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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0202
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3100

Ist irgendwo faul was im Deutschen Reich,

Jsi's sicher im lieblichen Sachsen;

Fällt irgendwo so ein recht hämischer Streich,

So wende die Augen nach Sachsen!

wo stiehlt man das Wahlrecht, trotz allem Rrakehl,
Na wo? Natürlich in Sachsen!
wo giebt's ein Vereinsgesetz wie ein „Juwel",
Schau wied'rum gefälligst nach Sachsen!

Die Richter sind Zierden des ganzen Geschlechts,
And innig ans Herz mir gewachsen,

Gerechtigkeit übend nach links und nach rechts.
Das findet man doch nur in Sachsen!

wo zittert am meisten der Reaktionär?

Das ist ja wieder mein Sachsen!

Mit Hussah die Rothen sind hinter ihm her,

Die rothen, die blutrothen Sachsen! £eiPäiget.

Blihdraht-Meldungen.

Berlin. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" enthält folgende
Berichtigungen:

Ich erkläre, daß die kürzlich erschienenen Gedichte „Freiheitsklänge"
nicht von mir sind. Graf Posadowsky.

Der Schrift „Volkswehr oder stehendes Heer?" stehe ich voll-
kommen fern. v. Goßler.

Die Artikel im „Vorwärts" gegen mein Ressort rühren nicht von mir
her; auch habe ich kein Honorar dafür erhalten. v. Podbielski.

Um den unsinnigen Gerüchten, als sei ich irgendwie an der Regie-

rung betheiligt, ein für alle Mal entgegenzutreten, erkläre ich auf das
Bestimmteste, daß niemals von mir Derartiges behauptet worden ist.

Hohenlohe.

— Nach dem Vorgänge „des Klubs der Harmlosen" wollen die
Polizeispitzel hier einen „Klub der Schwerhörigen" und die Antisemiten
einen „Klub der Vollsinnigen" begründen. — Herr Johannes von Miquel
wird Vorsitzender des „Klubs der Aufrichtigen".

Straßburg im Elsaß. Dem Herrn Oberstaatsanwalt von Elsaß-
Lothringen wurde ein Sammelalbum für konfiszirte Ansichtspostkarten
gestiftet.

Johannesburg im Transvaal. Zur Vertheidigung der hiesigen
Forts wurde Herr Guörin aus Paris verschrieben.

Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.

Am holländischen Tau. Zwei Illustrationen. — Ein Rein-
fall. Von Emil Rosenow. (Jllustrirt.) — Aus dem Rechts-
staat. Zwei Illustrationen. — Briefkasten. — Literarische
Anzeigen.

Außerdem liegt dieser Nummer bei: Kunde von Nirgendwo.
12. Bogen.

fians Eutze von Ulurmb.

Heb Rans, acb bans, ach bans,

Was Du nicht Alles kannst!

Die Versammlungen der Rothen
Sind in Weimar ganz verboten,

Denn im Ministerium
Sitzt ein Wurmb, der gar nicht dumm!

Ach Hans, ach bans, ach bans,

Was Du nicht Alles kannst!

Weimar wählt jetzt nur marxistisch,

Alles ist hier sozialistisch,

Schusterjungen ziehen um,

Runden Herrn von Wurmbens Ruhm.

Ach Hans, ach hans„ ach Hans,

Was Du nicht Alles kannst!

Aut den Lassen wird geplaudert:

„Herzog wird jetzt August Laudert!" —

:,: Siehst Du wohl, das kommt davon,
bans, da hast Du Deinen Lohn! :,:

Minister Thuns Nachruf.

(Nach Shakespeare.)

Er war ein Tapps — nehmt Alles nur in Allem,
Ihr werdet nimmer seines Gleichen sehn.

Zeichen und Wunder.

Von s-i.

Von einer Landgräfin zu Thüringen geht die
fromme Sage, daß sie — entgegen dem strengen
Verbot ihres hartherzigen Gemahls, des Herrn
Landgrafen, Durchlaucht — arme Leute in höchst-

eigener Person mit allerhand Viktualien versorgte.
Die fromme Sage erzählt weiter, daß sie eines
unschönen Tages von Seiner Durchlaucht be-
troffen wurde, wie sie den Schloßberg hinabeilte
mit einer ganzen Schürze voll Brot und Wurst
(oder gab's damals noch keine Wurst?), um ihre
Armen damit zu atzen.

