— 2748
Wshllied.
Auf!
Lchaart Luch zu Häuf!
Schreitet wie Helden zum Siegeslauf,
Männer der Arbeit zur Wahl!
Gießet die Vual
Vhne Zahl,
Gießt Lures Lebens endlose Pein.
Gießet in siedender Gluth sie hinein
In die Wage der Wahl.
Zeigt,
Daß Ihr nicht schweigt.
Wenn sich der Wahnsinn versteigt,
Luch zu entinünden und zu entrechten,
Luch zu ächten
And knechten.
Stürzet den lodernden heiligen Zorn
Lurer Lntrüstung in schäumendem Born
In die Wage der Wahl.
Lehrt,
Daß Ihr es werth.
Mannhaft zu führen das Schwert,
Das in der Arbeit gewaltigem Anege
Bahnet die Stiege
Lndlichem Liege.
Werft es mit ehernem, dröhnendem Alang,
Rundend des „Heutigen" Untergang
In die Wage der Wahl. w. D-n.
(Eine Wrberfamilie.
Line schlesische Dorfgeschichte.
I.
Es war Freitag vor Pfingsten. Ein reiner
goldgesäumter Abendhimmel spannte sich über
das Gebirge. Allen seinen Gefährten voraus-
geeilt, blickte schon der Abendstern flimmernd
auf die ruhende Landschaft hernieder, über
welcher einschläfernd, unbewegt die rauhe Luft
ruhte.
Auf dem Fußwege, der nach dem langen
Dorfe im Grunde führte, schritten zwei Gestalten
hinab, ein feiner junger Mann mit Sporen und
Reitpeitsche, zu seiner rechten Seite eine junge
Dame in eleganter Sommertracht.
„Seien Sie ernsthaft, Kousine", sprach der
Letztere bittend, „die Gesellschaft ist uns bereits
auf den Fersen, und wenn jetzt nicht, finde ich
so bald keine ungestörte Minute zu dem wieder,
was ich Ihnen sagen muß!"
„Wollen Sie mir ein Geheimniß entdecken,
Vetter?" fragte sie lachend, „beginnen Sie, ich
werde erschrecklich ernsthaft sein!"
„Sie quälen mich geflissentlich, aber ich
werde mir den Augenblick nicht rauben lassen.
Klara, zu allen den prachtvollen Gaben, die
Ihnen heute an Ihrem Ehrentage geworden,
möchte ich noch eins legen. Sie wissen es
längst, entscheiden Sie, ob es Werth für Sie
hat, Klara — mein Herz und meine Hand."
Er war stehen geblieben und faßte ihre
Hand; sie aber entzog sie ihm leise und schritt
weiter.
„Haben Sie denn wirklich ein Herz, Vetter?"
fragte sie nach einer Weile und sah in das sich
vor ihnen öffnende Dorf hinein, wo überall
aus den kleinen Fenstern schon die Lichter
blinkten.
„Ob ich ein Herz habe?" entgegnete er, von
ihrem Tone betroffen, „daran zweifeln Sie,
Klara?"
„Horchen Sie einmal!" rief sie imb hielt
ihre Schritte an, „das ist eine merkwürdige
Melodie!"
Der letzte Bergvorsprung, dicht au den ersten
Häusern, lag vor ihnen, und dahinter klang
es, monoton wie das Lied eines Leiermanns
hervor:
„Armer Konrad, webe zu.
Ohne Rast und ohne Nuh,
Hungersleben, Noth genug:
Webst die Kraft aus Deinem Arm,
Webst Dir doch, daß Gott erbarm'.
Nur Dein eigen Leichentuch!"
„Vermaledeites Pack!" brummte der junge
Mann ärgerlich. „Kommen Sie, Kousine, es
ist wahrscheinlich Einer von dem Webervolke,
der seinen Lohn vertrunken hat und sich nun,
statt zu arbeiten, in elegische Klagen ergießt!"
fuhr er spottend fort. „Kommen Sie, die Elenden
sind frecher als Sie glauben und es sollte mir
um Ihretwillen leid thun, wenn wir uns hier
einer unangenehmen Begegnung aussetzten."
Das Mädchen warf einen ernsten Blick ans
ihren Begleiter und schritt vorwärts.
Kurz vor dem Eingang in den Ort stand
ein Bursche in der dürftigsten Kleidung und
ließ gesenkten Hauptes das Paar an sich vor-
übergeheu; der Herr klatschte mit der Reit-
peitsche, Klara aber ließ lange den Blick auf
den Zügen des Dastehenden ruhen.
preisgekrönte Ltikette für deutschen Rolonial-
Lxport-Schnaps.
