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Die lex Heirye in ihrer praktischen Anwendung.
r^AS- Hobrlspähnr.
Rathe mir, verehrte Klio,
Sittlich strenge Amazone,
Wem gebührt im heut'gen Fasching
Auf das Haupt die Narrenkrone?
Drauf die Muse lächelnd sagte:
„Guter Säge, darfst mir's glauben,
Die lex Heinze-Ritter sind es,
Ach, sind das verrückte Schrauben!"
Wird die Verletzung der Sittlichkeit nach
der lex Heinze unter Strafe gestellt, dann
dürfte vielleicht die Reaktion nicht mehr so
schamlos wie bisher auftreten.
Wenn du noch eine Hose hast, so zieh' sie an und sei zufrieden,
Sonst kommt lex Heinze über Nacht und schnell ist dir ein Jahr beschiedcn.
Die Sachsen sind doch die hellsten Landsleute. Sie bestrafen schon
jetzt in Ermangelung einer lex Heinze die Liebe als groben Unfug.
Ich grolle nicht der Narrheit,
Doch schätz' ich sie nur da,
Wo Narren sprechen Wahrheit
Und nicht blos schrei'n Hurrah!
Wenn ich nun sage, die Frau eines Wagenkupplers wurde auf
offener Straße von einem nackten Jungen entbunden, kann ich
da nach der lex Heinze wegen Unsittlichkeit bestraft werden? U. A. w. g.
Womit ich verbleibe Ihr getreuer @ä0e, Schreiner.
An die Künstler.
Das Nackte en face bringt schwere Gefahr
Der Tugend, — doch könnt' ihr es wesentlich
mindern
Stellt ihr en profil die Venus uns dar, —
Noch besser jedoch ist's, sie zeigt uns den H.....!
V
Mardi gras.
(ßastnachtsdienstag.)
Es war spät, sehr spät. Es hätte eigentlich
längst schon Morgen werden müssen —-•
Es mar, als wenn die Sonne den Karneval
der „guten Gesellschaft" nicht zu stören wagte;
oder ob sie sich genirte?
Wohl möglich, denn die Wogen des Festes,
welche den unendlich großen prunkvollen Saal
durchtobten, gingen hoch. Mit dem Dunst der
stammenden Lustres vermählten sich ungezählte
brünstige Parfüms zu einer schwülen Treibhaus-
ust. Und in diesem Brodem der Unnatur, der
Überreizung, welcher kaum einen freien Athem-
nnr ermöglichte, tummelte sich ein wildes Baccha-
r Zausender von Maske». Die Wände dröhn-
Hurrah, Heißa und Evoe; Blut und
)weiß flössen in Strömen — das Blut der
^rauben und der Schweiß des keuchenden Ver-
gnügens, das Selbstzweck oder Betäubung ist.
ft™ ?dlen Ecken aber hatte das Laster seine
de,. Es war Alles zu haben — und
e;n ge[[|d)J,uav bestimmt, und es gab kaum noch
entlckiat/'^ @trÜct Ueberzeugung, dessen man sich
der No».J?"E schon ein Aemtchen zu haben, soweit
oder bömn? reichte. Wer einen der vielen hohen
einen Orden"^"^^^ ausschleckte, der erstand
Stund' a» am er durfte gar „abstamme,l" von
srisckes sm* fl 6 ""d junge Lotterbuben handelten
Ld di-^nschenfleisch ein für Gold und Glast,
gehörten ^»schenseelen, welche zu dein Fleische
> "en, warf man von sich, so daß sie schließ-
lich zertreten wurden bis zur Unkenntlichkeit. Und
wenn es dann zum Himmel stank von faulendem
Menschthum, ging ein Zetern und Heulen durch
das wüste Bacchanale der Tausenden von Masken.
Einige stürmten die große Bude, wo Latwerge
geschmiert wurden für alle Gebresten iin Karneval
der „guten Gesellschaft" und heischten ein lex-
Pflästerchen für ihre gar so empfindlichen Nasen.
