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Die vorübergebende Erscheinung.
„Was ich da neulich mal gelesen,
Tst ein sehr weiser Ausspruch gewesen“,
So sprach im Reichstag Türst fjohenlob’.
Drauf stieg er herunter und war sehr froh.
Auch ich muss jenen Ausspruch lohen!
Der Jugend ziemt’s, sich „auszutoben“.
UJas da werden will ein rechter Mann,
fängt nicht als alte Schlafmütz’ an.
„vorübergehende Erscheinung“ —
Auch darin sind wir einer Meinung!
Doch steht in der Jugend die Partei,
Und Jugend geht so schnell vorbei.
Rat erst die Jugend sich ausgetobt,
Dann hält der Mann, was der Jüngling gelobt.
Drum immer nur frisch in den Kampf hinein -
Je toller der Most, um so besser der Wein'.
*
Weltpolitische Abenteuer im I Ge MS.
Von unserem eigenen NünchHcrusen.
Es mar die Höchste Zeit, daß unsere bereits
im Jahre 1900 im Deutschen Reichstag durch-
gedrückte Weltflotte endlich fertig wurds, denn
die beiden überseeischen Nester England und
Amerika wurden immer übermüthiger; es mufi c
ihnen endlich der Garaus gemacht werden.
Zu Lande sind wir, Dank unserer unbesteg-
baren Armee und ihrer Ansriistnng mit den
neuesten elektrischen Kugelregen-Apparaten, ja
schon längst die Herren der Welt. Seit nur
vor zwei Jahren in Sibirien in der Schlacht
bei Irkutsk das russische Heer vollständig ans-
gerieben haben, vermochte Niemand mehr, gegen
die deutsche Weltmacht aufzustehen. Frankreich
ist längst den Provinzen Elsaß und Lothringen
einverleibt worden und Paris ist sozusagen
eine Vorstadt von Berlin. Ans dem Gipfel
des Montblanc suchen die Berliner Bürger
ihre Sommerfrische, nachdem die Eisfelder, die
früher den weißen Berg bedeckten, abgetragen
und das Eis zur Konservirung der preußischen
Dreiklassenwahl, die längst auch für das Reich
maßgebend geworden ist, in Verwendung ge-
nommen wurde.
Früher, als man sich noch des schnecken-
hasten Verkehrsmittels der Eisenbahnen be-
dienen mußte, war freilich ein so reger Ver-
kehr auf dem Kontinent nicht möglich. Heute
Qiebt es keine Eisenbahnen mehr, sondern nur
hohe Stationsthürme, die durch starke, aus
Kupferdraht geflochtene Seile miteinander ver-
bunden sind. In diesen Seilen bewegen sich
die Personenwagen, durch elektrische Kraft ge-
trieben, fast mit der Schnelligkeit des elektrischen
Funkens weiter. Von Berlin nach Paris fahrt
man in fünf Minuten, iiach Konstantmopel in
einer halben Viertelstunde. Nur auf der Strecke
Berlin—Peking herrscht noch eine unerhörte
Bummelei. Als ich kürzlich bei Jesko von
Puttkamer, dem Oberpräsidenten der preußi-
schen Provinz China, zu Tische gelten mar,
brauchte ich zur Fahrt vom Stativnsthuri»
Friedrichstraße in Berlin bis zur Station
Huangtfching im Zentrum Pekillgs volle siins-
undzwanzig Minilten Fahrzeit rind dazu kamen
noch 4'/» Sekunde Verspätung! Da fühlt man
sich fast in die schrecklichen Zustände zur Zeit
des sogenannten Verkehrsministers Thielen
zurückversetzt, der bekanntlich auf einer Reise
von Potsdam nach Berlin an akuter Langweile
verstorben ist.
Doch man verzeihe diese kleine Abschweifung
- - ich wollte von den glorreichen Siegen unserer
5t, CbrifMorus
—-^
»eiten Flotte erzählen, an denen ich, wie ich
mir schmeicheln darf, nicht ganz unbetheiligt bin.
