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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0015
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. 3157

-«VS' Der Herr Kollege.

Staatsanwalt: Ihre Hinrichtung wegen Nordes wird morgen früh vollzogen
werden. Haben Lie noch einen Wunsch?

Mörder: Ja, Herr Staatsanwalt. Bevor sie mir die Rübe abhacken, mochte
ich meinem Rollegen, dem Prinzen von Rrenberg, den Bruderkuß geben.

~©/cs\ Hobelspähne.

Ein Redakteur sitzt einsam
Auf seinem Stuhl iin Bureau,

Ihn fröstelt — er hat gesündigt,

Er weiß nur nicht wie oder wo.

Ihm träumt von einer Zelle,

Die ferne in Plötzensee
Einsam und schweigend trauert,

Ihm bricht das Herz vor Weh.

In den Gesindestuben ist es während der
Feiertage bunt zugegangen, — das konnte
man am besten ini preußischen Ministerium
merken. . «

Zehn Zentner Chokolade
Viktoria hat gesandt,
Gegen chronische Retiradc
In das Basutoland.

Und als die süße Sendung
Auf dem Kriegstheater erschien,

Da trank statt Io nny Herr Krüger
Die Chokolade der Queen.

Was die englische Staatskunst nicht alles fertig bringt — sie hat
aus dem friedlichen Krüger jetzt einen tapferen Krieger gemacht.

Harren auch Sozialreformen
Bergehoch und unerledigt:

Wartet! — Seht der gute Kirschner
Wurde mit der Zeit bestätigt!

Kürzlich sah ich auf dem Weihnachtsmarkt eine Riesendame. Es war
ein Glück, daß Hohenlohe nicht bei mir war, sonst hätte er sie ain Ende
gleich mitgenommen und zu seiner Nachfolgerin gemacht.

Womit ich verbleibe Ihr getreuer Säge, Schreiner.

ihnen bereits so schwer im Magen, daß sie daran
hätten elendiglich zu Grunde gehen können, wenn
sie nicht sonst so gesunde Jungens gewesen wären
und 'was zuzusetzen gehabt hätten.

Es war ihnen aber nicht zu verdenken, daß
sie ungeduldig wurden und maulten, da sie sahen,
wie die Eltern alles Geld für den entsetzlichen
Kuchen ausgaben, dazu Schulden machten und sich
sogar an die kleinen Sparbüchsen der Kinder wagten,
um diesen zu kaufen, was sie dick hatten bis obenan.

Sie schrieen schließlich: Wir mögen keine
Kuchen mehr! Brot wollen wir haben und ganze
Stiefel und komplete Hosenböden, damit uns die
Armuthszettel nicht hinten immer heraushängen!
Wir wollen 'was lernen und tüchtige vernünftige
Menschen sein — und keine Kuchenfatzken, blos
weil die Andern welche sind!

Die Eltern aber, die Flotten-Onkels und
Kolonial-Tanten machten: Pst, pst! Um Gottes-
willen, Kinderchen, seid ruhig, daß die Nachbarn
Euch nicht hören! — Dann rangen sie die Hände
und sahen sich betrübt und kopfschüttelnd an: -

Oh, was haben wir für unartige, undankbare
kleine Michels! Nun wollen sie nicht einmal
mehr Kuchen-—

Nus der Unterwelt.

In der Hölle war der Teufel los. So nervös
und zerfahren hatte ihn seine Großmutter seit
undenklichen Zeiten nicht gesehen. Es unterlag
keinem Zweifel: er hatte sich überarbeitet aus
Anlaß des Jahrhundertwechsels. Nichts war zu
seiner Zufriedenheit. Das Morden in Transvaal
ging ihm viel zu langsam und nicht gründlich
genug. Von den Lydditgranaten hatte er sich be-
deutend mehr versprochen, und seine Großmutter,
welche diesen Krieg in ihrem Ressort hatte, trank
einen Old Whisky nach dem andern, um immer
bessere Teufeleien zu ersinnen.

Kauiu daß Satan ein anerkennendes Wort
hatte für die wundervolle Arbeit seiner Lieblings-
tochtcr, der Heuchelei, welche die Weihnachts-,
Neujahrs- und Jahrhundert-Leitartikel für die
meisten konservativen und nationalliberalen Zei-
tungen geschrieben hatte — eine Arbeit, bei der
sie sich wiederholt hatte übergeben müssen und
von der sie so elend war, daß es ihr fast un-
möglich gewesen wäre, dem „Berliner Tageblatt"
gelegentlich der Bestätigung des Oberbürger-
meisters Kirschner zur Hand zu gehen. Sie mußte
dieses Geschäft in der Hauptsache ihren beiden
kleinen Geschwisterkindern, dem Servilismus
und der Speichelleckerei überlassen.

Kaum daß es dem Teufel ein Lächeln ent-
lockte, als er hörte, daß man deutscherseits die
Friedeuskonventionen im Haag unterzeichnet. Im
Uebrigen fauchte und schwefelte er herum, daß
Alles durcheinanderpurzelte vor Angst. Die U n-
gerechtigkeit entfloh mit schlotternden Knieen
nach Sachsen und Mecklenburg, wo es immer ivas
für sie zu thun gab, und die Ausb e ut un g arbeitete
fieberhaft mit ihren geschäftigen Würgehänden.

Nur eine der Satanstöchter, die Bestialität,
verhielt sich relativ thatenlos. Aus einer finsteren
Ecke funkelte sie den Papa mit ihren gelben, blut-
unterlaufenen Augen tückisch an.

Dieser sprang auf sie zu und ergriff drohend
seinen Schweif:

„Willst Du wohl auf!" heulte der Teufel
und ließ seinen Schwanz auf das struppige Tiger-
fell der knurrenden Unholdin niedersausen. „Hast
Du denn nichts zu thun?! Giebt es keine Kinder
zu schänden, he? Keine Krüppel zu mißhandeln,
Du faules Aas?!"

„Ich mag nicht —" zischte die Aufgestachelte.

Da lachte der Satan grimmig auf, zog die
Bestialität von ihrem Lotterbett — machte sie
zu einen: Prinzen, nannte ihn Arenberg und
schickte ihn nach Südwestafrika an die Kulturarbeit.

Mei' Gümmer.

Heernse, 's gehd een wärglich nah,
Denn schon änne ganze Weile
Letzt Lie's driem in Afriga
Legal färchderliche Keile,

An de Burn, Lchockschwerenohd,
Schießen Alles eefach dodt.

's mechde schließlich Alles sinn.

Bin ich gleich gee §reinb von Morden,
's mechden meinthalm ooch gewinn'
Zchdeds de dreck'gen Bauernhorden,
Wenn nur 's richt'ge Nilledär
Aich derbei der Dumme war.

Zelbst de Karde werd geglobbd
An se griechde solche Duseln,

Daß ihr schdark de Aase drobbd —

An da soll es een nich gruseln?
Kammer da noch mid verdraun
Uff das deitsche Kriegsheer schaun?

's gost uns ungeheires Moos,

Awwer gammer ooch druff bochen?
Kehd's ämal in Lrnste los,
ßährd der Schreck se in de Knochen.
Läßt das Kriegsheer uns in Zchdich,
tzeernse, das ist färchderlich!

Iwwerleegd mer sich sodann.

Daß se aus vor Bauern gratzen,
wo de Keener '» Lchdechfchridd gann
Li, da soll 'ne Bulle blatzen!

Warn erschd de Loldaten schwach.

Denn gimmd bald der große Krach!

Der ahlde Leibz'ger.

Nachdruck sämmtlicher Artikel verboten.
 
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