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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung: Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0174
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3072

von CimbimvStimm. •$-

■*> Dom fierrn Grafen

€(in Kompliment. Herr Graf! Wir sind enlziickl,
(Denn auch verblüfft zugleich, ob der Erleuchtung,
Die über Sie in diesen Lagen kam
Und ob des Diktums, das Sie von sich gaben.

Ein grosses (Dort, Sie warfen es gelassen,

Mit gräflichem Aplomb, in die Debatte:
„Charakterlos sei jede Sinnesänderung,

Und Rückgrat sei es, was von der Partei
Er fordern müsse - auch der Krone Käthen
Und ihrem hohen Cräger gegenüber.“
jawohl, Berr Graf, die Doch der Zeit erfordert
Uor Allem Rückgrat und es stünde besser
Ums Uaterland, wenn man auf allen Seiten
Bisher bereits die schwere Kunst geübt.

Dur leider ist - entschuld’gen Sie, Berr Graf! -
Die CUabrbeit nicht so funkelnagelneu,

Als in verzeihlicher Entdeckerfreude

Sie selber meinen. Mir, mein wertber Graf,

Mir haben sie von Anbeginn erkannt,

Säst instinktiv und sie mit festem IDutb
Auch da geübt, wo Alles wider uns
In Mafien stand voll Grimms - nicht blos die Krone.
Und sonderbar, höchst sonderbar, Berr Graf:

CUer das am meisten uns zum üorwurf machte,

Mer frevelhaften Crotz in dieser Ballung
Des Uolkes sah, wer uns mit blauen Bohnen
Den Mund zu stopfen allezeit bereit,

Das waren Sie, Berr Graf, und die Partei,

An deren Spitze Sie als Führer stehn.

Bat etwa nur der erbgesessne Adel

Ein Recht auf Rückgrat, auf den steifen Dacken

Und auf den Mnth der eignen Ueberzeugung,

Dicht auch das Uolk, dem Einsicht und die Sorge
?ürs eigne CUohl dieselbe Ballung lehrt,

Zu der den Adel sein Intresse nur

Und nur die Sorge für den Geldsack spornt? R.£.

Inhalt der Unterhaltung«-Beilage.

Ein Hausirer, der seine Waare nicht loswerden kann.
(Illustration.) — Der Groschen. Gedicht. — Prinzessin Folallge.
Ein Zeitmärchen. — Pro memoria. — Nachstempelung. — Aus
Sachsen. Gedicht. — Aus der Jagd nach verbotenen Früchten.
(Illustration.) — Cecco. Von I. Zehdnicker. (Jllustrirt.) —
Die Rache der „Streikbrüder". Eine Polizeiassaire in vier
Bildern von Rata Langa. — Scharfmacherhymne. — Brief-
kasten.

Außerdem liegt dieser Nummer bei: Kunde von
Nirgendwo. 10. Bogen.

Blihdrahk-Meldungen.

Berlin. Das preußische Ministerium befindet sich in
einem solch'geschwächten Zustand, daß es nicht einmal gehen
kam».

— In einer Versammlung von Kanalarbeitern und Dienst-
männern wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, daß kein
Mitglied einen Ministerposten annehmen dürfe.

Dortmund. Das Wasser des Mittellandkanals ist durch-
gebrochen und treibt jetzt die Mühlen der Sozialdemokratie.

pribbernow. Das Amtsblatt enthält folgendes Inserat:
Arbeiter-Gesuch. Knechte und Mägde werden bei
ihrem Antritt thierärztlich untersucht, getränkt, gestriegelt
und gelallst; in der Woche werden sie zweimal zur Schwemme
getrieben und erhalten nach Bedarf frische Streu aufgeschüttet.
Di? Fütterung erfolgt dreimal täglich. Futter nahrhaft,
Suff reichlich, so daß die Freßlust immer rege ist. Nachts
Alles in einem Stalle.

Kranz Frnger in Pribbernow.

Sedan. •-*«-

Soll niemals dich in deinem Wandel stören,
In deinem Thun die Stimme der Kritik,
Mußt du in Frankreichs blauer Republik
Dem hohen Generalstab angehören.

Am höchsten auf der sozialen Leiter
Steht unantastbar dort der General;

Er fälscht zum ersten, zweiten, dritten Mal
Und ist es nöthig, fälscht er ruhig weiter.

Als Frankreichs Faust die oft geschwungne

wehre

Im Jahre Siebzig blutbefleckt entsank,
Erkannte esdiewelt alsschwach und krank,
Dach rein und makellos blieb seine Ehre.

Unsäglich schlimmer steht's inunsernTagen
Durch seiner Söldner frechen Uebermuth,
Und kostet dieses Sedan auch kein Llut,
Jst's doch die schwerste seiner Niederlagen!

Ein schlimmer Tag.

Das war ein Jamnier im ganzen Minister-
hause, als Vater Miguel mit seinem Kanal durch-
gefallen war.

Er wagte garnicht direkt heimzugehen, son-
dern trank sich erst in einer Destille Muth an,
ehe er Mutter Horst von der Recke entgegentrat.

Sic überschüttete ihn auch sofort mit den
bittersten Vorwürfen.

„Verpatzt hast Du die Geschichte, gründlich
verpatzt! Du hättest den hohen Herren im Land-
tage besser um den Bart gehen sollen, aber Du
weißt mit vornehmen Leuten nicht umzugehen,
das macht Deine plebejische Herkunft, Du —
Bauernagitator!"

„Na, Alte, werde nicht anzüglich", sagte der
Hausvater kleinlaut, „Du hast ja auch Deinen
Theil an der Schuld —"

„Was, ich?" keifte die Frau, „bei allen Land-
räthen bin ich 'rnmgelaufen und Hab' sic mit der
Nase draufgestoßen, was sic zn thun haben!..."

„Das hättest Du eben lassen sollen", sagte
Miguel lebhaft, „damit hast Du uns blos kom-
promittirt, denn das verstößt gegen das konstitu-
tionelle Prinzip."

Die Alte schlug ein Gelächter auf.

„Ko—ko—konstitutionell! Als wenn von so
was bei uns jemals die Rede gewesen wäre!"

„Oho!" grollte Miguel, „das wollen wir erst
sehen. Ich habe gute Lust und löse den Land-
tag auf."

„Alle guten Geister", flüsterte die alte Recke,
„versündigeDich nicht noch mit frevelhaften Reden.
Du weißt, wir sind einfache Ministerslcute, also
Dienstboten, und müssen uns nach der Gesinde-
ordnung eine mäßige Züchtigung gefallen lassen."

„Dann bleibt mir nichts übrig, als meinen
Abschied zu nehmen", sagte Miguel dumpf.

„Na, das fehlte gerade noch!" schrie Mutter
Recke. „Was sollte denn aus unfern armen Kin-
dern werden? Das kleine Zuchthausgesetzchcn
spuckt ohnedies schon Blut, das Justiznovellchen
ist noch nicht geimpft und das Lex Heinzchen
stellt sich an, als wollte es im Leben nicht laufen
lernen. Für diese unglücklichen Würmer muß
doch in erster Linie gesorgt werden."

Der Hausvater wollte etwas erwidern, aber
man hörte Jemand die Treppe heraufkommen
und das Ehepaar schaute sich entsetzt an.

„Der Lukanus —?" Diese stumme Frage
war in den erschrockenen Zügen der Beiden zu
lesen.

Bild au« der Dreyfus-Affaire.

General Mercier,
der talentvollste Lohn Frankreichs.

(„Nebelspalter", Zürich.)
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