„Halt! Wohin des Wegs! Und was tragen
Euer Liebden da!?" donnerte der Graf.

„Rosen—I" log Ihre Durchlaucht zitternd;
denn auch sehr fromme Leute sagen manchmal
die Unwahrheit, wenn sie in Verlegenheit sind.

Dazu sprach sie ein kräftig Stoßgebet. Der
Geist Bellachinis kam über ihre Schürze —, und
als der Graf ihr dieselbe entriß, rollten statt der
ursprünglichen Stullen und Semmeln wirkliche
Rosen in den Sand; Maröchal Niel, La Franee,
Gloire de Dijon, alles durcheinander — und ohne
alle Apparate.

'

In der Weltgeschichte und bei ihrer älteren
Schwester, der Sage, ereignet sich bekanntlich
alles mindestens zweimal. Man muß nur ein
Bischen darauf achten.

Es ist noch gar nicht so lange her, daß aus
dem Lande, welches man das heilige nennt, weil
es nur „Seelen" hat, eine groß gefürstete Frau
einzog in ein Ländchen, das viele Schinken und
einen Dichter hervorgebracht, und auch sonst in
bester Verfassung ist — sintemalen es keine hat»

Eine fromme Frau. Eine Seele — aus dem
Lande, welches man das heilige nennt. Um jedem
Zwist, so auch in der zärtlichsten Ehe vorzu-
kommen pflegt, jede Wurzel abzugraben, weilte
sie im Norden, wenn des Herrn Gemahls Liebden
im Süden weilte, und umgekehrt.

So lebten und regierten sie glücklich und in
Frieden — so gut das von Außerhalb geht. Und
es hätte nie einen sündhaften Streit gegeben in
diesem distanzirten Glücke, wenn die edle Frau
nicht gar so wohlthätig gewesen wäre.

Sie gab von Allem und dem Besten, was
sie hatte. Wenn sie im Schlosse weilte, war sie
von unerschöpflicher Huld gegen Hoch und Niedrig.

Die Bedürfnisse ihrer Dienerschaft kannte sie
wie ihre eigenen. Und sowie Eines erkrankte,
war sie mit Trost und Hilfe zur Stelle.

Das aber litt ihr hoher Gemahl nicht. Sie
sollte sich nicht so gemein machen mit dem Plebs.
Namentlich aber verbot er ihr die Krankenbesuche.
Ihre Hofdamen und Zofen möge sie schicken —
aber in höchsteigener Person.... 6 äono!

Es ist aber leichter, einen Sack Flöhe zu hüten,
als ein Herz so voller Nächstenliebe, wie Sere-
nissima es besaß. Da es ihr verboten war, ihrem
Hang zum Wohlthun bei heller Tagessonne zu
entsprechen, schlüpfte sie von nun an Abends zu
ihren Trostbedürftigen.

Und eines solchen Abends war es, daß sie
auf dem Wege zu einem leidenden Hofjäger von
ihrem — extra zu diesem rauhen Zwecke heim-
gekehrten — Gemahl gestellt wurde.

Im ersten Schreck suchte sie ein Täschchen
mit heilkräftigen Früchten und stärkenden Weinen
vor dem Gestrengen zu verbergen.

Vergeblich! Serenissimus hatte es bemerkt
und grimmig fuhr er sie an:

„Wohin!? Und was führen Sie da mit sich,
Madame?"

Die Aermste vermochte leider nicht zu lügen,
wie jene Fürstin in der Sage so schön und fromm
gelogen hatte. Leise gestand sie die Wahrheit:

„Etwas Früchte und Wein —"

„Also doch —!" schalt er und entriß ihr die
Tasche. Ein Blick in dieselbe aber ließ ihn schier
erstarren ob des Wunders, das sich vollzogen hatte.

Die Tasche enthielt weiter nichts als eine —
Brennschere und eine Puderbüchse. --

Der Hofjäger genas zur selbigen Stunde —
und er ist der Treueste der Treuen bis auf den
heutigen Tag.
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