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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 15.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.8184#0119
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2741

„Hurrah! Die Scharte von Adua ist wieder ausgewetzt!"

Hobelspähne. 'Sk®-

Jetzt auf zu kühnem Wagen!

Zu ernster That erwacht!

Nach langen Leidenstagen
Kommt uns ein Tag der Macht.

Am Wahltag fehle Keiner!

Schaart euch um mich herum,

Heut gilt der arme Schreiner
So viel wie König Stumm.

Das Bcnmhen irgend welcher pflichteifriger
Spitzel und Ortsgendarmen, durch Konfis-
zirung von Wahlflugblättern und Verhaftung
von Agitatoren jene unangenehmen Wahrheiten
aus der Welt zu schaffen, welche über die
Reichspolitik gesagt werden, ist ganz ungenügend. Wenn man diesen
Wahrheiten zu Leibe gehen will, so müßte man den Reichskanzler ver-
haften und seine Politik konfisziren.

Wenn rings im Reiche die Scharfmacherei
Sich lustig entfalten darf,

So übe sic auch die rothe Partei:

Sie mache die Wähler scharf!

Die Schwarzen halte» jeden Wähler, der sich voin Klerus abwendet, für
ein verirrtes Schäflein. Die richtigen Schafe bleiben eben beim Zentrum.

Der Hunger trieb zur Rebellion
Das Volk in Mailands Gassen;

Es wurden,beruhigt'nach altem Brauch
Mit Flintenkugeln die Massen.

Da griff in die Tasche der Bourgeois,
Entschlossen zu Liebesthaten,

Flugs schrieb er eine Kollekte aus
Und sammelte — für die Soldaten.

Als leuchtendes Beispiel bei Erfüllung der Wählerpflicht stehe dem
Arbeiter der Kommerzienrath vor Augen. Der Kommerzienrath wird
nie einen Arbeiterkandidaten wählen, deshalb wähle der Arbeiter auch nie
einen Kandidaten der Kommerzienräthe.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Dünger.

Der Dünger bat sieb aukgeraM
Don seinem Lumpenlager.

Doblriugtg stebt er va, erschlafft,

Die Glieder welk und mager.

Lr glotzt umber und gebt durchs Land
Als ein gespenstischer Gigant,
Freiwillige zu werben
Lum Stegen oder Sterben.

And heiser gellt sein Merbe-Mort
Dem Llend in die Gbren.

Dur Men'ge haben ihm sotort
Den Fahneneid geschworen.

Doch immer grösser wird die Schaar,
Denn Meiden bringt, wie Gcb'n, Getabr.
Dicr lauert das Verderben,

Dort Siegen oder Sterben.

And wieder wogt der Strasscnkampt
And wieder lässt der Dulverdampf
Zurück ein Glück in Scherben,

Nein Siegen, nur ein Sterben.

And doch — der Dünger beult Triumph,
Lr wurde nicht getroffen!

Doch hält er hoch den Fabnenstumpt,
DSlt hoch noch Dass und Dotken.

And unerschöpflich ist die Schaar,

Die zu ihm hält» trotzt der Gefahr
Den Satten zum Verderben,

Lum Stegen auch im Sterben!

—♦— Max LaHlenberg.

Nus einer Wahlversammlung.
Redner: Alles geht bei unserer Reichspolitik
ins Gewaltige, ins Große!. ..

Steuerzahler (ruft dazwischen): Aber beim
täglichen Brot gcht's ins Kleine! —

And breit und wuchtig wälzt zuletzt
Lieh fort des Volkes flkasse»

Don der Verzweiflung aufgehetzt
Dnd angcspornt vom Dasse;

Dom Dass, geschürt durch harte Doth,
Denn Steine reicht man ihm statt aßrot
«tiö will das Volk enterben.

Drum siegen oder sterben!

^»d Steine, die noch wohlfeil sind,

~ie werden ihm zur Malkc.

iähcr Thatkratt spannt geschwind
an der Arm, der schlaffe.

Dj^ ^.bchnell aus Feuerschlünden blitzt
De>> B?wehr, die sein Mut verspritzt,
fln, anö dsntit zu färben,

liegen nicht, — in, Sterben.

^M^n!"0er aber forscht umher:
^bleiben meine Treuen?"

And ~ wieder wächst das schwarzeDeer
UnD seine Fäuste dräuen.

Das Strohdach.

A>: Es ist kaum glaublich, daß unsere vor-
nehmen Agrarier unter armseligen Stroh-
dächern leben müssen.

B.: Und doch ist es so — werfe nur einmal
einen Blick unter ihre Zylinderhüte.

Verkannt.

Die Spanier beten
Um glorreichen Sieg,
Amerika betet
Um Beute im Krieg.

Sie haben den Herrgott
Wohl gründlich verkannt,
Sic meinen, er wäre
Gewehrfabrikant.

Dir Schuldigen.

Kricgsminister: Es ist doch fatal, daß
man immer von Soldatenmißhandlungen
hören muß. Läßt sich dagegen nichts thun?

General: Gewiß, man mutz das heutige
Wahlrecht abschaffcn, damit keine Sozialdemo-
kraten mehr in den Reichstag gewählt werden
können.

Wider die Reaktion.

Der Junker schmeichelt, lockt und lügt.

Und seiner Pfeife folgt der Bauer;

Man hat sich rechts und links gefügt —
Wir sind die letzte hohe Blauer.

So schafft, wenn ihr euch selber liebt,

Lin Sedan jedem Bauernfänger,

Bo sorgt, daß an dem Wall zerstiebt
Die §Iutf) der Schinder und der Dränger!

Und was da zieht an ihrem Strang
Mit trügerischem Wortgeflunker,

Das theile auch den Untergang,

Das theile auch die Schmach der Junker.
Wenn das Gewitter flammt und loht.

So schont es Unechte nicht noch Herren —
Wir müssen durch den blut'gen Uoth
Der Mahlstatt ihre Banner zerren!

Doch soll der schwüle Junitag
Was er verspricht, auch ehrlich halten,

Soll er zu einem Donnerschlag
Für die Verschwörung sich gestalten.

Muß auch der letzte Mann heraus
Der großen unterdrückten Masse,

Und wer da lässig bleibt zu Haus,

Uebt Hochverrath an seiner Ulasse! n. r.

- Schnihel.

Der Zickzack-Kurs scheint neuerdings in recht
üblen Geruch gekommen zu sein, da sich seine
Anhänger so eifrig bemühen, ihn zu beweih-
räuchern. »

Wenn das Volk von der Reichsregierung eine
energische Sozialreform verlangt, so wird ihm
der Professor Knackfuß etwas malen.

Man wäre sehr optimistisch, wenn man von
Jemanden große Thaten erwartete, weil sein
Mundwerk ungewöhnlich groß ist.

Nachdruck sänliiitlicher Artikel rc. verboten.
 
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