Andere wieder geiferten an der göttlichen Nackt-
heit der Kunst empor und besudelten sie mit ihren
schmutzigen Denunziationsfingern. Alle aber ver-
einigten sich dann zum danse moral; die Heu-
chelei kommandirte den Cancan-und unter
den fliegenden Roben, Talaren und Spitzenröckchen
gierte schamlose Blöße.
Weiter tobte der Trubel der Masken und
Larven. Die Ehre setzte man auf ein Kartenbild
oder schoß sie unter einander aus wie eine feiste
Gans. Thyrsosträger mißhandelten die Treue
und schleiften sie zum Kadi, weil sie den „Frieden"
stört und die „Ruhe" des Karnevals der „guten
Gesellschaft"; vor der blöden Fratze des güldenen
Kalbes dagegen wälzten sie sich auf de,n Bauche
und vor den Götzenaltären züngelnder Molochs
entflammten sich die Seelchen zu rasender Be-
geisterung
Von Zeit zu Zeit aber ging ein Schauern und
Erzittern durch die Masken und Larven. Die
Entnervung brach in die Knie, da die Zeichen sich
mehrten, die den Aschermittwoch kündeten. Der
Trotz aber und die Blindheit panzerten ihre Fäuste
und reckten sie drohend gegen das unbestechliche
Mene-Tckel, welches vorerst in vorübergehender
Erscheinung an den Wänden sich malte ■-
und mit Ingrimm fahndete man nach dem Feinde,
der die herrliche Weltordnung des ewigen
Karnevals störte-
Fast Nacht — es wird ganz Nacht werden
und dann wird der Morgen kommen.
Noch ist cs finster, und das Volk, welches, lange
vor Morgengrauen schon, ernst und schweigsam
seinen Weg zur Arbeit geht, schaut kopfschüttelnd
zu den erleuchteten Fenstern empor. t.
Weise: „Gommd mich ämal ä guder Fremd besuchen" u.s.w.
Ä Hetzern Schdiel muß ich mer angewehnen
Un midden Fingern in de Leeden haun,
Denn Kreisen will ich in erhamnen Deenen
De neie große Flodde, die mer bann.
Ich mache beh a beh — mit hasse an de Lee,
wo unsre Flagge wehd, der wimbel fliegd.
Nach Nachd un Finsternis is mersch jetzd gans gewiß.
Daß unsre Zukunfd uffen Wasser liegd.
Ich dachde erschd, die Lache war' belämmerd,
weil unsereens nich leichd zu Schiffe schdeigd.
Doch nach un nach, da had's bei mir gedämmerd.
Nei guder hasse hat mich iewerzeigd.
Un wärsch ooch noch so glamm — 'ne Flodde miß mer Hamm,
Die fer das weldreich, das mer sein, geniegd.
Bis sich zerletzd — oiho — ä Sreizer oder so
Ü Linjenschiff uff jeder Fitze wiegd.
's gibd Leide zwar, begabd mid großen Slabben,
Die warn von nischt ooch nur ä häbbchen warm;
Die meen: „I ja, wie wolldern das berabben?
^er solchen Zauwer sein mer doch zu arm!"
Nee, solche Gleenlichgeed — grenzd an Sewehnlichgeed,
Da fehlt nach hasse jeder heh're Schwung;
Ls fehld — er sagt es dreist! — der nahzjonale Seist,
De badriodische Begeisterung!
Un sollden mer uffs Roochen ooch verzichden
Un dreißig Fenge zahl'n fers Debbel Bier —
De Flodde muß sich's Deidsche Reich errichden
Un gehd's nich andersch, na, dann bluden mir!
Denn ward ähm mit Sewald — der Lchmachdriem zu-
geschnalld
Un an der Flaggenschdange schdehn mer schdramm,
Un gehn mer derbei ein, was gann da weiter sein?
De große Flodde awwer miß mer Hamm! V. d. Pleiße.
