Der Freiheit Lobgesang.
Es braust ein Lied aus Sängers Mund,
Das giebt der Welt die Freiheit kund,
Der Menschheit großes werden!
Es reißt des Liedes Klang und wort
Im Sturme der Begeist'rung fort
Die Völker rings auf Erden!
Lang war die Arbeit ohne wehr
Und hatte weder Schild noch Speer,
Die Feinde zu verjagen.
Doch wo der Geist den Pfad erhellt
Und sich in ihre Dienste stellt,
Da braucht sic nicht verzagen!
was Großes schuf der Geist der Zeit,
Das war der Menschheit nur geweiht
Zum Trotz der dunklen Mächte.
Schon braust es über Land und Meer:
„wir brauchen keinen Vormund niehr,
Nicht Herren und nicht Unechte!
„Frei fei, was Menschenantlitz trägt,
In dessen Herz sich Sehnsucht regt
Nach Glück und nach Vollendung!
Und Ueiner sei so schwach und feig,
Daß ihn ein Andrer lenk' und beug' —
Das sei die neue Wendung."
So offenbart das neue Lied,
Das jedes Freien Brust durchzieht,
Uns, daß wir vorwärts schreiten.
Drum soll der Freiheit Lobgesang
Die Uämpfer all in Sturm und Drang
von Sieg zu Sieg geleiten! n. p.
Patriarch Stumm.
König Stumm rühmt sich, er halte mit seinen
Arbeitern ein persönliches, patriarchalisches Ver-
hältniß aufrecht — und König Stumm ist kein
Lügner.
Man kann sich davon überzeugen, wenn man
ihn zur Mittagszeit besucht. Da sitzt er an seiner
Tafel mitten unter den Arbeitern; er schenkt ihnen
selbst den Champagner ein, niinmt niemals ein
größeres Stück Fleisch aus der Schüssel, als der
neben ihm sitzende Eisendreher es nimmt, und
wacht sorgsam darüber, daß die Arbeiterkinder
nicht zu kurz kommen, wenn der Pudding herum- j
gereicht wird.
Bei Tische erzählt er den Arbeitern, wie bie!
Geschäfte gehen, er hört ihre Meinung in Betreff
der Uebernahme neuer Aufträge, berechnet mit
ihnen, was daran zu verdienen sei, kurz, er ver-
I kehrt mit ihnen, wie es eines patriarchalischen
Hausherrn Art ist.
Wenn die Mahlzeit beendet ist, so räth er den
Arbeitern, nicht sofort mit vollem Magen an die
Arbeit zu gehen, sondern erst ein Verdauungs-
schläfchen zu machen, wie er es auch thue. Und
sie folgen seinem Beispiel und leben so mit ihm
in jener Harmonie, die er im Reichstage gar
nicht genug rühmen kann.
Die kleine fioirsammlerin.
Tin Wald auf seinem Reisigbund
Das arme Kind schläft unter Bäumen,
€s war so mild', da nabte mild
Der güt’ge Schlaf mit holden träumen.
Zu Bause ruht das reiche Kind
Im warmen Bett auf weichen Kissen,
Bewahrt vor jedem frost’gen Zug
Und vor der JTrmuth Bitternissen.
6s stösst hinaus das arme Kind
Die Doth auf dornig rauhe Wege,
6s muss durch Sonnenbrand und Schnee
Und über IRoor und schwanke Stege.
Beschützt bei jedem tritt und Schritt,
Auf Pfaden blumig, glatt und eben
Zieht leicht und froh das reiche Kind
Im Sonnenschein durchs junge Leben.
JTls goldner träum vergehn im Spiel
Dem reichen Kind im Slug die ]abre,
Das arme schleppt sich, müd’ gehetzt
Uon harter Arbeit, früh zur Bahre.
Drum schlaf, o schlafe, armes Kind,
Und träume süss in Waldeshallen.
Bis du erwachst, erbauen wir
6in Paradies den Kindern allen.