Der Bursche kam heran. „Lieber Herr",
begann er in bittendem Tone, „ich wollte nicht
wieder kommen und Vorschuß betteln, aber wir
haben halt seit gestrigen Tags kein Brinkel zu
essen im Haus, und wenn der alte Rake und's
Mädel und ich und die Kinderle nicht ver-
hungern sollen, müssen Sie mir ein klein Vor-
schußzettele geben. Ich hab's nicht thun wollen,
aber ich Hab' den Jammer nicht mehr mit an-
sehen können!"
„Sehen Sie, Kousine, so geht's!" wandte
sich der junge Fabrikherr an seine Begleiterin.
„Diese Menschen haben schon mehr Vorschuß,
als sie in ihrem ganzen Leben wieder abarbeiten
können. Wir sind viel zu gut gewesen, nun
wird es als ein Muß gefordert. Jetzt gelbe
ich aufs Neue eine Vorschußanweisung, die ist
heute Abend zum größten Theile vertrunken
und in einigen Tagen geht das Lamento von
Neuem los. Morgen könnt Ihr Eure Arbeit
abliefern und erhaltet Geld, jetzt gebe ich nichts!"
Damit wandte er sich ab und bot seiner
Begleiterin den Arm; aber mit zwei Schritten
hatte ihm der junge Weber den Weg vertreten.
„Herr", sprach er und sein Gesicht war
finster geworden, seine Stimme zitterte und
mit den vor der Brust gefalteten Händen schien
er die innere Aufregung zurückdrängen zu
wollen; „Herr, 's sind drei Jahre, daß ich kein
Tröppel Schnaps über die Zunge gebracht habe
und weunls Elend die alte Raken nicht dernieder-
geworfen hätte, wo's Geld koste und immer
Geld, bis wir sie 'nausgelegt haben in die
stille Bucht, wenn Sie barmherziger gewesen
wären und uns 's liebe Brot und die Erdtoffeln
nicht so hoch angerechnet hätten, wir wären
halt nicht so weit im Vorschuß 'neingekommen,
j Und wenn's Elend nun nicht gar so groß wär',
ich hätt' mich nicht hergestellt und Sie abge-
wartet, Herr. Geben Sie mir ein Zettele, ich
will ja halt nur ein klein Tüchel Erdtoffeln,
geben Sie mir's, lieber Herr, Sie müssen
barmherzig sein, ich kann nicht eher fortgehen!"
In das Gesicht des Fabrikherrn war die
Helle Zornröthe geschossen. „Ertrotzen will Er
es?" brach er hervor und hob die Reitpeitsche,
„aus dem Wege, niederträchtiger Lump!"
„Schlagen Sie zu", sprach der Weber und
senkte den Kopf, „aber geben Sie mir was für
die derheime!"
„Alfred!" rief jetzt die Dame und hielt den
aufgehobenen Arm ihres Begleiters zurück, „das
ist kein Trotz, das ist ja die Helle Verzweiflung.
Geben Sie ihm, mir zu Liebe, etwas."
„Ich bringe Ihnen heute gern Alles zum
Opfer, selbst meine Ueberzeugung", sprach er,
ihre Hand drückend. „Geh' Er voran", rief er
dem jungen Weber zu, „und wart' Er au der
Thür. Dank' Er's aber nur der Dame, wenn
ich Ihm, statt einer verdienten Züchtigung,
Seinen Willen thue. — Könnten Sie", fuhr er
gegen Klara gewendet fort, „so ganz die Ver-
hältnisse durchschauen. Sie würden mich anders
beurtheilen, als Sie es vielleicht thun. Will
der Kaufmann, der Fabrikant, gleichen Schritt
mit der Zeit halten, so muß er hart sein, hart
wie Eisen. Ist er es nicht, so sind es seine
Konkurrenten, er wird überflügelt und geht zu
Grunde! Das weiche Frauenherz mag das
freilich oft nicht fassen können. — Jetzt kommen
} Sie, liebe Klara, die Gesellschaft wird schon
| lange auf einem anderen Wege zurückgekehrt
sein!"
Lächelnde Gesichter, leiseNeckereien empfingen
in dem glänzend erleuchteten, mit allein Luxus
ausgestatteten Salon des großen Fabrikgebäudes
die Heimkehrenden, deren bereits die mit üppiger
Verschwendung angeorduete Tafel harrte. Mit
leuchtendem Gesicht führte nach kurzer Zögerung
der junge Fabrikherr die schöne Klara zu Tische,
Wshllied.