Die lex Heirye in ihrer praktischen Anwendung.
r^AS- Hobrlspähnr.
Rathe mir, verehrte Klio,
Sittlich strenge Amazone,
Wem gebührt im heut'gen Fasching
Auf das Haupt die Narrenkrone?
Drauf die Muse lächelnd sagte:
„Guter Säge, darfst mir's glauben,
Die lex Heinze-Ritter sind es,
Ach, sind das verrückte Schrauben!"
Wird die Verletzung der Sittlichkeit nach
der lex Heinze unter Strafe gestellt, dann
dürfte vielleicht die Reaktion nicht mehr so
schamlos wie bisher auftreten.
Wenn du noch eine Hose hast, so zieh' sie an und sei zufrieden,
Sonst kommt lex Heinze über Nacht und schnell ist dir ein Jahr beschiedcn.
Die Sachsen sind doch die hellsten Landsleute. Sie bestrafen schon
jetzt in Ermangelung einer lex Heinze die Liebe als groben Unfug.
Ich grolle nicht der Narrheit,
Doch schätz' ich sie nur da,
Wo Narren sprechen Wahrheit
Und nicht blos schrei'n Hurrah!
Wenn ich nun sage, die Frau eines Wagenkupplers wurde auf
offener Straße von einem nackten Jungen entbunden, kann ich
da nach der lex Heinze wegen Unsittlichkeit bestraft werden? U. A. w. g.
Womit ich verbleibe Ihr getreuer @ä0e, Schreiner.
An die Künstler.
Das Nackte en face bringt schwere Gefahr
Der Tugend, — doch könnt' ihr es wesentlich
mindern
Stellt ihr en profil die Venus uns dar, —
Noch besser jedoch ist's, sie zeigt uns den H.....!
V
Mardi gras.
(ßastnachtsdienstag.)
Es war spät, sehr spät. Es hätte eigentlich
längst schon Morgen werden müssen —-•
Es mar, als wenn die Sonne den Karneval
der „guten Gesellschaft" nicht zu stören wagte;
oder ob sie sich genirte?
Wohl möglich, denn die Wogen des Festes,
welche den unendlich großen prunkvollen Saal
durchtobten, gingen hoch. Mit dem Dunst der
stammenden Lustres vermählten sich ungezählte
brünstige Parfüms zu einer schwülen Treibhaus-
ust. Und in diesem Brodem der Unnatur, der
Überreizung, welcher kaum einen freien Athem-
nnr ermöglichte, tummelte sich ein wildes Baccha-
r Zausender von Maske». Die Wände dröhn-
Hurrah, Heißa und Evoe; Blut und
)weiß flössen in Strömen — das Blut der
^rauben und der Schweiß des keuchenden Ver-
gnügens, das Selbstzweck oder Betäubung ist.
ft™ ?dlen Ecken aber hatte das Laster seine
de,. Es war Alles zu haben — und
e;n ge[[|d)J,uav bestimmt, und es gab kaum noch
entlckiat/'^ @trÜct Ueberzeugung, dessen man sich
der No».J?"E schon ein Aemtchen zu haben, soweit
oder bömn? reichte. Wer einen der vielen hohen
einen Orden"^"^^^ ausschleckte, der erstand
Stund' a» am er durfte gar „abstamme,l" von
srisckes sm* fl 6 ""d junge Lotterbuben handelten
Ld di-^nschenfleisch ein für Gold und Glast,
gehörten ^»schenseelen, welche zu dein Fleische
> "en, warf man von sich, so daß sie schließ-
lich zertreten wurden bis zur Unkenntlichkeit. Und
wenn es dann zum Himmel stank von faulendem
Menschthum, ging ein Zetern und Heulen durch
das wüste Bacchanale der Tausenden von Masken.
Einige stürmten die große Bude, wo Latwerge
geschmiert wurden für alle Gebresten iin Karneval
der „guten Gesellschaft" und heischten ein lex-
Pflästerchen für ihre gar so empfindlichen Nasen.
