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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung: Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0127
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3024

Die Bäume im Mulde stritten einmal miteinander, wer von ihnen
dem Menschen am nützlichsten wäre.

„Ich bin für den Schiffsbau unentbehrlich", rauschte die knorrige
Liehe, „und bin in jeder Marineforderung mit inbegriffen."

„Meine Gerten bilden das Hauptinstrument der preußischen
Schule", flüsterte die Birke..

„In meine Binde schneiden die Liebenden am liebsten ihre Namen
ein", raunte die Buche.

Und so wußte jeder einzelne Baum etwas Anderes vorzubringen,
was ihn nach seiner Meinung dem Menschen am nützlichsten machte.

Nur die schlanke Tanne hatte beharrlich geschwiegen. „Die
Title, — man weiß, worauf sie sich so viel einbildet, —" zischelte es
um sie herum, „weil sie zum Ghristbaum gebraucht wird . . . pah —
die alte Betschwester . . . !" Das spöttische Bauschen veranlaßte nun
auch die Tanne, zu sprechen.

„K nein, nicht darauf bin ich stolz, — ich habe für die Menschen
eine viel köstlichere Gabe . . . ! Aus meinen Stämmen macht man
Holzstoff, und aus dem Holzstoff das Zeitungspapier; mir verdankt
die Welt die siebente Großmacht: die Presse!"

Linen Moment verstummten die Neidigen. Dann ging es aber
aufs Neue wieder los, ein förmlicher Sturmwind raste in allen
Zweige».

„So . . . ! Die Presse sagst du . .. ?! Weist du auch, wie klein-
winzig die gute presse ist. . . ? Wie viel Zeitungspapier du her-
schenkst, damit Lügen und giftige verläumdungen darauf gedruckt
werden? Wie viel Tausends von Reptilien, die mit theuerem Steuer-
geld täglich gefüttert werden, dir ihr Dasein zuschreiben dürfen . . . ?
V, wenn du nichts Besseres den Menschen zu geben hast, dann bist
du ihr größtes Unglück, dann verdienst du, mit Stumpf und Stiel
vom Lrdboden ausgerottet zu werden —!"

Dicke harzige Thränen quollen da aus der Binde der armen
Tanne, ein wehmüthiges Bauschen'fuhr durch ihre Radeln, die in
das feuchte Moos regneten. „Wohl habe ich noch eine Gabe für die
Menschen", sprach sie seufzend, „die manche Unbill an mir rächen
würde. Ich habe ja auch kräftige Aeste, aus denen ließen sich tüch-
tige Stecken schneiden, und damit könnte man alle die Lumpen
ordentlich durchbläuen, die jahraus jahrein die Kasern meines Leibes
zu so schmählichem Thun mißbrauchen. . . . Aber warum kommt
denn Niemand, sie zu holen...?!"

Und die Tanne wartete und wartete; es kam aber Niemand,
die guten Stecken zu holen. . . .

* * * Moderner Uodtentanz. * * *

von D. ©. Acntzscb.

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