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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung: Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0243
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3141

Lür fünfzigjährige treue Dienste.

Wer ausharrei, wird gekrönt!

von rn. Litelberg.

Als ein sechzehnjähriges Ding war sie in
die neubegründete Familie des Herrn Grund-
buchregistrators Wurz gekommen. Es war ihr
erster Dienst und die kleine Landpomeranze war
glücklich, daß sie nun etwas Rechtes lernen sollte.
„Denn", sagte Frau Grundbuchregistrator, „ich
werde Sie erziehen und aus Ihnen etwas Ordent-
liches machen." Und mit wahrem Feuereifer
warf sich das Mädchen auf die Arbeit, bürstete,
klopfte, fegte in der ganzen Wohnung herum,
just als wäre ein ganzer Schwarm von Heinzel-
männchen mit ihr eingezogen.

Margret gehorchte der gnädigen Frau auf
den Wink. Kein Spinnenfaden entging ihren
munteren Augen, kein Bottich war ihren Armen
zu schwer uud wenn Waschtag war, so stand
sie vierundzwanzig Stunden unverdrossen auf
den Füßen in der dunstigen kalten Waschküche.
Und Frau Wurz sah wohlgefällig auf die un-
ermüdliche Magd und klopfte ihr manchesmal
mütterlich auf die Schulter:

„Nur fleißig, Margret, nur fleißig... Der
Lohn wird nicht ausbleiben, wer ausharret,
wird gekrönt, hat mein Urahn auf dem Todten-
bett gesagt."

Und Margret fühlte es tiefinnerst in ihrem
Herzen, daß sie sich nicht umsonst mühe und
plage, daß einst der Tag kommen werde,
an dem ihr alles herrlich vergolten werden
würde.

Am Sonntag verließ die Frau Registrator
niemals das Haus, ohne ihr einen tüchtigen
Pack Strümpfe und Wäsche zum Flicken zurück-
gelassen zu haben. Da saß sie allein im Dienst-
botenzimmer und die Wanduhr mit dem gelb-
beinernem Ziffernblatt tickte ermuthigend:
„Fleißig! fleißig! fleißig! Nichts geschieht auf
Erden umsonst!"

So vergingen die Jahre und die Jahrzehnte.

Der Herr Grundbuchregistrator wurde alt
und starb weg und die Frau Grundbuch-
registratorswitwe machte es ihrem Seligen nach.
Aber die kleinen Kinder wuchsen heran und
füllten die leeren Plätze aus.

Um die gefältete Stirn der Margret legte
sich fest und dünn ein Scheitel silbergrauer
Haare. Noch immer lebte das rastlos drängende
Pflichtgefühl in ihr, noch immer rief dieselbe
Stimme: „Einst wird kommen der Tag, da du
für alle Mühsale gekrönt wirst — harre aus —
gönne dir nichts — wie köstlich nach so langer
Entbehrung genießen zu dürfen!"

So war es wieder Weihnachten geworden,
zum fünfzigstenmal, seit sie in diesen Mauern
wohnte.

„Margret, zwei Herren sind draußen", rief
die kleine Urenkelin der Frau Wurz, „sie wollen
dich sprechen."

Ihr Herz erbebte. Jetzt war er gekommen
der große Moment, um dessentwillen sie ihr
ganzes Leben gelebt und gelitten hatte, jetzt
war er da!

Zwei Herren im Frack traten ein. In ihren
fetten Händen hielten sie ein Diplom und ein
kleines Etui. Nun begann der Eine mit sanft
geölter Stimme:

„Wir haben die Ehre, im Namen des Magi-
strats Ihnen in Anerkennung der treuen Dienste,
die Sie fünfzig Jahre hindurch einer und der-
selben Familie geleistet haben, eine Ehrengabe
von 30 Mark und die Tugendmedaille in Gold
sammt Diplom zu überreichen!"

Ein sonniges, sieghaftes Lächeln spielte um
die vertrockneten Lippen der Greisin: „Mein
Gott, mein Gott", konnte sie nur stammeln,
„daß ich das noch erlebt habe!" Ihre von der
Arbeit erschöpften knochigen Hände langten nach
der Rolle und dem Etui und bargen beides
zärtlich in ihren Schoß.

So saß sie nun Stunden lang, versunken in
wonniger Betrachtung . . . Sie hatte also doch
Recht gehabt, die Urahne der guten, seligen
Frau Wurz! Sie hatte nicht umsonst gelebt
und geschafft — die treue Margret — das
fühlte sie in dieser weihevollen Stunde!

Ein bihlichrs Vorhaben.

Miguel: Nun, mein lieber Pofa, schon
erholt von der Niederlage?

Posadowsky: Vollkommen, alter Freund.
Will's jetzt mal anders anfangen und eine
arbeiterfreundliche Vorlage einbringen.

Miguel: Aber ich bitt' schön, — ich bin
gar nicht für den Weltuntergang!
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