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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0035
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3177

'hevc?' Hobelspähne.

Es steigt empor aus dunklem Schacht
Der Bergmann, er endet die Schicht,

Er steigt empor aus Grabesnacht,

Will frohnden fürder nicht.

Ein Sultan stirbt, ein Staatsmann geht,
Das hält die Welt nicht auf,

Der Arbeit Kraft, wenn still sie steht,

Das hemmt der Dinge Lauf.

In Paris sollen in einem Jahre 9366 Kor-
setts in den Droschken gesunden worden sein.
Wahrscheinlich haben die schönen Inhaberinnen
sie aus Vergeßlichkeit liegen gelassen. Daraus
scheint hervorzugehen, daß das Korsett als noth-
mendiges Kleidungsstück nicht zu betrachten ist.

Es ist inr fronrmen Engelland
Dem Chamberlain nicht bange,

Er fürchtet die Entlarvung nicht,

Er ist entlarvt schon lange.

»

England wird uns jetzt immer als Beweis dafür angeführt, daß
eine große Flotte nöthig ist. Das begreife ich nicht. Mehr Prügel, wie
England in Südafrika bekommt, könnte es sich o h n e F l o t t e a>lch nicht holen.

Es herrscht ein toller Karneval Die Briten sehen die Feinde nicht,
Auf südafrikanischen Fluren, Wie rings die Geschosse auch sprühen —

Wo Frau Britannia den Tanz gewagt Maskirt die Schützengräben sind,
Mit den rauhen, trotzigen Buren. Maskirt auch die Batterien.

Ich bin auch fürs Au stoben. Eine sehr madige Sache ist es aber,
wenn man das inr Gefängitiß besorgen niuß.

Womit ich verbleibe Ihr getreuer Säge, Schreiner.

^ Spion hop. ^

i.

Es fielen die flocken, es fror der See.

Die Rocblandsbütte liegt tief im Schnee
Und aus der esse, vom Wind geneigt,

Uon Rauch ein bläulieber faden steigt,
flm Rerde, mit Zügen ernst, fast hart,

6in Weib, das stumm in die Asche starrt.

6s liegen, ermattet und regungslos,

Die rauben Rande gefaltet im Scbooss.

Das Antlitz der Jfrmen ist wie verneint,

Die Augen haben zu viel geweint,

Und sie fragt sieb stumm in des Rerzcns llotb:
„mein fred und mein Billv, seid ibr wobl todt?“

II.

]n Natal brütet der Sonne Brand
Auf wüstem, steinigem Bügelland.

Cs wich zerschmettert vom feld der Schlacht
Ait-Cnglands glänzende Reeresmaebt,

Und das feld. auf weichem der tod gemäht,
mit blutigen Deichen ist’s übersät.

Zwei Brüder in blühender lugend und Kraft
Rat das Blei in derselben minute gerafft.

Das Rerz des Einen pocht schon nicht mehr,
Der Athen, des Andern geht langsam und schwer,
Und mit brechenden Augen röchelt er hohl:
„Zwei Söhne auf einmal! 0 mutter, leb’ wohl i“

_ R. £.

Rh dir falsche Adresse.

A. : Wartlm wendet man sich denn nicht, um
die Milliardenfür eine Flotte aufzubringen,
direkt an die Aristokraten?

B. : Dg würde man Höchstens die Aristo-
kraten aufbringenl

Der Flotten-Brllachini.

Offiziosus: ... Es wird aus-

drücklich betont, daß die Deckung der
jährlichen Steigerung (der Ausgaben
für die Flottenvermehrung) ohne neue
Steuern erfolgen soll."

Meine Errschaften! Jk ivcrdcn Ihnen maken
eilte Experiment, wo Sic iverden aben eine große
Spaß und Vergnügen. Gcswindigkeit ßeiit keine
Exerei, und ik maken Alles ohne alle Apparate;

— nix in die Aermel, nix in die Gilee und nix
in die Taschen. Also passen Sie attention!