Auf!
Lchaart Luch zu Häuf!
Schreitet wie Helden zum Siegeslauf,
Männer der Arbeit zur Wahl!
Gießet die Vual
Vhne Zahl,
Gießt Lures Lebens endlose Pein.
Gießet in siedender Gluth sie hinein
In die Wage der Wahl.
Zeigt,
Daß Ihr nicht schweigt.
Wenn sich der Wahnsinn versteigt,
Luch zu entinünden und zu entrechten,
Luch zu ächten
And knechten.
Stürzet den lodernden heiligen Zorn
Lurer Lntrüstung in schäumendem Born
In die Wage der Wahl.
Lehrt,
Daß Ihr es werth.
Mannhaft zu führen das Schwert,
Das in der Arbeit gewaltigem Anege
Bahnet die Stiege
Lndlichem Liege.
Werft es mit ehernem, dröhnendem Alang,
Rundend des „Heutigen" Untergang
In die Wage der Wahl. w. D-n.
(Eine Wrberfamilie.
Line schlesische Dorfgeschichte.
I.
Es war Freitag vor Pfingsten. Ein reiner
goldgesäumter Abendhimmel spannte sich über
das Gebirge. Allen seinen Gefährten voraus-
geeilt, blickte schon der Abendstern flimmernd
auf die ruhende Landschaft hernieder, über
welcher einschläfernd, unbewegt die rauhe Luft
ruhte.
Auf dem Fußwege, der nach dem langen
Dorfe im Grunde führte, schritten zwei Gestalten
hinab, ein feiner junger Mann mit Sporen und
Reitpeitsche, zu seiner rechten Seite eine junge
Dame in eleganter Sommertracht.
„Seien Sie ernsthaft, Kousine", sprach der
Letztere bittend, „die Gesellschaft ist uns bereits
auf den Fersen, und wenn jetzt nicht, finde ich
so bald keine ungestörte Minute zu dem wieder,
was ich Ihnen sagen muß!"
„Wollen Sie mir ein Geheimniß entdecken,
Vetter?" fragte sie lachend, „beginnen Sie, ich
werde erschrecklich ernsthaft sein!"
„Sie quälen mich geflissentlich, aber ich
werde mir den Augenblick nicht rauben lassen.
Klara, zu allen den prachtvollen Gaben, die
Ihnen heute an Ihrem Ehrentage geworden,
möchte ich noch eins legen. Sie wissen es
längst, entscheiden Sie, ob es Werth für Sie
hat, Klara — mein Herz und meine Hand."
Er war stehen geblieben und faßte ihre
Hand; sie aber entzog sie ihm leise und schritt
weiter.
„Haben Sie denn wirklich ein Herz, Vetter?"
fragte sie nach einer Weile und sah in das sich
vor ihnen öffnende Dorf hinein, wo überall
aus den kleinen Fenstern schon die Lichter
blinkten.
„Ob ich ein Herz habe?" entgegnete er, von
ihrem Tone betroffen, „daran zweifeln Sie,
Klara?"
„Horchen Sie einmal!" rief sie imb hielt
ihre Schritte an, „das ist eine merkwürdige
Melodie!"
Der letzte Bergvorsprung, dicht au den ersten
Häusern, lag vor ihnen, und dahinter klang
es, monoton wie das Lied eines Leiermanns
hervor:
„Armer Konrad, webe zu.
Ohne Rast und ohne Nuh,
Hungersleben, Noth genug:
Webst die Kraft aus Deinem Arm,
Webst Dir doch, daß Gott erbarm'.
Nur Dein eigen Leichentuch!"
„Vermaledeites Pack!" brummte der junge
Mann ärgerlich. „Kommen Sie, Kousine, es
ist wahrscheinlich Einer von dem Webervolke,
der seinen Lohn vertrunken hat und sich nun,
statt zu arbeiten, in elegische Klagen ergießt!"
fuhr er spottend fort. „Kommen Sie, die Elenden
sind frecher als Sie glauben und es sollte mir
um Ihretwillen leid thun, wenn wir uns hier
einer unangenehmen Begegnung aussetzten."
Das Mädchen warf einen ernsten Blick ans
ihren Begleiter und schritt vorwärts.
Kurz vor dem Eingang in den Ort stand
ein Bursche in der dürftigsten Kleidung und
ließ gesenkten Hauptes das Paar an sich vor-
übergeheu; der Herr klatschte mit der Reit-
peitsche, Klara aber ließ lange den Blick auf
den Zügen des Dastehenden ruhen.
preisgekrönte Ltikette für deutschen Rolonial-
Lxport-Schnaps.
