). Es ist eine bescher-
dene Anfrage da aus Baden, ob hier noch eine
Wohnung zu verinicthen ist.
Philipp. Nein, jetzt ist Alles besetzt.
Diener. Vielleicht der östliche Flügel des
Schlosses?
Philipp. Da hat der Kaiser von Rußland
schon Draufgeld bezahlt.
Diener lab). (Allo umarmen sich und singe»:)
Hier sind wir so fröhlich beisammen
Und haben einander so lieb!
(Von hinten scheint die Sonne ins Fenster. Vorhang fällt.)
A. tzopf.
(Flugblatt a. d. 1.1818.)
Louis Philipp.
(Karikatur aus dem Jahre 1848.)
Berliner Tageskrakrhl.
Proletarier. Aber, HerrSchandarme, wat
wollen Sie von mich, ick habe ja nich gebettelt!
Gensdarm. Das sagt ja auch kein Mensch
nich, warten Sie doch man.
Proletarier. Fassen Sie mir nich an, ick
laß mir nich arretiren, ick habe nischt gedahn.
(Will sich losreißen.)
Gensdarm. Ich habe Ihnen ja man ein
paar Worte zu sagen.
Proletarier. Ick kenne det schon, davon!
später! (Reißt sich los.)
Gensdarm (hinter ihm her rufend). Aber so!
bleiben Sie doch, ich will Sie ja nicht arretiren, j
Sie sollen ja man Minister werden.
Proletarier. Ach so! Ne Männeken, daraus !
wird nischt! Lieber nach de Ostbahn. (Wust davon.,!
Gensdarm. Wieder mißlungen. Da schlag'I
das Donnerwetter drein! Ja, ick kann keenen
schaffen. (Geht betrübt ab.)
(Berl. Krakehler, 1848.) >
Der deutsche Reichsadler.
Die zwei Köpfe des
verehrlichen deutschen
Reichsadlers scheinen
sehr bezeichnend Nord-
und Süd-Deutschland
vorzustellcn, und es ist
recht gut, daß sie von
einander sehen, denn
würden sie sich an-
schauen, so könnte das
gegenseitige Zun-
genherausstrecken
zu argen Mißverständ-
nissm führen. — Der
nicht sehr erfreuliche
Anblick wäre dann wie
nebenstehend.
(Karikatur aus den Fliegenden Blättern ans dem Jahre 1848.)
Dramatischer Krakehl.
(Wien. Zimmer, in der Burg.)
Kaiser Ferdinand. Staatsminister. Draußen tobende Menge.
Kaiser (ängstlich zum Minister). Aber sagend, l
bitt' Ihne, Ivas schreiens halt?
Minister. Kaiserliche Majestät, sie begehren
eine Verfassung!
Kaiser. Nu so thuns ihne halt doch den
Gefallen und geben Sie ihnen eine!
(Minister geht hinaus, tritt sogleich wieder herein; un-
geheurer Jubel.)
Kaiser (weinerlich). Aber i bitt' Ihne, was
wollens denn nun schon ivieder?
Minister. Sie danken halt Ew. Majestät
für die Verfassung!
Kaiser (sehr heiter). Na,' wenn sie sich damit
so freuen, da geben Sie doch den guten Leuten
halt gleich noch eine. lMlnister geht ab.)
Kaiser (allein, reibt sich vergnügt die Hände). Der
Deichsel! Was werden sich die Leut' nun erst
freuen! (Er geht später n&*.)
__ (Berl. Krakehler, 1848.)
* Nach Innsbruck. Der Setzer.
Tante Voß behauptet: die Apotheker klagen
über Mangel an Arbeit; natürlich, wenn die
Kamarilla in Potsdam die Pillen dreht, welche
die Berliner verschlucken sollen, und Held Wrangel
niederschlagcnde Mistel präparirt, müssen ivohl
die Apotheker zu Grunde gehen.
(Berl. Krakehler, 1848.)
Aus „Zweeter unfrankirter Brief an feine Muhme Suse
von Aujust Buddelmeyer, belagerter DageSschriststeller mit'u
jroßeu Bart."
Meine Herren!
Wissen Sie, ivat'n Thcekcssel is? Een Thec-
kessel is'n Abjeordneter, der in 'ne Zeit, wo des
Volk und des Vaterland in
Jcfahr is, in die Depntirten-
kammer eene Anstellung als
Kleenigkeits - Kummissarjus
nimmt. Een Theekessel is'n
Abjeordneter, der, wenn et
ins Vaterland Sturm läuten
duht, init'n Allerwerthsten
nff de Ohren sitzt un nischt
hört. Een Theekessel is'n Ab-
jeordneter, der Stänkereien
machen duht, wenn uff'n
Altar des Vaterlandes alle
Wohljerüche einer edlen Be-
jeisternng jcopfert werden
müssen. Det is'n Theekessel!
Nanu, frag ick Jh'n, ineine
Herren, ivollen Sie Thcekessels sind? Nce, zum
Donnerwetter, det ivollen Sie nich sind! Sie
sind Preußen un keen Preuße is'n Theekessel!
(Flugblatt ans dem Jahre 1818.)
In Wien.
Verdammt, Herr Baron! Die Schlingel von
Arbeiter wollen weder rauben noch stehlen.
Sehen Sie nur, Herr Graf! dort haben sic
sogar angeschrieben: „Heilig ist das Eigenthum."
Verflucht! da kann man die Leute mit An-
archie nnd Kommnnismns bald nicht mehr fürchtig
machen.
Freilich! und, unter uns gesagt, wenn die
Proletarier so nobel werden, dann sind wir
zuletzt allein die Spitzbuben.
(Enlenspiegel, 1818.)
Wer und was ist durch die Revolution
rninirt?
Antwort: GenSdarmen, Geheimräthe, Spione,
Gardelieutenants, Straßenpflaster, Wucherer, drei
sehr hohe Fensterscheiben, Prioatdozentinnen,
Mucker, Minister, der Staatsschatz, der allertiefste
Weinkeller, die Allg. Preußische Zeitung, Zensoren,
Prügelmeister, Herr Liedke als Deputirter, Kam-
merherrcn, beordnete Lassen und abgeordnete
Triglaffen - nichts als Schutt und nnfrncht-
barer Acker; doch auch — was uns für die Zu-
kunft wieder trösten kann — sehr viel Dünger.
(Kladderadatsch, 1848.)
Wien. Bösivillige Menschen haben das Ge-
rücht verbreitet, als seien Se. Majestät und Aller-
höchstdesselben Familie nicht freiwillig und aus
Gesundheitsrücksichten fortgegangen, sondern ge-
zwungen geflohen. Wer die Wiener Lust kennt,
der wird wissen, daß dem Kaiser schon längere
Zeit hier nicht recht wohl war. Zudem hat seine
Fallsucht zugenoinmen, seit dieses Nebel ange-
fangcn, mehr und mehr in den erlauchten Fa-
milien Europas ZN grassiren. (Kladderadatsch, 1818.)
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Vertag von I. H. W. Metz Nachf. (G. m. b. H.) in Stuttgart.