Als die Flotte fertig war, beschloß der
deutsche Reichskanzler, Herzog Bülow, Vize-
kaiser von Afrika, nicht mehr länger zu zögern,
sondern der englischen Weltherrschaft zur See
den Garaus zu machen. Ohnedies schwebte
zwischen beiden Mächten ein ernster Streitfall.
Es hatte nämlich in Bremerhaven ein eng-
lischer Fischer eine leere Heringstonne, die
deutsches Eigenthum war, auf sein Boot ge-
bracht, und England, räuberisch wie es ist,
verweigerte die Herausgabe dieses unrecht-
mäßig erworbenen Gutes.
Einen besseren Kriegsfall konnte man sich gar
nicht wünschen. Der Krieg wurde erklärt und das
englische Geschwader erschien in der Nordsee.
Natürlich hatte auch ich meine Dienste dem
Vaterlande angeboten, und während diedeutschen
Seesoldaten ihre Knöpfe »och putzten, um dem
Feinde durch properes Aeußere zu imponiren,
fuhr ich auf meiner hölzernen U"chl >vohl-
gemuth der englischen Flotte entgegen. Kaum
war ich in Schußweite, als die Engländer mich
auch schon kapern wollten. Ich drehte ihnen
aber das Hintertheil meines Schiffes zu und
gab ihnen auf ihre» Anruf durch Flaggensignal
eine unhöfliche Antwort.
Jetzt donnerten Schüsse aus hundert Ge-
schützen und ei» Eisenhagel sollte meine Pacht
vernichten. Aber daraus wurde nichts, den» ich
hatte mein Schiff mit elektrischem Drahtgeflecht
umgeben, das alle feindlichen Kugeln unter das
Wasser zog und somit unschädlich machte.
Ich segelte also lustig weiter, die ganze
englische Kriegsflotte jagte hinter mir her. Ich
lenkte in den Nordostseeknnal ein, die Eng-
länder mir nach. Ich erreichte die Ostsee, die
Engländer sind noch im Kanal; ich verständigte
schnell die Kanalwächter, das Wasser wurde
abgelassen — und die englischen Panzer saßen
sämmtlich auf dem Trockenen. Die ganze eng-
lische Kriegsmacht mußte sich der Ortspolizei
auf Gnade und Ungnade ergeben.
Inzwischen war es den Deutsche» vermöge
ihrer großen Flotte gelungen, eine Schiff-
brücke über den Kanal zu schlagen, es rückten
zwei Armeekorps nach England hinüber, Lon-
don wurde besetzt und Großbritannien annektirt.
Dem König von England, dem ehemaligen
Prinzen von Wales, kam dieser kleine Zwischen-
fall nicht ungelegen. Er mußte seiner Zeit die
Regierung übernehmen, als seine Mutter, die
dicke Viktoria, aus Reue über den frivol an-
gezettelten Burenfeldzug sich mit Insektenpulver
vergiftet hatte. Aber das Regieren machte
ihm kein Vergnüge», denn er versäumte dabei
die schönsten Balletvorstellungen. Er erklärte
daher gern seinen Rücktritt und bat dieDeutsche»
ui» eine angemessene Beschäftigung.
Man ernannte ihn zum preußische» Re-
gierungspräsidenten von Konstantinopel und
übertrug ihm die Fürsorge für die dreitausend
Witwen des letzten türkische» Sultans. Damit
war er höchlich zufrieden.
In meinem nächsten Bericht werde ich einige
weitere Enthüllungen über die Erfolge unserer
Weltpolitik in Amerika und Afrika machen.
V'
Der kleine Thlodwig wird vom heil.
Lhristoforus-Lieber über das große
Wasser auf's Trockene gebracht.
Zur Affaire Nvuhe.
Leise drückt zu Hofgeismar
Kreistagsmitglied Neusie
Um die Ecke sich, damit
Man nicht an ihn schnäuze.
Drückt vorbei sich an Neckhaus
Doch er sollt' e» büßen-
Wenn Du einen Landrath siehst,
Musik Du ihn auch grüßen.