Der Bursche kam heran. „Lieber Herr",
begann er in bittendem Tone, „ich wollte nicht
wieder kommen und Vorschuß betteln, aber wir
haben halt seit gestrigen Tags kein Brinkel zu
essen im Haus, und wenn der alte Rake und's
Mädel und ich und die Kinderle nicht ver-
hungern sollen, müssen Sie mir ein klein Vor-
schußzettele geben. Ich hab's nicht thun wollen,
aber ich Hab' den Jammer nicht mehr mit an-
sehen können!"
„Sehen Sie, Kousine, so geht's!" wandte
sich der junge Fabrikherr an seine Begleiterin.
„Diese Menschen haben schon mehr Vorschuß,
als sie in ihrem ganzen Leben wieder abarbeiten
können. Wir sind viel zu gut gewesen, nun
wird es als ein Muß gefordert. Jetzt gelbe
ich aufs Neue eine Vorschußanweisung, die ist
heute Abend zum größten Theile vertrunken
und in einigen Tagen geht das Lamento von
Neuem los. Morgen könnt Ihr Eure Arbeit
abliefern und erhaltet Geld, jetzt gebe ich nichts!"
Damit wandte er sich ab und bot seiner
Begleiterin den Arm; aber mit zwei Schritten
hatte ihm der junge Weber den Weg vertreten.
„Herr", sprach er und sein Gesicht war
finster geworden, seine Stimme zitterte und
mit den vor der Brust gefalteten Händen schien
er die innere Aufregung zurückdrängen zu
wollen; „Herr, 's sind drei Jahre, daß ich kein
Tröppel Schnaps über die Zunge gebracht habe
und weunls Elend die alte Raken nicht dernieder-
geworfen hätte, wo's Geld koste und immer
Geld, bis wir sie 'nausgelegt haben in die
stille Bucht, wenn Sie barmherziger gewesen
wären und uns 's liebe Brot und die Erdtoffeln
nicht so hoch angerechnet hätten, wir wären
halt nicht so weit im Vorschuß 'neingekommen,
j Und wenn's Elend nun nicht gar so groß wär',
ich hätt' mich nicht hergestellt und Sie abge-
wartet, Herr. Geben Sie mir ein Zettele, ich
will ja halt nur ein klein Tüchel Erdtoffeln,
geben Sie mir's, lieber Herr, Sie müssen
barmherzig sein, ich kann nicht eher fortgehen!"
In das Gesicht des Fabrikherrn war die
Helle Zornröthe geschossen. „Ertrotzen will Er
es?" brach er hervor und hob die Reitpeitsche,
„aus dem Wege, niederträchtiger Lump!"
„Schlagen Sie zu", sprach der Weber und
senkte den Kopf, „aber geben Sie mir was für
die derheime!"
„Alfred!" rief jetzt die Dame und hielt den
aufgehobenen Arm ihres Begleiters zurück, „das
ist kein Trotz, das ist ja die Helle Verzweiflung.
Geben Sie ihm, mir zu Liebe, etwas."
„Ich bringe Ihnen heute gern Alles zum
Opfer, selbst meine Ueberzeugung", sprach er,
ihre Hand drückend. „Geh' Er voran", rief er
dem jungen Weber zu, „und wart' Er au der
Thür. Dank' Er's aber nur der Dame, wenn
ich Ihm, statt einer verdienten Züchtigung,
Seinen Willen thue. — Könnten Sie", fuhr er
gegen Klara gewendet fort, „so ganz die Ver-
hältnisse durchschauen. Sie würden mich anders
beurtheilen, als Sie es vielleicht thun. Will
der Kaufmann, der Fabrikant, gleichen Schritt
mit der Zeit halten, so muß er hart sein, hart
wie Eisen. Ist er es nicht, so sind es seine
Konkurrenten, er wird überflügelt und geht zu
Grunde! Das weiche Frauenherz mag das
freilich oft nicht fassen können. — Jetzt kommen
} Sie, liebe Klara, die Gesellschaft wird schon
| lange auf einem anderen Wege zurückgekehrt
sein!"
Lächelnde Gesichter, leiseNeckereien empfingen
in dem glänzend erleuchteten, mit allein Luxus
ausgestatteten Salon des großen Fabrikgebäudes
die Heimkehrenden, deren bereits die mit üppiger
Verschwendung angeorduete Tafel harrte. Mit
leuchtendem Gesicht führte nach kurzer Zögerung
der junge Fabrikherr die schöne Klara zu Tische,