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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0070
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- - 2692

^.-mises. ^

Am Oil ist es Oacbt — es rascbelt und rauscbt
Am Lauche der Pyramide.

Das Krokodil erschrickt und lauscht
Da kreucht hervor, von Lassos umbauscht,

Lin todter Sesostride.

Verdorrt das Antlitz, vertrocknet die Daud
Lr war ein Despot und Kamses genannt,

Von jenen Vierzehn Liner.

„©!“ ruft er und schüttelt sein /Dumtengedärm,
„©, archäologischer Aammer!

Mas soll das verfluchte moderne Gescbwärm!
Ls scheucht mich des Fortschritts fataler Lärm
Aus meiner Grabeskammer.

Die Lokomotive, der Telegraph
Durchziehn Aegypten — dass Ammon mich straf!
Illnd iknechte werden /Denschen.

Die peitsche vergessen sie und die Frohn
/Dan sollte sie Alle henken,

Mie einst zu /Dempbis und Labylon!

Doch schwach wird die Kirche, schwach der Thron
Tind frech sozialistisches Denken.

Das Oeue bricht an; das Alte vergeht
/Dich einbalsamirte /Dajestät
Lässt's hier nicht länger rasten.

Drum steig' ich, obwohl ich /Dumie bin.

Aus dem prähistorischen Loche —

Oach Deutschland, Deutschland steht mein Sinn;
Oacb Deutschland nur gehör' ich hin,

An die reaktionäre Lpoche,

©, könnte in einem der /Dausole'n,

Die an der Spree und der Davel stehn,

Ach todter Kamses schlafen!" z.

ntffe der Bibel, die predigthafte Art seines
Redens — Alles machte ihn zum auserkorenen
Manne, um den gerne theologisirenden Hol-
ländern zu imponiren. Er schuf im Haag bald
eine kleine Organisation, kandidirte 1880 in
Amsterdam für die zweite Kammer und erhielt
5 Stimmen! Das waren die Anfänge.

Bis zum Jahre 1887 mar das Wahlrecht in
Holland fast nichtvorhanden. Um Wählerzu sein,
mußte man an direkten Stenern in den kleinsten
Dörfern 20, in Amsterdam aber 112 Gulden
pro Jahr bezahlen. Es gab damals im ganzen
Lande 100000 Wähler. Eine Bewegung gegen
ein solches Wahlrecht mußte die Massen packen
und that es auch. Gerade in den Jahren 1883
bis 1885 hatte diese Bewegung ihre Hochfluth,
und in den zahlreichen und oft imposanten
Versammlungen hatten die Sozialisten die beste
Gelegenheit, ihre Prinzipien zu verkündigen und
zu vertheidigen. Nieuwenhuis und Gerhard
leiteten diese Bewegung in neue Bahnen, in-
dem sie dieselbe auf das Gebiet der Klassen-
interessen hinüberspielten. Dadurch gewann sie
vornehmlich für das proletarische Element an
Bedeutung und Aktualität. Besonders das
Jahr 1883 war für diese Propaganda frucht-
bar. Je mehr die Sozialisten in die Wahl-
rechtsbewegung eintraten, bis sie schließlich die
ganze Führung derselben in Händen hatten,
desto mehr identifizirte die öffentliche Meinung
die beiden Bewegungen mit einander. Die Presse
beschäftigte sich nunmehr mit ihr, Broschüren
wurden für und wider sie geschrieben. Die
Regierung fing an, der Partei ihre Aufmerk-
samkeit zuzuwenden.

Trotz des unverkennbaren Fortschrittes der
Bewegung war das Jahr 1884 verhältnißmäßig
ruhig gewesen, die Jahre 1885 und 1886 da-
gegen brachten Sturm und selbst Orkan. Es
sind die aufgeregtesten Jahre der niederlän-
dischen Parteigeschichte.