Da ßein eine vollkommen leere Reikstag; wie
Sie ßehn: nix präparirt und ohne doppelte Boden.
Das Reikstag steht ier auf diesen Platz, ivo Sie
können ßehn, daß nix ist anzukoinmen an leere
Reikstag von unten oder von oben oder von
hinten pur quelqn'un ä quelque olioss. Nun
nenren ik diese kleine Casserole und füllen das
mit See-Sand, voilä! Hole ans der Lust eine
ßanbcrhafte Inspiration und hauche diese Geist
auf das reine See-Sand — — hokus pokns
maritimus confusins — so!

Nun ist der ganze Exerei fertig. Jk branken
nur noch eine kleine paar eboses, eine bisken

— äh— quel est ce nom, parbleu! — aha,
eine bisken Millionen. Aben die Errschaften viel-
leikt eine paar Millionen bei stk, zufällik?

Ah, serr gut! Mille graces! — So — immer

mehr-- lassen Sie stk nix genier, daß ik nun

streu das ßanbcrhafte See-Sand in das Augen
von die Reikstag und von die Errschaften — das
gehört zu die experiment, wo Sie werden aben

eine große Spaß und Vergnügen-so, immer

mehr >sand und immer mehr Millions, so viele wie
Sie aben und wenn Sie nix mehr aben, müssen
Sie stk borgen. Denn Sie werden bekommen die
Millions ßurück und ein großes Profit — mit
der Zeit, was ist tont meine wie Geld.

Nun werfen ik diese Millions in das Wasser.
Plums! Aben Sie gehört? Und dafür kommen
aus das Reikstag — voilä! — immer eine kleine
Panzehr nach das andre Panzehr und immer

mehr und immer größere Panzehr und eine fressen

immer das andere---

So, meine Errschaften! Aben Sie was ge-
spürt? Nikt wahr? — Nein! Jk aben Sic also
gcmakt eine drollik Experiment ohne alle Apparat,
nur mit eine bisken Sand und inspiration —
zu Ihre Spaß und Vergnügen. J’ai Fhonneur.

professorale Gutachten zur Frage:
warum brauchen wir eine große Flotte?

(Antworten auf ein Rundschreiben des Allgemeinen
Deutschen Klottenvereins.)

Auf ihre Anfrage bestätige ich Ihnen gerne, daß
zwar die Pflanzen in quadratischem verhält-
niß jährlich zunehmen, nicht aber die genießbaren
Thiere. Da jedoch nicht anzunehmen ist, daß mit der
Zeit sämmtliche Menschen Vegetarier werden, so müssen
wir unseren Kleischbedarf aus fernen welttheilen decken.
Dazu brauchen wir natürlich eine große Flotte.

Professor Tüftler, Botaniker.

Ls ist eine unumstößliche, durch die Forschungen der
Wissenschaft erhärtete Thatsache, daß sich die Säuge-
thiere (der Mensch inbegriffen) ungefähr viermal so
rasch vermehren, als die fruchtbarsten Pflanzengatrungen.
Lrwägt man nun, daß unsere zahmen tzausthiere sich
von pflanzlicher Rost nähren, so wird man nur mit Be-
sorgniß dem Schwinden der letzteren entgegensehen können.
Der einzige Ausweg ist daher, das fehlende Kutter aus
den Tropen einzuführen. Dazu brauchen wir natürlich eine
große Klotte. Professor weich Hirn, Zoologe.

Das Menschengeschlecht vermehrt sich, wie die
Statistik lehrt, in arithmetischer Reihenfolge.
Daraus folgt, daß in höchstens fünfzig Jahren die
Menschen in Deutschland derart zugenommen haben
werden, daß wir ferne Länder zur Ansiedelung unserer
überschüssigen Bevölkerung nöthig haben. Dazu brauchen
wir natürlich eine große Klotte.

Professor Rollmops, Rationalökonom.

wie uns die Geschichte lehrt, ist die Menschheit in
einer beständigen Degeneration begriffen. Man ver-
gleiche nur die reckenhaften Gestalten der alten Germanen
mit unseren heutigen entnervten Landsleuten und man
wird geradezu von einem Aussterben der lebens-
tüchtigen Raffe sprechen müssen. Unser letztes tzeil be-
ruht daraus, die noch unverdorbenen Ghinesen nach
Deutschland zu verpflanzen und uns so frische Reime zu-
zuführen. Dazu brauchen wir natürlich eine große Klotte.

Professor Stockfisch, Anthropologe.
 
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