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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0057
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2953

Ein neuer Kreuzritter.

wieder ein deutscher Professor, von dem der Teufel Bitru
Besitz ergriffen hat.

Hobetspähne.

Gekommen ist sic wieder
Die stille Osterzeit.

In frommen Konventikeln
Verzapft man Frömmigkeit.

Die Schwarzen ob unserer Sünden
Brechen entrüstet den Stab,

Der Miqnel nimmt uns indessen
Die irdischen Güter ab.

Die Schivarzen haben ein sehr stark aus-
geprägtes Schamgefühl, wenn es sich um den
künstlerischen Schmuck das Reichstagsgebäudes
handelt. Der Wählerschaft wäre es aber lieber,
sie schämten sich ihrer Wortbrüche und
U m f ü l l e.

„Otterngezücht" hat, ivie bekannt,

Jesus die Pharisäer genannt:

Das war nicht parlamentarisch zwar,

Aber ivahr.

„Das Volk hat keinen Glauben mehr", jammerte der nationalliberale
Paasche. Da hatte er entdeckt, daß Niemand mehr an die Ehrlichkeit
der Nationalliberalen glaubt.

Es will das Kolonialamt ! Ihr Kolonialgewalt'gen,

Als Amor figuriren | Ihr schafft euch nur Beschwerden,

Und heirathslustige Jungfran'n ! Es wird zu warm in Afrika
Nach Afrika deportircn. I Der Kuppelpelz euch iverden.

Der Rückgang des Kleingewerbes zeigt sich jetzt auch in Frankreich.
Der politische Kleinmeister Deroulöde brachte nicht einmal einen Staats-
streich mit Handbetrieb fertig.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Paasche und Konsorten.

Die Religion muß dem Volke erhalten
bleiben, aber — es muß die katholische sein.

(Gröber.)

Und also sprach im Parlament Herr paasche
Aus hoher Dmlmftini des Unmuths wollte:

Oie Herren Bebel-Liebknecht bringen mich in Rage,
Oe» Christenglauben rauben sie dein Police.

Oas ist doch ltlar, es kann die geistig schwachen
Allein der Glaube wirklich selig mache»!

Oeni schwarzen Gröber schien es nicht zu pulsen
Oes Zttchcr-paalche's christliches Beginnen:
„Oaniil", meint Gröber, „ist doch nicht zu spuken!
Mit Luther ist der Höst" nicht zn entrinnen,
wer nicht katholisch ist, der wird betrogen,

Oie Protestanten haben oft gelogen."

Und Herr v. Rlinckowftröm zog frisch und heiler
Als positiver Protestant voni Leder:

„Und wenn's so wäre, na, IVUS lchadct's Weiler?
Ein bischen luge», das ttjut Jeder."

Oann schwärmte er als Mann von Rang und Eitel
Zur 5lock und Bibel als Erziehungsmittel.

Oas war für Jtöcker ein gesnnd'nes Pressen,
täo'n „bischen lügen" Kennt er aus Erfahrung,
„was war, du lieber Gott, lüht's uns vergelten
Und hören wir die neue Gst'enbarung:

Öen: Atheismus gilt s, ihr braven Christen,

Und der verfluchten Brut der Joziaststen!"

wenn's nnnniehr nicht in tut »ritt Lager kriselt
Gb dieses groben Rreuzzugs aller Zrommen,
wenn's uns nicht kalt hinab den Rücken rieselt
Und wenn wir nicht zu der Erkcnnlnik kommen,
Geralhen sei's uns schleunigst ausznlösen,

Jo stehen wir int Bunde mit dem — Bösen.

Schneidige Seelen lieben lieh!

Der Sergeantenschädclspalter Mttmeister Graf
Stollberg-Wernigerode soll nach der Angabe der
Akten, wie der preußische Kriegsministcr im Reichs-
tag sich ausdrllckte, wegen seiner Eigenschaften im
Offizierskorps sehr beliebt gewesen sein — Jessas,
Jessas, wer hat aber denn daran gezweifelt???

Gm Denkmal für Herrn v. lüindbeim.

Als im ]abr acbtundvierzig die Revolution
Bedenklich erschüttert den preussiseben Chrotr,

Da stand Friedrich Wilhelm, der vierte genannt,
Der den todten des Holks mit dem Hut in der Hand,
war' damals der Herr von Windheim schon
Gewesen der städtische Oberfrohn,

£r hätte sothanem Beginnen gewiss
Herweigert sein allerhöchstes Permiss,

Und es wäre zu einem Zerwürfniss am End'
Gekommen zwischen König und Präsident.

Nun aber haben wir heute das Glück
Zu richten den dankbar erhobenen Blick
Dach der Heste am fllexanderplatz. —

6s ergeht uns dabei, wie der Maus mit der Ratz.
Und obgleich Herr von Windheim uns strengstens

verboten

In Ehren zu halten die lieben todten,

So darf er sich sicher darauf verlassen,

Dass wir ihn, wenn mal seine Lippen erblassen,
Und er meldet uns diesen Horfall bei Zeiten,

Mit verdienter Ehrung zu Grabe geleiten,
fluch soll ihm werden ein Denkmal errichtet,
Dazu hab’ ich ihm heut' schon die Grabschrift ge-
dichtet:

„Es ruhn allhier die theuren Reste

Des Herrn von Windheim. Umzäunt auf’s Beste!

Bestellt einen Wächter, der soll darauf sehn,

Dass sie nie und nimmermehr auferstehn!“

Ridcns.

Ans' der Eisenbahn.

Viehhändler rzu einem' »ltramonlane» Abgeord-
neten): Guteis Abend, Herr Kollege!

Ultramontaner: Wieso Kollege? Sind
Sie Abgeordneter?

Viehhändler: Nein — aber ich treibe auch
Kuhhandel.

Abgekrumpft.

Graf: Na, habt ja für die Dresdener Zucht-
häusler 'ne nette Summe aufgebracht! ... Fast
neunzigtausend Mark.. . sapperlot!

Arbeiter: So sind wir nun mal, Herr Graf.
Wenn wir die Junker hinter Schloß und Riegel
bringen könnten, so würden wir gerne zehnmal
soviel zusammensteuern.

Gast (in Sachsen,: Sie, da schwimmt 'n Fetzen
Zeitungspapier in der Schüssel!

Wirth: Das schadet nichts. Es ist von einem
gut konservativen Blatt.

„Großartige Errungenschaft!" jubelten
die baperischen Partikularisten, da war den bayeri-
sd,en Soldaten im Berliner Reichsmilitärgeriäit
eine eigene Schreckenskammer eingeräumt
worden. *

„Die Kirche hat einen guten Magen",
sagt Goethe. Zur Strafe für dieses Lob verweigern
ihnr die Schwarzen ein Denkmal in Straßburg.

„Wir befinden uns in einer Periode
ldes sittlichen Niedergangs", sagt Nieber-
ding. Kein Wunder also, daß reaktionäre, kultur-
| feindliche Gesetzentwürfe und Anträge im Reichs-
I tag förmlich Sitte werden.

❖ Schnitzel. ❖


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