Im Mai 1885 wurde in verschiedenen Städten
Hollands ein Manifest verbreitet, welches sich
mit dem allgemeinen Wahlrecht befaßte. Der
Sekretär der Amsterdamer Abtheilung des Wahl-
rechtsbundes, Van Ommeren, der der Verfasser
desselben war, wurde deshalb wegen Majestäts-
beleidigung angeklagt — ein Delikt, das seit
1848 kaum dreimal vorgekommen war. Dieser
Prozeß erregte eine ungeheure Bewegung. Der
damalige König Wilhelm III. war nichts weniger

Wieder daheim!

(Siclje nebenstehende Illustration.)

Sne floh in die weite Welt hinaus,

Au folgen dem Mann ihrer Liebe,
verlassen hat sie das Elternhaus
In stürmischem Herzenstriebe.

Sie zogen selbander landauf, landab.

Das Glück hat sie zürnend gemieden.

Im fernen Lüden ein einsames Grab -
Dort fand der Geliebte den Frieden.

Nun wandert sie heimwärts mit theurer Last,
Getrieben von Nummer und Sorgen,
vorm Hanfs der Eltern, da hält sie Nast;
Trotz allem — hier ist sie geborgen.

DieArbriterbtwkglliig in ör« iUeittrlnnk«.

von w. H. Vliegen.

Holland ist erst spät in die Reihe der Länder
getreten, die dem Rufe Karl Marx': Prole-
tarier aller Länder, vereinigt Euch! gefolgt
sind. Es ist natürlich schwer, von einer Sache,
die nicht gemacht, sondern entstanden ist, genau
zu sagen, wann sie entstanden ist und die
ersten Spuren ihrer Wirksamkeit aufzuzeigen.
Ich glaube aber als Ausgangspunkt für meine
Uebersicht über die sozialdemokratische Be-
wegung in den Niederlanden den Kongreß
des „Allgemeinen Niederländischen Arbeiter-
verbandes" annehmen zu können, der am 9.
und 10. Juni 1878 abgehalten wurde.

Auf der Tagesordnung dieses Kongresses
stand der Punkt: „Kann das Programm der
deutschen sozialistischen Partei auch für die
Niederlande von Nutzen sein?" Diese Frage
war von dem Amsterdamer Schmiedegesellen-
verein auf die Tagesordnung gestellt worden,
deren Delegirter der bekannte Sozialdemokrat
Ansiegh war. Nur wenige Wochen später, am
7. Juli, kam es in Amsterdam zur Gründung
eines sozialdemokratischen Vereins, der ein dem
Gothaer Programm sehr ähnliches Programm
annahm. Damit war die erste wirklich sozial-
demokratische Organisation entstanden, das
Fundament für eine sozialdemokratische Partei

gelegt worden. Die Stifter des Vereins waren
schlichte Arbeiter, die ihre sozialistische Erzie-
hung zum großen Theile in der Internationale
genossen hatten. Der eigentliche Führer unter
ihnen war H. Gerhard, ein vielgereister, ge-
bildeter Arbeiter, ein erfahrener, guter Redner
und Schriftsteller, der trotz eines Lebens voller
Entbehrungen bis zu seinem Kode im Jahre 1886
ein unermüdlicher Kämpfer für den Sozialis-
mus blieb.

Wer weiß, wie lange es noch gedauert hätte,
bis die junge Organisation eine nennenswcrthe

tz. Gerhard.

Thätigkeit entfaltete, wenn sie nicht in Fer-
dinand Domela Nieuwenhuis, damals
Prediger der lutherischen Geineinde im Haag,
eine kräftige Stütze bekommen hätte. Er grün-
dete im März 1879 das Blatt „Recht voor
Allen" und schuf damit der kleinen Organi-
sation ein Organ. Im selben Jahre legte er
sein Predigtamt nieder und schied aus der
Kirche aus. Man inuß den heutigen Nieuwen-
huis, den grimmen Feind der Sozialdemokratie
vergessen, um zu würdigen, was er in den
Jahren 1879—1891 für die Partei war. Er
hatte Alles, was einen: Volksführer bei seiner
Aufgabe helfen kann. Er war jung; er war
reich. Noth und Elend drohten ihm nicht
— wie so manchem Kämpfer, der sonst allen
Feinden die Stirn geboten hätte. Seine Kennt-
 
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