Robert Seidel.
Es braust ein Lied aus Sängers Mund,
Das giebt der Welt die Freiheit kund,
Der Menschheit großes werden!
Es reißt des Liedes Klang und wort
Im Sturme der Begeist'rung fort
Die Völker rings auf Erden!
Lang war die Arbeit ohne wehr
Und hatte weder Schild noch Speer,
Die Feinde zu verjagen.
Doch wo der Geist den Pfad erhellt
Und sich in ihre Dienste stellt,
Da braucht sic nicht verzagen!
was Großes schuf der Geist der Zeit,
Das war der Menschheit nur geweiht
Zum Trotz der dunklen Mächte.
Schon braust es über Land und Meer:
„wir brauchen keinen Vormund niehr,
Nicht Herren und nicht Unechte!
„Frei fei, was Menschenantlitz trägt,
In dessen Herz sich Sehnsucht regt
Nach Glück und nach Vollendung!
Und Ueiner sei so schwach und feig,
Daß ihn ein Andrer lenk' und beug' —
Das sei die neue Wendung."
So offenbart das neue Lied,
Das jedes Freien Brust durchzieht,
Uns, daß wir vorwärts schreiten.
Drum soll der Freiheit Lobgesang
Die Uämpfer all in Sturm und Drang
von Sieg zu Sieg geleiten! n. p.
Patriarch Stumm.
König Stumm rühmt sich, er halte mit seinen
Arbeitern ein persönliches, patriarchalisches Ver-
hältniß aufrecht — und König Stumm ist kein
Lügner.
Man kann sich davon überzeugen, wenn man
ihn zur Mittagszeit besucht. Da sitzt er an seiner
Tafel mitten unter den Arbeitern; er schenkt ihnen
selbst den Champagner ein, niinmt niemals ein
größeres Stück Fleisch aus der Schüssel, als der
neben ihm sitzende Eisendreher es nimmt, und
wacht sorgsam darüber, daß die Arbeiterkinder
nicht zu kurz kommen, wenn der Pudding herum- j
gereicht wird.
Bei Tische erzählt er den Arbeitern, wie bie!
Geschäfte gehen, er hört ihre Meinung in Betreff
der Uebernahme neuer Aufträge, berechnet mit
ihnen, was daran zu verdienen sei, kurz, er ver-
I kehrt mit ihnen, wie es eines patriarchalischen
Hausherrn Art ist.
Wenn die Mahlzeit beendet ist, so räth er den
Arbeitern, nicht sofort mit vollem Magen an die
Arbeit zu gehen, sondern erst ein Verdauungs-
schläfchen zu machen, wie er es auch thue. Und
sie folgen seinem Beispiel und leben so mit ihm
in jener Harmonie, die er im Reichstage gar
nicht genug rühmen kann.
Die kleine fioirsammlerin.
Tin Wald auf seinem Reisigbund
Das arme Kind schläft unter Bäumen,
€s war so mild', da nabte mild
Der güt’ge Schlaf mit holden träumen.
Zu Bause ruht das reiche Kind
Im warmen Bett auf weichen Kissen,
Bewahrt vor jedem frost’gen Zug
Und vor der JTrmuth Bitternissen.
6s stösst hinaus das arme Kind
Die Doth auf dornig rauhe Wege,
6s muss durch Sonnenbrand und Schnee
Und über IRoor und schwanke Stege.
Beschützt bei jedem tritt und Schritt,
Auf Pfaden blumig, glatt und eben
Zieht leicht und froh das reiche Kind
Im Sonnenschein durchs junge Leben.
JTls goldner träum vergehn im Spiel
Dem reichen Kind im Slug die ]abre,
Das arme schleppt sich, müd’ gehetzt
Uon harter Arbeit, früh zur Bahre.
Drum schlaf, o schlafe, armes Kind,
Und träume süss in Waldeshallen.
Bis du erwachst, erbauen wir
6in Paradies den Kindern allen.
Robert Seidel.