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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung: Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0132
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3029 —

❖ * Lrnte. * *

U

I^eil dir, mein Uolk,

Der Cag der Ernte nabt!

Der Cag der Ernte, da in Sturmgewittern
Dein junger Much fegt durch die alten Scheuern;
Der Cag, vor dem sie heimlich alle zittern,
Die deines Lebens 0üter dir versteuern;

Der beil’ge Cag, da dir in starker Jaust
Die Sichel durch die dürren Rahne saust,

Bis dass im blut’gen Jfbendrotb
Der Cod

Mas welk und faul auf Erden ist,
Zusammenliest

Und es mit seiner streng gerechten Rand
Jür alle Zeit verbannt.. .

JUs Sonne steigt die ÜJabrbeit dann empor,

flm Rimniel jauchzt der Freiheit Cerchenchor

Und was erblüht, ist deiner Ciebe Saat-
Reil dir, mein Uolk,

Der Cag der Ernte naht! h.h.

U

Scharfe Beobachtung.

A. : Erst neulich Hab' ich wieder einen klassischen
Beweis für die Mauserung der Sozialdemo-
kratie erlebt.

B. : Ah.. . welchen?

A.: Raucht da ein Doktor, den ich immer für
einen Erzumstürzler und Königsmörder
gehalten habe, ganz gemüthlich ans einer Bern-
stein-Spitze!! . ,

An den Michel.

„Ausbau der Flotte": drauf achte!

„Ausbau der Sozialreform": nur sachte!

* Das Geschenk. *

In Arkansas, zwischen Bergen, wilden Flüssen,
rauhen Wäldern,

Wohnen Farmer, Jäger, Trapper auf den un-
fruchtbaren Feldern.

An dem Abhang steht ein Blockhaus, etwas
größer als die andern.

Dahin steht man Sonn- und Festtags viele Leute
ehrbar wandern.

Dieses Blockhaus ist die Kirche und der Pfarrer
ist John Klaren,

Hochgeehrt von seinen Schafen, ob sie oft auch
räudig waren.

Mußt' er doch, daß Trinken, Bausen und be-
sonders Pferdestehlen

Kleine Lieblingsschwächen waren der ihm an-
vertrauten Seelen.

Weil er selbst in seiner Jugend leider Aehn-
liches getrieben.

Fand er leicht ein Donnerwetter für die Häupter
seiner Lieben.

Diese aber stöhnten oftmals, bis das Schwere
überwunden.

Denn der theure Seelenhirte donnerte zwei volle
Stunden,

Um sich dann beim Whiskyschlürfen von der
Mühsal zu erholen.

Auch die Schäflein, die so manches herrenlose
Pferd gestohlen.

Labten nachher sich im Kruge, um die Predigt
zu verdauen

Und sich drauf, nach alter Weise und mit Nach-
druck zu verhauen.

Kurz, es kann im frommen Deutschland keinen
Knecht des Heilands geben.

Dem die Schäflein seiner Herde freudiger zu
Willen leben.-

Weihnacht war's. In Klärens Hütte kamen
viele arge Zünder

Mit Paketen, Flaschen, Chieren, Fellen, Honig,
selbst die Kinder

Brachten manche feine Zache, und die Mägd-
lein und die Frauen

Ließen den verehrten Hirten ihren guten Willen
schauen.

Dieser wählte sachverständig von den vielen
guten Dingen,

Kostete manch' kräftig Tröpflein, that manch'
saftig Stück verschlingen.

Als der Mürd'ge stieg zur Kanzel, aus Hickory-
holz errichtet.

Hat er mit verdrehten Augen erst ein kurz
Gebet verrichtet;

Dann erhub er seine Stimme: „Ich erhielt heut'
manche Gaben,

Die den Geist des armen Priesters und sein
sterblich Theil erlaben.

Ich bin arm. Denn was ich einstmals trieb, mich
schlecht und recht zu nähren,

Hab' ich ausgesteckt, um redlich euch die Fröm-
migkeit zu lehren.

Jeder von euch kann sich sagen, ohne langes,
tiefes Denken:

Was ich auch von euch empfangen — nichts kann
ich euch wieder schenken.

Aber peinlich ist es. Zachen, dis ihr selber meist
gestohlen.

Also schlankweg anzunehmen. Nein, der Teufel
soll mich holen,

Thu' ich das. Und darum sag' ich und damit
sei es erledigt:

Ihr schenkt Whisky, Felle, Schweine, und ich
schenk' euch heut' — die Predigt."

Zprach's, stieg nieder von der Kanzel, ging nach
Hause und trank weiter.

Seine frommen Schäflein zogen ebenfalls zum
Kruge heiter.

Und bei Grog, bei Gin und Whisky riesen sie
am Weihnachtsfeste:

„Das Geschenk, das uns der Pastor machte,
war das allerbeste!" e. w.
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