Die vorübergebende Erscheinung.
„Was ich da neulich mal gelesen,
Tst ein sehr weiser Ausspruch gewesen“,
So sprach im Reichstag Türst fjohenlob’.
Drauf stieg er herunter und war sehr froh.
Auch ich muss jenen Ausspruch lohen!
Der Jugend ziemt’s, sich „auszutoben“.
UJas da werden will ein rechter Mann,
fängt nicht als alte Schlafmütz’ an.
„vorübergehende Erscheinung“ —
Auch darin sind wir einer Meinung!
Doch steht in der Jugend die Partei,
Und Jugend geht so schnell vorbei.
Rat erst die Jugend sich ausgetobt,
Dann hält der Mann, was der Jüngling gelobt.
Drum immer nur frisch in den Kampf hinein -
Je toller der Most, um so besser der Wein'.
*
Weltpolitische Abenteuer im I Ge MS.
Von unserem eigenen NünchHcrusen.
Es mar die Höchste Zeit, daß unsere bereits
im Jahre 1900 im Deutschen Reichstag durch-
gedrückte Weltflotte endlich fertig wurds, denn
die beiden überseeischen Nester England und
Amerika wurden immer übermüthiger; es mufi c
ihnen endlich der Garaus gemacht werden.
Zu Lande sind wir, Dank unserer unbesteg-
baren Armee und ihrer Ansriistnng mit den
neuesten elektrischen Kugelregen-Apparaten, ja
schon längst die Herren der Welt. Seit nur
vor zwei Jahren in Sibirien in der Schlacht
bei Irkutsk das russische Heer vollständig ans-
gerieben haben, vermochte Niemand mehr, gegen
die deutsche Weltmacht aufzustehen. Frankreich
ist längst den Provinzen Elsaß und Lothringen
einverleibt worden und Paris ist sozusagen
eine Vorstadt von Berlin. Ans dem Gipfel
des Montblanc suchen die Berliner Bürger
ihre Sommerfrische, nachdem die Eisfelder, die
früher den weißen Berg bedeckten, abgetragen
und das Eis zur Konservirung der preußischen
Dreiklassenwahl, die längst auch für das Reich
maßgebend geworden ist, in Verwendung ge-
nommen wurde.
Früher, als man sich noch des schnecken-
hasten Verkehrsmittels der Eisenbahnen be-
dienen mußte, war freilich ein so reger Ver-
kehr auf dem Kontinent nicht möglich. Heute
Qiebt es keine Eisenbahnen mehr, sondern nur
hohe Stationsthürme, die durch starke, aus
Kupferdraht geflochtene Seile miteinander ver-
bunden sind. In diesen Seilen bewegen sich
die Personenwagen, durch elektrische Kraft ge-
trieben, fast mit der Schnelligkeit des elektrischen
Funkens weiter. Von Berlin nach Paris fahrt
man in fünf Minuten, iiach Konstantmopel in
einer halben Viertelstunde. Nur auf der Strecke
Berlin—Peking herrscht noch eine unerhörte
Bummelei. Als ich kürzlich bei Jesko von
Puttkamer, dem Oberpräsidenten der preußi-
schen Provinz China, zu Tische gelten mar,
brauchte ich zur Fahrt vom Stativnsthuri»
Friedrichstraße in Berlin bis zur Station
Huangtfching im Zentrum Pekillgs volle siins-
undzwanzig Minilten Fahrzeit rind dazu kamen
noch 4'/» Sekunde Verspätung! Da fühlt man
sich fast in die schrecklichen Zustände zur Zeit
des sogenannten Verkehrsministers Thielen
zurückversetzt, der bekanntlich auf einer Reise
von Potsdam nach Berlin an akuter Langweile
verstorben ist.
Doch man verzeihe diese kleine Abschweifung
- - ich wollte von den glorreichen Siegen unserer
5t, CbrifMorus
—-^
»eiten Flotte erzählen, an denen ich, wie ich
mir schmeicheln darf, nicht ganz unbetheiligt bin.