Andere wieder geiferten an der göttlichen Nackt-
heit der Kunst empor und besudelten sie mit ihren
schmutzigen Denunziationsfingern. Alle aber ver-
einigten sich dann zum danse moral; die Heu-
chelei kommandirte den Cancan-und unter
den fliegenden Roben, Talaren und Spitzenröckchen
gierte schamlose Blöße.
Weiter tobte der Trubel der Masken und
Larven. Die Ehre setzte man auf ein Kartenbild
oder schoß sie unter einander aus wie eine feiste
Gans. Thyrsosträger mißhandelten die Treue
und schleiften sie zum Kadi, weil sie den „Frieden"
stört und die „Ruhe" des Karnevals der „guten
Gesellschaft"; vor der blöden Fratze des güldenen
Kalbes dagegen wälzten sie sich auf de,n Bauche
und vor den Götzenaltären züngelnder Molochs
entflammten sich die Seelchen zu rasender Be-
geisterung
Von Zeit zu Zeit aber ging ein Schauern und
Erzittern durch die Masken und Larven. Die
Entnervung brach in die Knie, da die Zeichen sich
mehrten, die den Aschermittwoch kündeten. Der
Trotz aber und die Blindheit panzerten ihre Fäuste
und reckten sie drohend gegen das unbestechliche
Mene-Tckel, welches vorerst in vorübergehender
Erscheinung an den Wänden sich malte ■-
und mit Ingrimm fahndete man nach dem Feinde,
der die herrliche Weltordnung des ewigen
Karnevals störte-
Fast Nacht — es wird ganz Nacht werden
und dann wird der Morgen kommen.
Noch ist cs finster, und das Volk, welches, lange
vor Morgengrauen schon, ernst und schweigsam
seinen Weg zur Arbeit geht, schaut kopfschüttelnd
zu den erleuchteten Fenstern empor. t.
Weise: „Gommd mich ämal ä guder Fremd besuchen" u.s.w.
Ä Hetzern Schdiel muß ich mer angewehnen
Un midden Fingern in de Leeden haun,
Denn Kreisen will ich in erhamnen Deenen
De neie große Flodde, die mer bann.
Ich mache beh a beh — mit hasse an de Lee,
wo unsre Flagge wehd, der wimbel fliegd.
Nach Nachd un Finsternis is mersch jetzd gans gewiß.
Daß unsre Zukunfd uffen Wasser liegd.
Ich dachde erschd, die Lache war' belämmerd,
weil unsereens nich leichd zu Schiffe schdeigd.
Doch nach un nach, da had's bei mir gedämmerd.
Nei guder hasse hat mich iewerzeigd.
Un wärsch ooch noch so glamm — 'ne Flodde miß mer Hamm,
Die fer das weldreich, das mer sein, geniegd.
Bis sich zerletzd — oiho — ä Sreizer oder so
Ü Linjenschiff uff jeder Fitze wiegd.
's gibd Leide zwar, begabd mid großen Slabben,
Die warn von nischt ooch nur ä häbbchen warm;
Die meen: „I ja, wie wolldern das berabben?
^er solchen Zauwer sein mer doch zu arm!"
Nee, solche Gleenlichgeed — grenzd an Sewehnlichgeed,
Da fehlt nach hasse jeder heh're Schwung;
Ls fehld — er sagt es dreist! — der nahzjonale Seist,
De badriodische Begeisterung!
Un sollden mer uffs Roochen ooch verzichden
Un dreißig Fenge zahl'n fers Debbel Bier —
De Flodde muß sich's Deidsche Reich errichden
Un gehd's nich andersch, na, dann bluden mir!
Denn ward ähm mit Sewald — der Lchmachdriem zu-
geschnalld
Un an der Flaggenschdange schdehn mer schdramm,
Un gehn mer derbei ein, was gann da weiter sein?
De große Flodde awwer miß mer Hamm! V. d. Pleiße.