Als die Flotte fertig war, beschloß der
deutsche Reichskanzler, Herzog Bülow, Vize-
kaiser von Afrika, nicht mehr länger zu zögern,
sondern der englischen Weltherrschaft zur See
den Garaus zu machen. Ohnedies schwebte
zwischen beiden Mächten ein ernster Streitfall.
Es hatte nämlich in Bremerhaven ein eng-
lischer Fischer eine leere Heringstonne, die
deutsches Eigenthum war, auf sein Boot ge-
bracht, und England, räuberisch wie es ist,
verweigerte die Herausgabe dieses unrecht-
mäßig erworbenen Gutes.
Einen besseren Kriegsfall konnte man sich gar
nicht wünschen. Der Krieg wurde erklärt und das
englische Geschwader erschien in der Nordsee.
Natürlich hatte auch ich meine Dienste dem
Vaterlande angeboten, und während diedeutschen
Seesoldaten ihre Knöpfe »och putzten, um dem
Feinde durch properes Aeußere zu imponiren,
fuhr ich auf meiner hölzernen U"chl >vohl-
gemuth der englischen Flotte entgegen. Kaum
war ich in Schußweite, als die Engländer mich
auch schon kapern wollten. Ich drehte ihnen
aber das Hintertheil meines Schiffes zu und
gab ihnen auf ihre» Anruf durch Flaggensignal
eine unhöfliche Antwort.
Jetzt donnerten Schüsse aus hundert Ge-
schützen und ei» Eisenhagel sollte meine Pacht
vernichten. Aber daraus wurde nichts, den» ich
hatte mein Schiff mit elektrischem Drahtgeflecht
umgeben, das alle feindlichen Kugeln unter das
Wasser zog und somit unschädlich machte.
Ich segelte also lustig weiter, die ganze
englische Kriegsflotte jagte hinter mir her. Ich
lenkte in den Nordostseeknnal ein, die Eng-
länder mir nach. Ich erreichte die Ostsee, die
Engländer sind noch im Kanal; ich verständigte
schnell die Kanalwächter, das Wasser wurde
abgelassen — und die englischen Panzer saßen
sämmtlich auf dem Trockenen. Die ganze eng-
lische Kriegsmacht mußte sich der Ortspolizei
auf Gnade und Ungnade ergeben.
Inzwischen war es den Deutsche» vermöge
ihrer großen Flotte gelungen, eine Schiff-
brücke über den Kanal zu schlagen, es rückten
zwei Armeekorps nach England hinüber, Lon-
don wurde besetzt und Großbritannien annektirt.
Dem König von England, dem ehemaligen
Prinzen von Wales, kam dieser kleine Zwischen-
fall nicht ungelegen. Er mußte seiner Zeit die
Regierung übernehmen, als seine Mutter, die
dicke Viktoria, aus Reue über den frivol an-
gezettelten Burenfeldzug sich mit Insektenpulver
vergiftet hatte. Aber das Regieren machte
ihm kein Vergnüge», denn er versäumte dabei
die schönsten Balletvorstellungen. Er erklärte
daher gern seinen Rücktritt und bat dieDeutsche»
ui» eine angemessene Beschäftigung.
Man ernannte ihn zum preußische» Re-
gierungspräsidenten von Konstantinopel und
übertrug ihm die Fürsorge für die dreitausend
Witwen des letzten türkische» Sultans. Damit
war er höchlich zufrieden.
In meinem nächsten Bericht werde ich einige
weitere Enthüllungen über die Erfolge unserer
Weltpolitik in Amerika und Afrika machen.
V'
Der kleine Thlodwig wird vom heil.
Lhristoforus-Lieber über das große
Wasser auf's Trockene gebracht.
Zur Affaire Nvuhe.
Leise drückt zu Hofgeismar
Kreistagsmitglied Neusie
Um die Ecke sich, damit
Man nicht an ihn schnäuze.
Drückt vorbei sich an Neckhaus
Doch er sollt' e» büßen-
Wenn Du einen Landrath siehst,
Musik Du ihn auch grüßen.